Ironischerweise verglich Jürgen Großmann die Photovoltaik genau in dem Jahr mit alaskischem Ananaszüchten, in dem der Zubau von Solaranlagen regelrecht explodierte. Gefördert durch das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) gab es 2012 einen Spitzenwert in der Zahl der sonnenbetriebenen Installationen, der bis heute nicht wieder überboten wurde. Denn die staatlichen Subventionen für den Bau von Solaranlagen nahmen ab 2013 sukzessive ab. Ist Deutschland trotzdem noch in der Lage, mit Hilfe der Sonne einen entscheidenden Beitrag zum Strombedarf zu liefern?
Gesamtleistung: Damals und Heute
2017 reiht sich in die vier schwächsten Branchenjahre seit 2008 ein, was die Solarenergie betrifft: Nur 1.670 MWp neu installierte Leistung ist zu verzeichnen. Im Vergleich zum Vorjahr mit 1.530 MWp zwar ein leichter Anstieg, doch trotzdem weit hinter der Planung der Bundesregierung, die einen Zubau von 2.400 bis 2.600 MWp anstrebt. Vom Solarboom zwischen 2010 und 2012 ist scheinbar nichts mehr übrig. Das liegt nicht zuletzt an der abnehmenden Förderung der Regierung.
Doch ausbleibender Zubau bedeutet natürlich nicht ausbleibende Leistung: Lag die Stromerzeugung vor zehn Jahren noch bei einer Jahresleistung von 4,4 TWh, so erreichte sie durch die zwar zunehmend geringen, aber dafür stetigen Neuinstallationen im letzten Jahr einen Wert von 38,39 TWh. Das entspricht einer Steigerung um das etwa Neunfache.
Im Gesamtstrommix macht Photovoltaik damit einen Anteil von etwa sieben Prozent aus und sortiert sich bei den Erneuerbaren auf dem dritten Platz hinter der Windenergie (103,64 TWh / 18,8 Prozent) und Biomasse (47,45 TWh / 8,6 Prozent) ein. Zusammen produzierten die Märkte Wind und Sonne 2017 erstmals mehr Strom (142,03 TWh) als Braunkohle (133,66 TWh), Steinkohle (83,37 TWh) und die Kernkraft (72,13 TWh).
Nebenmarkt Solarthermie
Die Haupternte von Solarenergie findet im Süden Deutschlands statt, wo die Sonneneinstrahlung überdurchschnittlich hoch ist – vor allem in Bayern. Stand Oktober 2017 liegt die installierte Leistung hier bei 11,6 GW, Baden-Württemberg folgt auf dem zweiten Platz mit 5,4 GW. Auch Nordrhein-Westfalen liefert mit etwa 4,5 GW einen beachtlichen Anteil zur Gesamtleistung. Diese umfasst in der Summe 42,7 GW Strom, gesammelt von insgesamt rund 1,65 Millionen Photovoltaikanlagen.
Abseits von Strom steht die Sonne aber noch für eine weitere wichtige Energie: Wärme. Diese wird nicht in Photovoltaik-, sondern in thermischen Solaranlagen gewonnen. Unterschieden wird dabei zwischen kleiner dimensionierten, für den Wohnraum ausgelegten Installationen und solchen, die im industriellen Maßstab arbeiten (thermische Solarkraftwerke). Während erstere tatsächliche Wärme für die direkte Verwendung im Haushalt liefern, etwa für die Wassererwärmung zum Baden, Duschen oder Spülen, finden letztere ihren Nutzen wieder in der Stromproduktion: Denn hier wird die gewonnene Wärme in Elektrizität umgewandelt.
Der grundlegende Unterschied einer thermischen zu einer Photovoltaikanlage ist das indirekte Verfahren, mittels dessen der Strom erzeugt wird; bei der Solarstromerzeugung liegen abgesehen von der direkten Umwandlung der Sonnenstrahlen auf den Solarzellen keine Zwischenschritte zugrunde.
Obwohl die Anzahl der Photovoltaikanlagen bei Weitem überwiegt, liegt Deutschland mit einer installierten Leistung von 7.766 MW thermischer Solaranlagen (Stand 2008) auf Platz 1 der EU. Erst mit einigem Abstand folgen Griechenland mit 2.708 und Österreich mit 2.268 MW. Die Weltrangliste führt China mit 105 GW installierter Leistung an – das entspricht beinahe dem sechsfachen Wert von Gesamteuropa (18,3 GW)!
Entwicklung der Vergütungssätze
Solarenergie hat folglich sowohl in der Strom- als auch in der Wärmeproduktion einen hohen Stellenwert inne – doch wird sie auch dementsprechend gefördert? Das Erneuerbare-Energien-Gesetz, seit seinem Inkrafttreten im April 2000 mehrfach neu aufgelegt, regelt die Einspeisung von Strom aus erneuerbaren Quellen ins Stromnetz und damit verbundene Vergütungen für deren Erzeuger. Für Photovoltaikfreiflächenanlagen bis 500 kWp, die 2004 in Betrieb gingen, lagen diese Vergütungssätze damals bei mindestens 45,70 Cent/kWh. Ende 2017 belief sich der Wert nur mehr auf 8,45 Cent/kWh.
Der jeweilige Vergütungssatz wird vom EEG dabei für 20 Jahre zugesichert; ausschlaggebend ist somit der Zeitpunkt der Inbetriebnahme sowie die Art und Größe der Anlage selbst (Paneele auf Hausdächern, Freiflächen- oder Nichtwohngebäudeanlagen).
Genau diese 20-Jahre-Regelung ist jedoch der Grund für die anhaltende Degression der Vergütungssätze – denn sie bewirkt eine hohe Belastung des Steuerzahlers. Dazu gab es bereits bei Einführung des Gesetzes Kritik. 2016 wurde außerdem eine Deckelung der Fördersätze beschlossen. Heißt: Die Minderung der Vergütungssätze kann unterschiedlich schnell vorangehen, je nachdem, ob und wie viele neue Projekte hinzukommen. Eine Investition in Photovoltaik sollte deshalb genau kalkuliert werden, um lohnenswert zu sein.
Jobschwund im Solar-Sektor
Unter den Subventionseinschnitten in Kombination mit Preisverfall und Wettbewerbsdruck erfuhr auch die Arbeitsplatzsituation in der Photovoltaikbranche einen strukturellen Wandel. Gab es 2011 noch etwa 110.900 Arbeitsplätze, so gingen diese in den darauffolgenden Jahren stark zurück. Geschäftsniederlegungen und Pleiten gingen mit einem Einbruch der Nachfrage einher, welche aufgrund des Förderrückgangs um 80 Prozent abnahm. Ende 2015 blieben in der Photovoltaikbranche noch rund 31.600 Arbeitsplätze übrig, fast 72 Prozent gingen also seit 2011 verloren.
Diese Entwicklung spiegelt sich auch in den Investitionen wider. Vor acht Jahren verzeichnete Deutschland die Rekordsumme von 19,5 Milliarden Euro, die in die Solarbranche investiert wurden. 2016 wurden lediglich 1,58 Milliarden Euro zugeführt, was unter dem Niveau von 2004 (3,5 Milliarden Euro) liegt. Die Aussichten auf eine Amortisierung sind auch aus der Sicht des Privatverbrauchers einfach zu unsicher geworden.
Als Nachbar gern gesehen
Erwähnenswert ist aber, dass Solaranlagen die mit Abstand höchste Akzeptanz von allen Kraftwerken bei der Bevölkerung genießen. Bei einer Befragung des TNS Emnid im Auftrag der Agentur für Erneuerbare Energien (AEE) stellte sich heraus, dass die meisten Deutschen (93 Prozent) einen Ausbau der erneuerbaren Energien für sehr wichtig halten und entsprechende Erzeugungsanlagen in ihrer Nachbarschaft sogar befürworten. Dabei zeichnete sich eine klare Diskrepanz zu konventionellen Kraftwerken ab: Die Toleranz für Kohle-, Atom- und Gaskraftwerke steht mit fünf, sechs und 20 Prozent der von Biogas-, Wind-, und Solaranlagen mit 38, 57 und 72 Prozent gegenüber. Hatten die Befragten bereits Vorerfahrung mit besagten Anlagen, stiegen die Werte sogar noch weiter – bei Solarparks auf bis zu 94 Prozent Akzeptanz.
Und, rentiert es sich nun, die Ananas in Alaska zu züchten? Sicherlich findet Solarenergie heute nicht mehr die Förderung, die sie mit Verabschiedung des ursprünglichen Erneuerbare-Energien-Gesetzes zur Jahrtausendwende erfuhr. Dafür steigt der Anteil der Erneuerbaren und auch der Photovoltaik am Gesamtstrommix kontinuierlich. Deutschland kommt somit seinem Ziel näher, bis 2025 zwischen 40 und 45 Prozent seines Strombedarfs durch Grünstrom zu decken.
Solaranlagen erfreuen sich zusätzlich der größten Akzeptanz in der Bevölkerung, wohingegen die wenigsten Bürger konventionelle Erzeugungsanlagen wie Atom- oder Kohlekraftwerke in ihrer Nachbarschaft begrüßen. Auch wenn Deutschland nicht für ein Übermaß an Sonnenstunden bekannt ist, stellt die Solarenergie mit ihrem beachtlichen Anteil an der Gesamtstromerzeugung einen entscheidenden Faktor auf dem Weg zur Energiewende dar.