Green Factory Die klimaneutrale Fabrik

Bereits vor sechs Jahren hat die Alois-Müller-Gruppe die erste Green Factory gebaut, um den Grad der Vorfertigung zu erhöhen und den Kunden so eine deutlich höhere Qualität anbieten zu können.

Bild: iStock, ZeroPhanToMs
10.11.2021

Am Hauptstandort der Alois-Müller-Gruppe in Ungerhausen befindet sich mit der Green Factory das größte nahezu energieautarke Produktions- und Bürogebäude der Welt. Es hat Symbolcharakter in Sachen Energieeffizienz sowie Nachhaltigkeit und steht beispielhaft für eine gelebte Energiewende.

Bereits vor sechs Jahren hat die Alois-Müller-Gruppe die erste Green Factory gebaut, um den Grad der Vorfertigung zu erhöhen und den Kunden so eine deutlich höhere Qualität anbieten zu können. Diese Strategie ist aufgegangen und so war es nur folgerichtig den nächsten Schritt in diese Richtung zu gehen. In der Green Factory bietet das Unternehmen umfassende Fertigungs- und Produktionsleistungen für mobile Energiezentrale in Containerbauweise sowie Energiemodulsysteme. Darüber hinaus werden Lüftungskanäle und versorgungstechnische Komponenten des Anlagenbaus wie zum Beispiel Rohrleitungssysteme aus Stahl und Edelstahl in einer CO2-neutralen Produktionsumgebung gefertigt.

Damit die steigende Nachfrage auch in Zukunft bedient werden kann, ist in modernste Technologien investiert worden. In die Green Factory wurden innovative High-Tech-Anlagen wie einer Lackier- und Sandstrahl-Anlage installiert. Das Büro- und Verwaltungsgebäude ist wie ein Campus gestaltet, mit modernen Schulungsräumen ausgestattet und verfügt zudem über einer Kantine für die Mitarbeiter der Alois-Müller-Gruppe.

Besonderer Fokus liegt dabei auch auf der Ausbildung des Nachwuchses und so ist die Produktionshalle gleichzeitig auch Ausbildungshalle. Am Standort in Ungerhausen erlernen die Auszubildenden ihre Berufe in einer modernsten und gleichzeitig energiesparendsten Ausbildungshalle des SHK-Handwerks überhaupt. Eine Photovoltaik-Anlage, mit einer maximalen Leistung von 1,2 MW und über 200.000 Solarzellen auf dem Dach der Green Factory, liefert zwei Drittel der benötigten Energie als CO2-neutralen Strom, der direkt vor Ort genutzt wird. Überschüssiger Solarstrom wird in das öffentliche Stromnetz eingespeist.

Intensive Stromverbraucher wie die Lasermaschine werden vorrangig dann betrieben, wenn genügend Strom vom Dach vorhanden ist. Schweißgeräte sowie Flex- und Biegemaschinen, die durchgängig zum Einsatz kommen, benötigen eine geringere, dafür aber permanente Stromversorgung. Lackier- und Sandstrahlarbeiten werden wiederum bevorzugt bei ausreichend Solarstrom durchgeführt. Gleiches gilt für die Produktion verschiedener Medien wie Stickstoff und vollentsalztem Wasser sowie Druckluft. Ergebnis: Durch die flexible Produktionsweise liefern die Solarzellen fast zwei Drittel der im Unternehmen benötigten elektrischen Energie.

Energie mit Demand Side Management

Eine weitere Grundlage für eine klimaneutrale Produktion ist die genaue Analyse aller Stoff- und Energieströme, welche für die einzelnen Fertigungsschritte notwendig sind. Deshalb wurden einzelne Produktionsdaten über mehrere Jahre hinweg erfasst und ausgewertet.

Über digitalisierte Abläufe und ein intelligentes Enterprise-Ressource-Planning (ERP-System) können diese Daten stets mit der aktuellen Wettervorhersage und der Auftragslage abgeglichen werden. Im Anschluss erfolgt die Planung für die nächsten Fertigungsschritte unter Berücksichtigung der regenerativen Energiedaten und den vorhandenen, verfügbaren Arbeitskräften.

Hilfsstoffe als Energiespeicher

Doch nicht nur die Fertigung ist auf das Angebot an Solarstrom zugeschnitten. Wie beinahe alle produzierenden Unternehmen benötigt Alois Müller auch in der Green Factory Druckluft. Bei ca. 6-8 bar wird diese in Tanks und den Druckluftleitungen gespeichert. Somit steht ein Speichervolumen von 7 m3 zur Verfügung. Auch weitere für die Produktion wichtige Medien stellt die Green Factory selbst her: vollentsaltzes Wasser in einer Umkehrosmoseanlage und Stickstoff in einer weiteren Anlage. In der Luft vorhandener Stickstoff wird dabei über spezielle Filter konzentriert und als komprimierter Stickstoff in Hochdruckbehältern gelagert. Im Anschluss wird der Stickstoff in einer weiteren Anlage mit Wasserstoff gemischt und es entsteht Formiergas. Dieses wird in der Fertigung direkt als Schutzgas beim Schweißen eingesetzt. Das Außergewöhnliche: Diese drei Medien (Druckluft, VE-Wasser, Stickstoff) werden in der Regel bei Sonnenschein produziert und vorzugsweise am Wochenende, also dann, wenn keine weitere Produktion läuft, für die Energie benötigt wird. Da diese Medien in Tanks gelagert werden, sind sie auch Speicher erneuerbarer Energie. Davon losgelöst kann überschüssiger Solarstrom in einer 230 kWh Batterie gespeichert oder ins öffentliche Stromnetz eingespeist werden.

Energiezentrale als zusätzlicher Faktor

Selbst wenn der Himmel grau und bedeckt ist, ist die Strom- und Energieversorgung gewährleistet. Die Green Factory wird in diesem Fall über die Energiezentrale versorgt. Darin befindet sich ein BHKW mit 220 kW elektrischer Leistung und 250 kW Wärme. Da es ausschließlich mit Ökogas betrieben wird, arbeitet es ebenfalls CO2-neutral. Bei längeren Kälteperioden spendet ein mit nachwachsenden Rohstoffen betriebener Holzpelletkessel zusätzliche Wärme. Als Back-Up bei Redundanzen und Spitzenlasten steht ein mit Ökogas betriebener Gaskessel zur Verfügung.

Die Anlagen speisen ihre Wärme in einen 100.000 l fassenden Pufferspeicher. Die Wärme kann hier mehrere Tage lang gespeichert werden. Doch nicht nur die Wärmemengen des mit nachwachsenden Roh­stoffen betriebenen Pelletkessels und des mit Ökogas versorgten BHKWs strömen in den großen Wassertank. Auch überschüssig produzierter Solarstrom kann hier in Form von Wärme gespeichert werden. Dabei erhitzt ein einfacher Heizstab das Wasser. Bei Bedarf strömt die Wärme dann über eine Leitung in die Produktionshallen. Zudem wird die klimaneutrale Energie über ein Nahwärmenetz eingespeist und das benachbarte Unternehmen im Gewerbegebiet, wie CB stone-tec, mitversorgt.

E-Mobilität und Ladestationen

Die Green Factory liegt verkehrsgünstig direkt an der A96 und bietet auch Menschen auf der Durchfahrt eine CO2-neutrale Energieversorgung. Mit dem selbst produzierten Strom wird eine eigene E-Tankstelle betrieben. Fahrer von Elektrofahrzeugen finden hier 10 Ladepunkte mit bis zu 150 kW, die ausschließlich mit klimaneutralem Strom versorgt werden. Auch werden hier die Elektrofahrzeuge des Unternehmens betankt.

Bildergalerie

  • Mit der Green Factory konnte der Grad der Vorfertigung erhöht werden, was zu einer verbesserten Prozesssicherheit führt und unseren Kunden ein hohes Maß an Qualität bietet.

    Mit der Green Factory konnte der Grad der Vorfertigung erhöht werden, was zu einer verbesserten Prozesssicherheit führt und unseren Kunden ein hohes Maß an Qualität bietet.

    Bild: Ingo Jensen/Alois Müller

  • Das BHKW besitzt eine 220 kW elektrische Leistung und 250 kW Wärme. Da es ausschließlich mit Ökogas betrieben wird, arbeitet es ebenfalls CO2-neutral.

    Das BHKW besitzt eine 220 kW elektrische Leistung und 250 kW Wärme. Da es ausschließlich mit Ökogas betrieben wird, arbeitet es ebenfalls CO2-neutral.

    Bild: Ingo Jensen/Alois Müller

  • Mit dem selbst produzierten Strom wird eine eigene E-Tankstelle betrieben. Fahrer von Elektrofahrzeugen finden hier 10 Ladepunkte mit bis zu 150 kW, die ausschließlich mit klimaneutralem Strom versorgt werden.

    Mit dem selbst produzierten Strom wird eine eigene E-Tankstelle betrieben. Fahrer von Elektrofahrzeugen finden hier 10 Ladepunkte mit bis zu 150 kW, die ausschließlich mit klimaneutralem Strom versorgt werden.

    Bild: Ingo Jensen/Alois Müller

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