Energy 2.0:
Vor kurzem haben Sie bekannt gegeben, dass Sie nicht nur mit Daimler eine Kooperation zum Thema Speicher eingehen, sondern auch mit Tesla. Das sind ja beide Automobilbauer – ist das ein Zufall?
Alexander Schütt:
Ich glaube nicht, dass das ein Zufall ist, denn hier wachsen zwei Bereiche zusammen. Bei den Automobilkonzernen wird Elektromobilität immer wichtiger. Dort sind automatisch elektrische Speicher in den Autos – Lithium-Batterien. Diese können natürlich nicht nur zum speichern von Energie bei Autos genutzt werden, sondern auch für den Hausgebrauch.
Man kann die Technik mehr oder weniger zweckentfremden und auch für die Industrie anwenden.
Korrekt. Jedoch gibt es Unterschiede in der Zellchemie. Aber im Grundsatz ist es die gleiche Technik.
Das ist super, dass man eine Lösung für mindestens zwei Industrien einsetzen.
Selbstverständlich. Die Fertigung von Batteriezellen ist hochkomplex und teuer. Gerade bei den Batteriezellen ist es ganz entscheidend, dass man eine hohe Produktionsmenge erreicht, um günstige Stückkosten zu erhalten. So sind niedrigere Speicherpreise möglich – für Elektroautos und Speicher für das Eigenheim.
Ist es eine Fertigungsstraße die eins zu eins dann die gleiche Zelle fertigt?
In vielen Fällen, ja.
Können Sie den Aufbau eines Speichers beschreiben?
Gerne. Der Mercedes-Benz Speicher hat in der Basiseinheit 2,5 Kilowattstunden Speicherkapazität. Er besteht aus mehreren Zellen – den Batteriezellen sowie einem Batteriemanagmentsystem kurz BMS. Die Zellen werden bei der deutschen Accumotive für den Automobil- und für den Heimspeicherbereich jeweils unterschiedlich verschaltet. Für die verschiedenen Anwendungsfälle gibt es darüber hinaus unterschiedliche BMS.
Die überschüssige Energie kann in einem Speicher gespeichert werden. Welche Speichergröße ist die passende?
Das Schöne an dem Mercedes-Benz-Speicher ist, dass man ihn in unterschiedlichen Größen zusammenstellen kann. Verfügbar sind Größen von 2,5 bis 20 Kilowattstunden – aufrüstbar immer in 2,5-Kilowattstunden-Schritten. Eine vierköpfige Familie verbraucht im Schnitt etwa 10 Kilowattstunden elektrische Energie für kochen, fernsehen und waschen. Tagsüber wird zeitgleich Strom produziert und Strom verbraucht – hier spricht man dann vom natürlichen Eigenverbrauch. Überschüssiger Strom wird im elektrischen Speicher gespeichert. Ist die Batterie voll, wird ins öffentliche Netz eingespeist. Nach Sonnenuntergang, wenn kein PV-Strom mehr produziert wird, kommt die Energie aus dem elektrischen Speicher. Daraus haben sich typische und sinnvolle Speichergrößen für den Einfamilienhaushalt von 4 bis 8 kWh ergeben.
Geht durch die Energiespeicherung keine Energie verloren?
Ein wenig. Accumotive gibt einen Systemwirkungsgrad von 97 Prozent round cycle für den Batteriespeicher an.
Können Sie noch ein bisschen mehr in die Technik gehen?
Na klar. Machen wir dies am Beispiel des Mercedes-Benz Speichersystems. Von der PV-Anlage kommt Gleichstrom, der über einen Wechselrichter zu Wechselstrom umgewandelt wird. Hiervon wird zunächst der Eigenverbrauch abgedeckt. Der überschüssige Strom wird über einen Batteriewechselrichter wieder in Gleichstrom umgewandelt und in einer Batterie gespeichert. Wird diese gespeicherte Energie wieder vom Verbraucher benötigt wird diese über den Batteriewechselrichter ins Hausnetz eingespeist.
Aber wenn diese Um- und Zurückwandlung verlustbehafetet ist, ist es dann überhaupt sinnvoll?
Es ist aus mehreren Gründen sinnvoll. Zum einen ist die Energie die man aus PV-Anlage generiert, per se CO2-frei. Allein diese Tatsache relativiert kleine Umwandlungsverluste von 5 bis 10 Prozent im Gesamtsystem. Zum anderen: Beim eigenen Strom vom Hausdach liegen die Stromgestehungskosten bei etwa einem Drittel des Stroms vom Energieversorgers. Somit freut sich zum einen der Geldbeutel zum anderen die Umwelt und damit auch unsere Kinder und Enkelkinder.
Durch die Energiewende wird sich sicherlich ein zusätzlicher Bedarf an Speicherung ergeben. Wie sehen Sie diesen Trend?
Wir sehen das als positiv. Günstigen PV-Strom zu produzieren, diesen tagsüber über den natürlichen Eigenverbrauch zu nutzen, überschüssige Energie über den elektrischen Speicher zwischenzuspeichern und Nachts wieder zu nutzen - das ist die notwendige Marschrichtung um die Energiewende voranzutreiben. Und dazu kann jeder Einzelne von uns beitragen.
Ihr Unternehmen arbeitet bereits mit Daimler und Tesla zusammen. Kommen noch weitere Firmen oder Automobilbauer dazu um das Speicherportfolio weiter auszubauen?
Der Markt ändert sich extrem schnell in diesem Bereich, da kann man schwer über mehrere Jahre hinweg Aussagen tätigen. Um das vielleicht auch an der Stelle klar zu stellen, auch vor Tesla und Daimler, haben wir viele Batterien und Speichersysteme verkauft. Sie kamen und kommen von Varta, LG und von Sony. Wir fühlen uns im Moment mit dem Portfolio sehr gut und breit aufgestellt, um alle die unterschiedlichsten Kundenbedüfrnisse abdecken zu können.
Werfen wir einen Blick in die Zukunft: Wie wird sich das Speicherthema verändern oder verbessern? Ist der heutige Stand eine Übergangslösung, oder die Lösung für die nächsten Jahre?
Ich bin fest davon überzeugt, dass wir mehr und mehr Energie aus der Photovoltaik gewinnen werden. Die Sonne kommt jeden Tag und liefert kostenfrei eine große Menge an Energie. Diese Energie muss gespeichert werden, damit wir diese verwenden können, auch wenn keine Sonne da ist. Deswegen ist kostengünstige Photovoltaik in Verbindung mit kostengünstiger Speicherkapazität, das Erfolgsmodell für die Zukunft.