Spätestens seit der letzten Absenkung der Einspeisevergütung nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) ist die klassische Volleinspeisung ein Auslaufmodell. Sowohl bei neuinstallierten Photovoltaik(PV)-Anlagen als auch bei Bestandsanlagen in privaten Haushalten wird immer häufiger die Eigenverbrauchsregelung des EEG genutzt, um die Rentabilität der Erzeugungsanlagen zu erhöhen. Je höher die erzielte Eigenverbrauchsquote ausfällt, desto größer ist die tatsächliche Einsparung bei den Stromkosten.
Gegenwärtig profitieren die Eigenverbraucher von einem „Spread“ zwischen Strombezugspreis und Einspeisevergütung in Höhe von im Schnitt mehr als 15 Cent pro Kilowattstunde. Allerdings war für Haushalte, die ihren Wärmebedarf über eine Wärmepumpe oder eine Nachtspeicherheizung decken, die Maximierung der Eigenstromnutzung ihrer PV-Anlage auch zur Wärmeerzeugung in der Regel nicht oder nur mit erheblichem Umrüstungsaufwand möglich.
Unbefriedigende „Entweder-oder-Entscheidung“
Die Haushalte hatten bisher nur die Möglichkeit, den Ertrag der PV-Anlage entweder für den Haushaltsverbrauch oder für die Wärmeerzeugung direkt vor Ort zu nutzen. Denn die derzeit übliche Standardinstallation für die Eigenstromnutzung in Haushalten sieht ausschließlich die Verwendung der selbst erzeugten Energie für den Haushaltsverbrauch vor.
Das Hausnetz wird zwischen der Ertragsmessung an der PV-Anlage und einem Zweirichtungszähler am Übergang zum öffentlichen Netz angeschlossen. Die Stromversorgung von Wärmepumpe oder Nachtspeicherheizung erfolgt davon vollständig getrennt über einen separaten Stromzähler. Diese Vorgehensweise hat den Vorteil, dass für die Bereitstellung der Wärmeenergie weiterhin die günstigen Heizstromtarife genutzt werden können (siehe Abbildung oben).
In Bezug auf die Eigenstromnutzung ist die Lösung allerdings alles andere als optimal. Denn auf den Betrieb von Wärmepumpe oder Nachtspeicherheizung entfallen im Schnitt rund 70 bis 75 Prozent des Energieverbrauchs der Haushalte. Zudem bietet die Wärmeerzeugung großes Potenzial zur Eigenstromnutzung, da sie zu Zeiten in Betrieb gehen kann, wenn die PV-Anlage viel Strom erzeugt. Unterbrechbare Wärmepumpen und Speicherheizungen sind dafür geeignet, da die gewonnene Sonnenenergie nicht sofort verbraucht werden muss. Pufferspeicher oder die Speichersteine der Öfen halten die Sonnenenergie bereit, bis sie abgerufen wird.
Entscheidet sich ein Haushalt dafür, den Eigenertrag für Wärmepumpe oder Nachtspeicherheizung zu nutzen, wird die PV-Installation nach dem Ertragszähler mit der Stromversorgung des Wärmesystems und von dort weiter mit einem Zweirichtungszähler mit dem öffentlichen Stromnetz verbunden. Die gesamte übrige elektrische Energie des Haushalts muss dann allerdings komplett aus dem öffentlichen Netz bezogen werden.
Die einzige Anschlusslösung, die bisher die Eigenstromnutzung für Hauselektrik und Wärmesystem erlaubt, ist eine technisch wesentliche aufwendigere Aufteilung der PV-Anlage in zwei unabhängige Installationen für Haushalt und Wärmeerzeugung.
Kaskadenmessung maximiert Eigenstromeinsatz
Mit der Einführung eines Kaskadenmesskonzepts seit Jahresbeginn 2015 eröffnet LEW Verteilnetz (LVN) den Haushalten die Möglichkeit, ihren Solarstromertrag sowohl für Haushalt als auch für Wärmeerzeugung einzusetzen. So können sie ihre Eigenverbrauchsquote maximieren und trotzdem weiterhin Heizstromtarife nutzen.
Für das neue Messkonzept ist weder die Einrichtung getrennter Parallelinstallationen noch der Einbau zusätzlicher Zähler notwendig. Lediglich die Verschaltungen der Messeinrichtungen müssen für die maximierte Eigenstromnutzung geändert sowie die Messeinrichtungen innerhalb der Kaskade und am Übergang zum öffentlichen Stromnetz durch Zweirichtungs-Mehrtarifzähler ausgetauscht werden. Die Zähler müssen sich dazu zentral an einer Stelle im Haushalt befinden:
Ein Zähler misst wie bisher den Stromertrag der PV-Anlage. Der erzeugte Sonnenstrom wird unmittelbar danach an das Hausnetz abgegeben. Durch diese Anordnung wird sichergestellt, dass möglichst viel Eigenstrom für Beleuchtung und den Betrieb von Haushaltsgeräten genutzt wird. Daraus ergibt sich eine größtmögliche Einsparung beim Strombezug zum höheren Haushaltstarif.
An einem zweiten, in Reihe geschalteten Messpunkt wird sowohl der zusätzlich aus dem öffentlichen Netz bezogene Haushaltsstrom als auch der noch ungenutzte Solarstrom erfasst. Auf der folgenden Kaskadenstufe ist die Stromversorgung der Wärmepumpe beziehungsweise der Nachtspeicherheizung angeschlossen. Für den Betrieb der Wärmeerzeugung wird nun ebenfalls der maximale Anteil des verbleibenden Eigenstroms verwendet.
Als dritter Messpunkt erfasst schließlich der Zweirichtungs-Mehrtarifzähler am Übergang zum Stromnetz noch die Einspeisung des weder von Haushalt noch von Wärmepumpe verbrauchten Solarstroms sowie den Strombezug aus dem öffentlichen Netz (siehe Abbildung oben).
Die Verschaltung der Stromzähler in Reihe garantiert den Haushalten automatisch den optimalen Einsatz ihres selbst erzeugten Stroms. Zudem erfasst die Kaskadenschaltung der drei Messstationen zuverlässig die exakten Verbrauchswerte für den Haushaltsstrom, für Heizstrom in Niedertarif- und Hochtarifzeiten sowie die Einspeisung von Solarstrom ins öffentliche Netz.
Der Strombezug von Wärmepumpe oder Nachtspeicherheizung aus dem öffentlichen Netz muss dabei nicht über eine zusätzliche Messeinrichtung separat erfasst werden. Durch die Zähleranordnung in Reihe ergeben sich die entsprechenden Werte zweifelsfrei aus der Differenz der beiden Messpunkte vor und nach dem Heizsystem (siehe Abbildung oben: Messpunkte Z1 und Z2).
Minimal umrüsten, maximal sparen
Für die Umstellung auf das Kaskadenmesskonzept ist in den Haushalten in der Regel weder der Einbau eines zusätzlichen Zählerschranks noch der Einbau weiterer Zähler erforderlich. Es müssen lediglich vorhandene Zähler gegen Zweirichtungs-Mehrtarifzähler getauscht werden. Die Kosten für die Messung der Stromverbräuche bleiben damit nahezu gleich.
Um nun Haushalte mit bestehenden Photovoltaikanlagen auf das hier vorgestellte Kaskadenmesskonzept umzurüsten, verschaltet ein Elektrofachbetrieb die einzelnen Zähler in Reihe. Ein Zählertausch wird durch den Messstellenbetreiber vorgenommen.
Rechtzeitig vor Beginn der Umrüstaktion meldet der beauftragte Elektrofachbetrieb die geplante Anschlussänderung an den Netzbetreiber. Dazu muss eine schriftliche Einverständniserklärung des Betreibers, des Anschlussnutzers und des Lieferanten des Haushalts- und Wärmestroms mit dem Abrechnungsmodus vorliegen. Der Elektrofachbetrieb koordiniert in Absprache mit dem Messstellenbetreiber den zeitgleichen Umbau der Zählerplatzverdrahtung und der Zählermontage für das neue Messkonzept.