Blockchain-Forschungsprojekt Effizienter Handel von Kleinstmengen

Künftig sollen Nachbarn und Gewerbetreibende kostengünstig, automatisiert und in Echtzeit untereinander Kleinstenergiemengen handeln können.

Bild: iStock, DoozyDo
27.01.2020

Der Energiehandel steht in Zeiten des Internet of Things vor einer umfassenden Digitalisierung und Automatisierung. Um diesen Prozess aktiv mitzugestalten, entwickelt das Projekt ETIBLOGG eine Lösung für den Handel von Energiekleinstmengen in Echtzeit. Eine zentrale Rolle spielt Blockchain.

Energiehandel zwischen Nachbarn, Gewerbebetrieben oder Geschäften in Einkaufszentren soll zukünftig dezentral, einfach und schnell sein. Durch eine bessere regionale Ausgewogenheit von Energieüberschüssen oder Engpässen kann ein regionaler, dezentraler Handel einen Beitrag leisten, um das deutsche Stromnetz zu entlasten. Daraus entstand die Idee von ETIBLOGG, was für Energy Trading vIa Blockchain-Technology in the Local Green Grid steht.

Das Projektkonsortium besteht aus fünf Unternehmen und drei Forschungseinrichtungen aus ganz Deutschland. Dieses vereint ein heterogenes Team aus Energie, Wissenschaft, Blockchain, Embedded und Security Expertise. Konsortialführer ist die Getec Energie. Alle zusammen haben die Vision die heutige Energiewirtschaft über automatisierte Marktmechanismen zu ergänzen.

Der dezentrale Ausbau erneuerbarer Energien stellt die zentralisierte Wertschöpfungskette vom Kraftwerk über den Großhandel und Stromlieferanten bis hin zum Endkunden in Frage. Immer mehr Gebäude sind mit PV-Anlagen ausgestattet, mit denen sie nicht nur sich, sondern ihre Nachbarschaft versorgen können. Man spricht hier von Peer-to-Peer-Handel. Um ihnen die Möglichkeit zu geben, aktiv ihren Stromhandel selbst zu gestalten, soll in ETIBLOGG, das im BMWi-Technologieprogramm Smart Service Welt II beheimatet ist, die technische Voraussetzung für einen dezentralen Energiehandel geschaffen werden.

Energiehandel mit Blockchain

Künftig sollen Nachbarn und Gewerbetreibende kostengünstig, automatisiert und in Echtzeit untereinander Kleinstenergiemengen handeln können. Eine zentrale Rolle übernimmt hier die Blockchain-Technologie, die einen vertrauenswürdigen Handel ohne zentralen Mittelsmann erlaubt. Im Verlauf des dreijährigen Projekts wird dieser dezentrale Energiehandel in verschiedenen Testumgebungen umgesetzt.

Nach fast zwei Jahren Projektlaufzeit steht die erste Testumgebung beim Fraunhofer IISB in Erlangen. Hierbei handelt es um ein Modellsystem, das ein Microgrid aus lokalen Teilnehmern darstellt. Deren Erzeugungs- und Verbrauchsverhalten wird durch den Einsatz von 15 Batteriesystemen inklusive Wandlern innerhalb der Testumgebung emuliert. Eine Batterie kann etwa die Rolle einer PV-Anlage als Erzeuger annehmen, eine weitere einen Verbraucher, wie zum Beispiel einen Haushalt, und eine andere einen klassischen Prosumer mit Heimspeicher. Insgesamt lässt sich in dieser Testumgebung ein reales Microgrid simulieren.

Markt und physikalische Realität gekoppelt

Des Weiteren wurde für einen lokalen, netzdienlichen Stromhandel ein Blockchain-Device (BCD), entwickelt. Dies ermöglicht eine intelligente Verknüpfung von Markt und physikalischer Realität. Jeder Marktteilnehmer ist mittels seines BCD mit dem Peer-to-Peer-Netzwerk verbunden. Für den Echtzeitenergiehandel per Blockchain, kommen vollautomatische Handelsagenten zum Einsatz, die sich individuell konfigurieren lassen und auf Basis dieser Nutzungspräferenzen jeweils einen Marktteilnehmer vertreten. Der Handel findet anschließend über ein Blockchain-basiertes Peer-to-Peer-Netzwerk statt. Nachdem ein Handelsgeschäft ausgeführt wurde, initiiert das BCD eine Anlagensteuerung und damit den physikalischen Austausch von Elektrizität zwischen Erzeuger und Verbraucher.

Anfang 2019 ist die Idee entstanden, die bisherige standortgebundene Testumgebung um ein mobiles Modellsystem zu erweitern. So hatte im November 2019 auf der Messe European Utility Week in Paris der mobile ETIBLOGG-Messedemonstrator seinen ersten Einsatz. Die mobile Variante ist hierbei mit drei Batteriesystemen und dazugehörigen BCD ausgestattet. So haben Messebesucher die Möglichkeit, den physischen Austausch und Handel der Kleinstmengen von Strom unter drei Teilnehmern mittels Blockchain-Technologie live zu verfolgen. Auch auf der Fachmesse E-World 2020 wird der Demonstrator auf dem Messestand des Projektpartners Ponton in Halle 1/Stand 1-318 live zu sehen sein.

Die nächsten Schritte

Für die zweite Projektphase ist geplant, die bisherigen Erkenntnisse in einer öffentlichen Testumgebung umzusetzen. Hier werden gerade Standorte gesucht und geprüft, bei denen ein physisches Microgrid als Reallabor in Frage kommt und in dem das Konzept umgesetzt werden kann. Dabei beabsichtigt das Projektkonsortium gemeinsam mit assoziierten Partnern, die Idee von ETIBLOGG weiterzuentwickeln.

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