Wendelstein 7-X Ein virtueller Spaziergang durch die Fusionsanlage

Der virtuelle Rundgang führt bis in das Herz der Anlage - das Plasmagefäß

Bild: Bildschirmfoto: IPP, Panorama: Volker Steger
29.11.2017

Das Max-Planck-Institut für Plasmaphysik gewährt virtuelle Einblicke in einen Bereich, zu dem eigentlich nur Experten Zutritt erhalten. Mit einem 360-Grad-Panorama können Interessierte ins Herz der Greifswalder Fusionsforschungsanlage blicken und sich einen Eindruck von dem Plasmagefäß verschaffen.

Im Hintergrund ein stetiges Rauschen, vor den Augen ein verwirrendes Geflecht an Stahlgerüsten, Schaltschränken, Rohren, Schaltern und Schläuchen. Doch wie soll es nun weitergehen? Rechts oder links herum - Strahlenkanal oder Plasmagefäß? Vor dieser schwierigen Entscheidung steht jeder virtuelle Besucher des Wendelstein 7-X am Anfang seines Rundgangs. Dabei drehe ich mich leicht um die eigene Achse und erhalte so einen 360-Grad-Rundumblick der Torushalle, in der ich zu Beginn der Tour stehe. Ich kann mich nicht entscheiden und beschließe erst mal auf einige der angebotenen Infokästen und Kurzvideos zu klicken.

Ziel ist die Erforschung der Fusionskraft

Wendelstein 7-X ist der Name einer Experimentieranlage in Greifswald. Das Max-Planck-Institut für Plasmaphysik (IPP) erforscht hier die Fusionskraft und untersucht, ob sich diese Art des Kraftwerks langfristig zur Energieerzeugung eignet. Ziel der IPP-Forschungsarbeiten ist laut Pressemeldung des Instituts ein Fusionskraftwerk, das Energie aus der Verschmelzung von leichten Atomkernen gewinnen soll, ähnlich wie die Sonne.

In Garching betreibt das IPP dazu das Experiment ASDEX Upgrade, eine Großanlage vom Typ Tokamak. Im IPP-Teilinstitut Greifswald forscht man an dem großen Stellarator Wendelstein 7-X. Die Garchinger Anlage wurde bereits 2012 vom in München ansässigen Fotografen Volker Steger in 360 Grad aufgenommen, die neuen Aufnahmen aus Greifswald stammen ebenfalls von ihm.

Benötigt wird ein starkes Magnetfeld

Von einem Wissenschaftler des IPP erfahre ich per Video, dass zum Einschluss der heißen Flüssigkeit ein sehr starkes Magnetfeld nötig sei, das wiederum nur von extrem stark gekühlten supraleitenden Spulen erzeugt werden kann. In Ergänzung dazu hält seine Kollegin, die etwa eine halbe Etage höher auf einer anderen Gerüstplattform steht, ein Kälteschild in die Kamera und beschreibt dessen Aufbau aus Aluminiumschichten und Kupferdrähten. Doch an sich geht es im Kraftwerk weniger um starke Kälte, sondern mehr um extreme Hitze. Daher gehe ich weiter in den nächsten Raum - den Strahlenkanal.

Dort treffe ich den schon bekannten Wissenschaftler wieder, der in einem weiteren Video auf die sich hier befindliche Mikrowellenheizung hinweist. Ich lerne, dass man die benötigte Plasma-Temperatur von 100 Millionen Grad durch eine Kombination aus drei verschiedenen Heizsystemen erzeugen kann.

Doch wie misst man eigentlich eine Temperatur von 100 Millionen Grad? Ein Infokasten in der Torushalle beantwortet die Frage und vergleicht die Funktionsweise des dazu erforderlichen Laserthermometers mit der eines Radargerätes. Mit einem PC, Tablet oder Smartphone kann man sowohl den Blick nach oben, nach unten und in alle Winkel werfen als auch an einzelne Bauteile näher heranzoomen.

Das Herzstück der Anlage

Der letzte der drei zu besichtigenden Räume ist das Plasmagefäß, das zunächst durch seine etwas merkwürdige Form hervorsticht. Auch hilft ein Infokasten hinter mir weiter und erklärt, dass das Gefäß der Form des Plasmaschlauches angepasst sei und aus 200 Edelstahlringen zusammengeschweißt wurde. Ich erfahre außerdem, was genau eigentlich Plasma ist („ein heißes ionisiertes Gas“) und wie man aus der Forschungsanlage später den Aufbau eines Kernfusionskraftwerks ableiten könnte. Das Plasmagefäß wäre auch in diesem Fall Herzstück der Anlage.

Am Ende des Rundgangs habe ich zumindest das Gefühl, die Forschungen und die Idee hinter dieser Art der Energieerzeugung ein bisschen besser verstanden zu haben als vorher. Da die einzelnen Anlagen und Bauteile nicht einzeln auf Fotos, sondern im Kontext der Gesamtanlage zu sehen sind, bietet dieses Informationsangebot in meinen Augen echten Mehrwert - der allerdings durchaus Zeit beansprucht, wenn man alle verfügbaren Informationen und Videos auch tatsächlich auf- und abrufen möchte.

Ihren eigenen Rundgang können Sie hier beginnen, weitere Hintergrundinformationen zur Anlage sind auf der Homepage des IPP zu finden.

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