Heutige Computer stoßen bei der Geschwindigkeit an physikalische Grenzen. Halbleiterkomponenten arbeiten meist mit einer maximal nutzbaren Frequenz von einigen Gigahertz – das entspricht mehreren Milliarden Rechenoperationen pro Sekunde. Infolgedessen sind moderne Systeme auf mehrere Chips angewiesen, um die Rechenaufgaben aufzuteilen, weil sich die Geschwindigkeit der einzelnen Chips nicht weiter erhöhen lässt. Würde man jedoch Licht (Photonen) anstelle von Elektrizität (Elektronen) in Computerchips verwenden, könnten diese bis zu 1.000 Mal schneller sein.
Ein vielversprechender Weg, um diesen Geschwindigkeitssprung zu erreichen, sind plasmonische Resonatoren, die auch als „Antennen für Licht“ bezeichnet werden. Dabei handelt es sich um nanometergroße Metallstrukturen, in denen Licht und Elektronen zusammenwirken. Je nach ihrer Geometrie können sie mit verschiedenen Lichtfrequenzen interagieren.
„Die Herausforderung besteht darin, dass plasmonische Resonatoren bis heute nicht effektiv moduliert werden können, wie es bei Transistoren in der konventionellen Elektronik der Fall ist. Das behindert die Entwicklung schneller lichtbasierter Schalter“, sagt Dr. Thorsten Feichtner, Physiker von der Julius-Maximilians-Universität (JMU) Würzburg.
Geladene optische Antennen: Universität Würzburg betritt Neuland
Bei der Modulation von Lichtantennen hat ein JMU-Forschungsteam in Zusammenarbeit mit der Southern Denmark University (SDU) in Odense nun einen bedeutenden Schritt nach vorn gemacht: Ihm gelang eine elektrisch kontrollierte Modulation, die den Weg zu einer ultraschnellen aktiven Plasmonik und damit zu deutlich schnelleren Computerchips weist.
Statt zu versuchen, den gesamten Resonator zu verändern, konzentrierte sich das Team auf die Veränderung seiner Oberflächeneigenschaften. Dieser Durchbruch wurde durch die elektrische Kontaktierung eines einzelnen Resonators erzielt, eines Nanostäbchens aus Gold – eine Idee, die konzeptionell einfach ist, aber nur mit Hilfe einer ausgefeilten Nano-Fabrikation basierend auf Helium-Ionenstrahlen und Gold-Nanokristallen realisiert werden konnte. Diese einzigartige Fabrikationsmethode ist am JMU-Lehrstuhl für Experimentelle Physik (Biophysik) unter der Leitung von Professor Bert Hecht etabliert. Ausgefeilte Messtechniken mit einem Lock-in-Verstärker waren entscheidend für den Nachweis der kleinen, aber signifikanten Effekte an der Oberfläche des Resonators.
Studienleiter Dr. Thorsten Feichtner erklärt: „Der Effekt, den wir uns zunutze machen, ist vergleichbar mit dem Prinzip des Faradayschen Käfigs. So wie sich die Elektronen in einem vom Blitz getroffenen Auto an der Außenseite sammeln und die Insassen im Inneren in Sicherheit sind, beeinflussen zusätzliche Elektronen an der Oberfläche die optischen Eigenschaften der Resonatoren.“
Überraschende Quanteneffekte
Bisher konnten optische Antennen fast immer klassisch beschrieben werden: die Elektronen des Metalls hören an der Kante des Nano-Partikels einfach auf, wie Wasser an einer Hafenmauer. Bei den Messungen der Würzburger wurden jedoch Veränderungen der Resonanz gemessen, die sich nicht mehr nur klassisch erklären lassen: die Elektronen „schmieren“ über die Grenze zwischen Metall und Luft, so dass ein weicher, abgestufter Übergang entsteht, ähnlich wie bei einem Sandstrand, auf den das Meer trifft.
Um diese Quanteneffekte zu erklären, entwickelten Theoretiker der SDU Odense ein halbklassisches Modell. Es bezieht die Quanteneigenschaften in einen Oberflächenparameter ein, so dass die Berechnungen mit klassischen Methoden durchgeführt werden können. „Indem wir die Reaktionsfunktionen der Oberfläche stören, kombinieren wir klassische und Quanteneffekte und schaffen so einen einheitlichen Rahmen, der unser Verständnis der Oberflächeneffekte fördert“, erklärt JMU-Physiker Luka Zurak, Erstautor der Studie.
Neues Forschungsfeld mit viel Potential
Das neue Modell kann die Experimente wiedergeben, aber welche der vielfältigen Quanteneffekte genau an der Metall-Oberfläche beteiligt sind, ist zum aktuellen Zeitpunkt nicht klar. „Aber mit dieser Studie es gibt jetzt zum ersten Mal die Möglichkeit, gezielt neue Antennen zu entwerfen, und einzelne Quanteneffekte auszuschließen oder zu verstärken“, so Thorsten Feichtner.
Langfristig sehen die Forschenden noch mehr Anwendungen: Kleinere Resonatoren versprechen optische Modulatoren mit hoher Effizienz, die man technologisch einsetzen könnte. Außerdem lässt sich der Einfluss von Oberflächen-Elektronen in katalytischen Prozessen mit dem vorgestellten System ebenfalls untersuchen. Das würde neue Einblicke in Technologien der Energieumwandlung und Energiespeicherung ermöglichen.