Stabilisierung des Stromnetzes mit Vehicle-to-Grid Elektroautos als mobile Energiespeichersysteme

Mit Elektroautos können Stromnetzschwankungen ausgeglichen werden.

Bild: iStock, Enis Aksoy
24.06.2020

Nicht alle Potenziale von Elektroautos sind bereits vollumfänglich genutzt. Das zeigt abermals ein Vehicle-to-Grid-Projekt, in dem Elektroautos in das Stromnetz integriert werden, um Lastspitzen abzuschwächen und das Netz so zu stabilisieren.

Im Durchschnitt steht ein Elektroauto 23 Stunden am Tag nur herum. Zeit, die besser genutzt werden könnte. Denn obwohl E-Autos zunächst Stromverbraucher sind, können sie Energie, die sie idealerweise nachts zu Schwachlastzeiten laden oder tagsüber, wenn Solarstrom im Überfluss vorhanden ist, wieder ins Netz einspeisen. Etwa zu den täglichen Lastspitzen am Morgen und am Abend, wenn in Küchen und Badezimmern Hochbetrieb herrscht und die Lastprofilkurven an ihre höchsten Ausschläge schieben. Kostbarer Ökostrom würde dann deutlich effizienter genutzt werden, was auch den Ausbau Erneuerbarer Energien noch attraktiver macht. E-Autos, die Strom auch ans Netz zurückgeben können, bezeichnet man als Vehicle-to-Grid (V2G) – eine Technologie, die bidirektional ladefähige Autos voraussetzt.

The Mobility House hat sich im Bereich V2G in den vergangenen zehn Jahren als Experte in der Automobil- und Energiewirtschaft etabliert und mit vielen Projekten bewiesen, dass Elektroautos eine wichtige Rolle in einer nachhaltigen Energiezukunft spielen können. Zum Einsatz kam hierbei das selbst entwickelte intelligente Lade- und Energiemanagementsystem ChargePilot. Durch das Wachstum der Elektromobilität sowie dem weiteren Ausbau von Erneuerbaren Energien gewinnen derartige Systeme kontinuierlich an Bedeutung. ChargePilot ist bereits bei knapp 200 Kunden in Europa und den USA im Einsatz und bildet schon heute die Basis für eine effiziente Integration von Elektroautos in das Stromnetz.

Elektroauto gleicht Stromnetzschwankungen aus

Ein wichtiger Meilenstein für V2G war Mitte 2018 die Präqualifizierung eines Nissan Leaf. Dieser ist, nach allen aktuell geltenden Regeln für den Markt für Primärregelenergie, als erstes mobiles Kraftwerk in Europa offiziell zugelassen und kann in Sekundenschnelle Schwankungen im Stromnetz ausgleichen.

Dasselbe Fahrzeug kam auch bei einem Anfang 2020 erfolgreich beendeten V2G-Pilotprojekt zum Einsatz, welches The Mobility House gemeinsam mit dem Übertragungsnetzbetreiber Tennet umgesetzt hat. Dafür wurden, in der Tennet-Regelzone in Nord- und Süddeutschland, Elektroautos als mobile Energiespeichersysteme genutzt. Wegen der dezentralen Einspeisung erneuerbarer Energien, kommt es dort zu Transportengpässen im Stromnetz. Um diesen vorzubeugen, muss Tennet überschüssige erneuerbare Energie im Norden Deutschlands abregeln und zeitgleich im Süden die konventionelle Stromerzeugung hochfahren. Das ist, vor allem zu Spitzenlasten, sehr kostenintensiv. Damit das verhindert werden kann, wurde der im Norden Deutschlands zur Verfügung stehende Windstrom von Elektroautos in der Region genutzt. Gleichzeitig wurde im Süden Strom aus vollgeladenen Batterien von Nissan Leaf Fahrzeugen in das Stromnetz zurück gespeist, anstatt die fossile Erzeugung aus Spitzenlastkraftwerken zu erhöhen. Das, im großen Stil eingesetzt, steigert die Nutzung erneuerbarer Energien und vermeidet eine Abregelung der Windkraft im Norden. Damit verbunden sind Kosteneinsparungen in dreistelliger Millionenhöhe für Stromkunden.

Damit die kleinteiligen und dezentralen Kapazitäten der Stromfahrzeuge von den Netzbetreibern in die Netzbewirtschaftung mit aufgenommen werden können, ist ein intelligentes Lade- und Energiemanagementsystem, wie ChargePilot, notwendig. Die Ladesteuerung der Redispatch-Maßnahmen erfolgt, durch die Anbindung an die Technologieplattform von The Mobility House und eine Plattform von Tennet, die kleinteilige Flexibilität regelt, lokal und in Echtzeit. The Mobility House nutzte hierfür eine Technologie, die auch schon 2019 bei einem Projekt der Renault-Nissan-Alliance auf Porto Santo zum Einsatz kam. Die Insel Madeira hat sich zum Ziel gesetzt, dadurch die erste CO2-freie Insel der Welt zu werden.

Wichtiger Beitrag zur Energiewende

Das Projekt zeigt, dass Elektroautos zur Stabilisierung des Stromnetzes und somit elementar zur Energiewende beitragen können. The Mobility House ist sicher, dass auf Grundlage solcher Pilotprojekte die Entwicklung von V2G weiter aufbauen wird: „Mit unseren Partnern haben wir gezeigt, was technisch schon heute möglich ist. Der nächste Schritt muss sein, die politischen Rahmenbedingungen für eine intelligente und bidirektionale Einbindung von Elektromobilität in das Energienetz zu schaffen. Wir stehen in den Startlöchern, um unseren Teil zu einer nachhaltigeren Energiezukunft beizutragen“, sagt Thomas Raffeiner, Gründer und CEO von The Mobility House. Dies ist von entscheidender Bedeutung, um die Ziele zur CO2-Reduktion zu erreichen.

Bildergalerie

  • Der Nissan Leaf ist als erstes mobiles Kraftwerk in Europa offiziell zugelassen und kann in Sekundenschnelle Schwankungen im Stromnetz ausgleichen.

    Der Nissan Leaf ist als erstes mobiles Kraftwerk in Europa offiziell zugelassen und kann in Sekundenschnelle Schwankungen im Stromnetz ausgleichen.

    Bild: The Mobility House

  • Das Lade- und Energiemanagementsystem ChargePilot ermöglicht, dass die kleinteiligen und dezentralen Kapazitäten der Stromfahrzeuge von den Netzbetreibern effizient in die Netzbewirtschaftung mit aufgenommen werden können.

    Das Lade- und Energiemanagementsystem ChargePilot ermöglicht, dass die kleinteiligen und dezentralen Kapazitäten der Stromfahrzeuge von den Netzbetreibern effizient in die Netzbewirtschaftung mit aufgenommen werden können.

    Bild: The Mobility House

  • Der zur Verfügung stehende Windstrom wird von Elektroautos genutzt, um Transportengpässen vorzubeugen.

    Der zur Verfügung stehende Windstrom wird von Elektroautos genutzt, um Transportengpässen vorzubeugen.

    Bild: The Mobility House

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