Rubrik sonstiges Energieaudits als erster Schritt

Carsten Müller, Mitglied des Deutschen Bundestages und Vorstandsvorsitzender DENEFF

17.08.2015

Bis zum 5. Dezember 2015 müssen rund 50.000 Unternehmen eine „systematische Inspektion und Analyse des Energieeinsatzes und des Energieverbrauchs“ vornehmen.

Von diesem Jahr an sind alle großen Unternehmen in Deutschland verpflichtet, ein Energieaudit durchzuführen und sich so Klarheit über ihre Energieverbräuche zu verschaffen. Die Verpflichtung ist wesentlicher Bestandteil des Nationalen Aktionsplanes Energieeffizienz (NAPE) und soll die Bundesrepublik als Effizienzvorreiter stärken. Damit in Sachen Energieeffizienz aber ein echter Ruck durch Deutschland geht, muss das gesamte Maßnahmenpuzzle stimmen.

Der effiziente Umgang mit Energie soll, so steht es im NAPE, neben dem weiteren Ausbau der erneuerbaren Energien das Kern­element werden, um den Standort Deutschland weiterhin international an der Weltspitze halten zu können. Alle Sektoren müssen hierbei mitwirken und auch die Sektoren Industrie und Gewerbe daher einen wesentlichen Beitrag leisten. Neben der freiwilligen Schaffung von 500 neuen Energieeffizienznetzwerken zählt die Energieauditverpflichtung für diese Zielgruppe zu den größten Maßnahmen des NAPE. Bis zum 5. Dezember 2015 müssen rund 50.000 Unternehmen, welche nach EU-Definition nicht als Kleine und Mittlere Unternehmen (KMU) einzustufen sind, eine „systematische Inspektion und Analyse des Energieeinsatzes und des Energieverbrauchs“ vornehmen.

Davon verspricht sich die Bundesregierung eine Verringerung des deutschen Primärenergieverbrauchs um rund 50 PJ, also etwas mehr als ein Zehntel der angestrebten Einsparungen. Dahinter liegt die Annahme, dass zumindest ein Teil der identifizierten Maßnahmen auch umgesetzt wird. Dann entsteht auch ein Nutzen für das einzelne Unternehmen, und das auf den ersten Blick lästige Audit wird zu einer lohnenswerten Investition. Doch allein die Wirtschaftlichkeit von Maßnahmen ist bekanntlich noch kein Garant für deren Umsetzung. Vielseitige Hemmnisse und insbesondere andere Investitionsprioritäten im Kerngeschäft und damit Zeitmangel und fehlende Finanzierungsmöglichkeiten können dafür sorgen, dass das Energieaudit in der Schublade verschwindet. Der Nutzen hängt also ganz wesentlich von der Priorität ab, mit welcher das Audit und die Ergebnisse im Unternehmen behandelt werden. Einfluss hat hier auch die Qualität des Audits. Stimmt diese, ist auch der Weg für eine spätere Umsetzung der Maßnahmen weniger steinig.

Damit die neue Verpflichtung zur Chance wird, braucht es weitsichtige Unternehmer, qualifizierte Berater und politische Instrumente, welche helfen, Umsetzungshemmnisse abzubauen und Qualität zu sichern. Mit einem Audit allein wird es nicht getan sein, zumal dieses nur die Einsteiger- oder Light-Version eines langfristig angelegten Energiemanagementsystems ist, mit dem sich Effizienzsteigerungen strategisch vorantreiben lassen. Viele Unternehmer wären besser beraten, gleich in ein solches System einzusteigen oder an einem der Energieeffizienznetzwerke mitzuwirken. Durch den Erfahrungsaustausch im Netzwerk werden wichtige Hürden leichter genommen. Der Energiebedarf sinkt nach den bisherigen Erfahrungen in den beteiligten Unternehmen überdurchschnittlich.

Diese Extrameile braucht extra Anreize und eine zuverlässige und substanzielle Unterstützung durch die Politik. Noch genießt die eingesparte Kilowattstunde politisch nach wie vor ein Schattendasein gegenüber der Energieversorgung und deren Förderung. Erst wenn die Energiewendepolitik hier eine echte Gleichstellung schafft, kann Deutschland sein Potenzial am Weltmarkt voll ausspielen.

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