Energy 4.0:
Herr Dams, können Sie kurz erklären, was sich hinter dem Begriff EcoStruxure verbirgt?
Joachim Dams:
Grundsätzlich möchten wir unsere Kunden mit unserem Lösungsangebot in die Lage versetzen, das Potenzial von IoT und Digitalisierung voll und ganz für sich zu erschließen – und zwar in ihrem Tempo. Davon ausgehend haben wir daher mit EcoStruxure eine Lösungsarchitektur entwickelt, die diesen Anspruch auch in letzter Konsequenz widerspiegelt. Mit der Lösungsarchitektur sind wir in der Lage, komplexe und integrierte Anwendungen aus einer Hand zu liefern, inklusive passendem technischen Support. Gerade mit Blick auf die neuen und zunehmend globalen Herausforderungen, mit denen sich Unternehmen im Bereich Energieversorgung und -management konfrontiert sehen, bieten unsere EcoStruxure-Lösungen die Möglichkeit, brachliegende Energieeinsparpotenziale transparent zu machen.
Das heißt EcoStruxure ist in erster Linie ein Oberbegriff?
Im Prinzip ja, allerdings ergibt sich für Unternehmen in der Praxis daraus auch ein klarer betriebswirtschaftlicher Nutzen. Rein bildlich gesprochen bildet EcoStruxure als Lösungsarchitektur sozusagen das digitale Rückgrat, das IT und OT miteinander verknüpft. Wobei diese Verknüpfung auf drei klar definierten Ebenen beziehungsweise Schneider-Kompetenzbereichen stattfindet: vernetzte Produkte, Edge Control und Apps, Services und Analysen. Hinter den genannten Ebenen stehen wiederum konkrete Produkte – sowohl Hard- als auch Software, die ineinandergreifen und sich flexibel an die jeweiligen Gegebenheiten des Kunden und je nach Branche anpassen lassen. Genau darin liegt auch der Vorteil. Mit dieser Konnektivität von vernetzten Produkten bis hin zur Steuerungsebene sowie der passenden Software-Infrastruktur in Form von Apps und dazugehörigen digitalen Services unterscheiden wir uns deutlich von anderen Lösungsanbietern.
Sie haben erwähnt, dass Schneider Electric mit seinem EcoStruxure-Lösungsangebot unterschiedlichste Branchen adressiert? Welche sind das genau?
Insgesamt bedienen wir mit EcoStruxure vier ganz konkrete Endmärkte: Gebäude, Rechenzentren, Industrie und Infrastruktur. In den letzten zehn Jahren haben wir die Architektur dabei kontinuierlich in Richtung der vier Geschäftsbereiche ausgebaut, die den vier Endmärkten zugeordnet sind. Daraus ergibt sich Stand heute eine Aufgliederung in EcoStruxure Building, EcoStruxure Power, EcoStruxure IT, Ecostruxure Machine, EcoStruxure Plant und EcoStruxure Grid mit dem jeweils gebündeltem Know-how der spezifischen Geschäftsbereiche.
Das klingt interessant, aber sehr theoretisch. Gibt es denn konkrete Praxisbeispiele, die aufzeigen, welches Know-how tatsächlich hinter EcoStruxure steht?
Aktuell setzen wir im Bereich Energiemanagement ein Großprojekt für die Stromnetz Berlin um, das, wie ich finde, gut zeigt, was EcoStruxure in der Praxis bedeutet. Konkret geht es bei dem Projekt darum, im Laufe der kommenden vier Jahre, alle momentan im Betrieb befindlichen Netzleit- und Störungsmanagementsysteme für das komplette Hoch-, Mittel- und Niederspannungsnetz durch Hard- und Softwarekomponenten von Schneider Electric zu ersetzen. Dreh- und Angelpunkt ist unser neues Advanced Distribution Management System, kurz ADMS. Im Laufe des Projekts sollen sowohl Hoch- und Mittelspannungsnetz als auch Niederspannungsnetz mit einem separaten ADMS-System ausgestattet werden.
Können Sie genauer ausführen, was es mit dem ADMS-System auf sich hat?
Plakativ formuliert könnte man sagen, dass unsere EcoStruxure-ADMS-Lösung die konsequente Weiterentwicklung der konventionellen Leitwarte darstellt. Das ADMS führt Distribution- und Outage-Management sowie SCADA zu einer einheitlichen Netzwerkmanagementlösung zusammen. Echtzeitdarstellungen, Prognosen und Daten zum aktuellen Netzbetrieb lassen sich damit rund um die Uhr und zentral verwalten. Mögliche Fehlerquellen oder Auffälligkeiten im Verteilernetz können so schon im Vorfeld erkannt werden – was natürlich positive Auswirkungen auf die gesamte Betriebseffizienz zur Folge hat – Stichwort Energiemonitoring.
Zum Abschluss noch ein kurzer Blick in die Zukunft: Sie haben das Thema Energiemonitoring bereits angesprochen. Wie wichtig ist intelligentes Energiemonitoring und -management nicht nur bei Energieversorgern, sondern auch für kleinere Unternehmen heutzutage?
Enorm wichtig. Gerade durch den hohen Kostendruck auf Unternehmensseite rückt das Thema immer mehr in den Fokus. Das bestätigen auch die Zahlen. Gestiegene Betriebskosten haben allein bis 2016 mehr als 2000 deutsche Unternehmen dazu veranlasst, ihre Standorte in puncto Energieeffizienz und Verbesserungspotenzial genauer unter die Lupe zu nehmen. Dazu kommen finanzielle Vorteile, wenn sich Unternehmen dazu verpflichten, ein Energiemanagementsystem, wie beispielsweise Vergünstigungen bei der EEG-Umlage, nach ISO 50001 einzuführen. Doch auch wenn die Aussicht auf kurzfristige finanzielle Vergünstigungen sicherlich eine treibende Kraft ist, sollte sie nicht der einzige Grund sein, warum sich Unternehmen für ein intelligentes Energiemonitoring und -management entscheiden. Energiemonitoring ist kein reiner Selbstzweck, sondern sollte mit konkreten unternehmerischen Kernzielen verknüpft sein – auch in puncto Nachhaltigkeit. Die schnelle Auswertung von Datenströmen liefert dafür die notwendige Transparenz mit Blick auf Auslastung oder Nutzungsgrade und hilft dabei, dementsprechend passende und vor allem langfristig wirksame Maßnahmen einzuleiten.