Verständnis chemischer Prozesse Erstmals niederenergetische Elektronen durch UV-Licht erzeugt

Solvatisierte Dielektronen könnten dabei helfen, chemische Prozesse besser zu verstehen. Ihre Entstehung unter UV-Licht ist nun erstmals beobachtet worden.

Bild: iStock, Pobytov
14.06.2023

Solvatisierte Dielektronen gelten als rätselhafte Spezies und konnten bisher noch nie direkt beobachtet werden. Jetzt hat ein Team aus Wissenschaftlern erstmals solche Elektronen durch UV-Licht erzeugt. Die Ergebnisse könnten zu einem besseren Verständnis spezieller chemischer Prozesse beitragen.

Solvatisierte Dielektronen sind unter Wissenschaftlern Gegenstand vieler Hypothesen. Es handelt sich dabei um ein Elektronenpaar, das in Flüssigkeiten wie Wasser oder flüssigem Ammoniak gelöst ist. Dabei bildet sich in der Flüssigkeit ein Hohlraum, den die beiden Elektronen besetzen.

Einem internationalen Forschungsteam ist es nun gelungen, einen Bildungs- und Zerfallsprozesses eines solvatisierten Dielektrons zu entdecken. In Experimenten am Synchrotron Soleil, unterstützt von quantenchemischen Berechnungen, fand das Team direkte Indizien für die Bildung dieser Elektronenpaare durch Anregung mit ultraviolettem Licht in winzigen Ammoniaktröpfchen, die ein einzelnes Natriumatom enthalten. Beteiligt waren Forscher um Dr. Sebastian Hartweg vom Physikalischen Institut der Universität Freiburg, Prof. Dr. Ruth Signorell von der ETH Zürich, des Synchrotron Soleil und der US-amerikanischen Auburn University.

Spuren eines ungewöhnlichen Prozesses

Bilden sich Dielektronen durch Anregung mit ultraviolettem Licht in Ammoniaktröpfchen mit einem Natriumatom, dann hinterlassen sie ihre Spuren in einem ungewöhnlichen Prozess, den die Wissenschaftler nun erstmals beobachten konnten. Dabei wandert eines der beiden Elektronen zu den Lösungmittelmolekülen in der Umgebung, während gleichzeitig das andere Elektron ausgestoßen wird.

„Das Erstaunliche daran ist, dass ähnliche Prozesse bisher hauptsächlich bei deutlich höheren Anregungsenergien beobachtet wurden“, sagt Hartweg. Auf dieses zweite Elektron fokussierte sich das Team, weil es hierfür interessante Anwendungen geben könnte. Denn das ausgestoßene Elektron wird zum einen mit sehr niedriger kinetischer Energie erzeugt, zum anderen lässt sich diese Energie über das eingestrahlte UV-Licht, das den ganzen Prozess in Gang setzt, kontrollieren. Solvatisierte Dielektronen könnten somit als gute Quelle für niederenergetische Elektronen dienen.

Gezielte Erzeugung mit variabler Energie

Die Elektronen können verschiedene chemische Prozesse in Gang setzen. Zum Beispiel spielen sie eine Rolle in der Kaskade von Prozessen, die zu Strahlenschäden in biologischem Gewebe führen. Sie sind aber auch in der synthetischen Chemie wichtig, wo sie als effektive Reduktionsmittel dienen.

Indem die Elektronen nun gezielt mit variabler Energie erzeugt werden können, lassen sich die Mechanismen solcher chemischer Prozesse in Zukunft genauer untersuchen. Außerdem ließe sich die den Elektronen kontrolliert zur Verfügung gestellte Energie auch zur Steigerung der Effektivität von Reduktionsreaktionen nutzen.

„Das sind interessante Ausblicke auf mögliche Anwendungen in der Zukunft“, sagt Hartweg. „Unsere Arbeit bietet dazu die Grundlage und trägt dazu bei, diese exotischen und noch immer rätselhaften solvatisierten Dielektronen etwas besser zu verstehen.“

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