Grundstein für zukünftige Netzwerke Erstmals Quantenverschränkung zwischen Photonen nachgewiesen

Künstlerische Darstellung eines Quantenexperiments, das vor Kurzem am ISTA durchgeführt wurde: der Strahl optischer Photonen ist rot und die erzeugten Mikrowellenphotonen sind blau eingefärbt.

Bild: Eli Krantz, Krantz NanoArt
30.05.2023

Einem Forschungsteam ist ein technologischer Schritt hin zu leistungsstärkeren Quantencomputern gelungen: Sie haben zum ersten Mal eine Quantenverschränkung zwischen optischen und Mikrowellenphotonen nachgewiesen. Die Entwicklung ist wichtig, um supraleitende Quantencomputer über Verbindungen bei Raumtemperatur zusammenzuschalten.

Die Fortschritte bei supraleitenden Prozessoren schreiten schnell voran, die Anzahl der Qubits liegt derzeit bei einigen hundert. Jedoch begrenzen die notwendigen ultrakalten Betriebstemperaturen letztlich die Größe der Prozessoren und verhindern jeden physischen Zugriff, sobald sie abgekühlt sind.

Ein modularer Quantencomputer mit mehreren separat gekühlten Prozessoren könnte dieses Problem lösen. Einzelne Mikrowellenphotonen – die Lichtteilchen, die als Informationsträger zwischen supraleitenden Qubits innerhalb der Prozessoren fungieren – sind jedoch nicht geeignet, um bei Raumtemperatur zwischen den Prozessoren übertragen zu werden. Die Umgebung bei Raumtemperatur ist voller Wärmeenergie, welche die Mikrowellenphotonen und ihre fragilen Quanteneigenschaften wie Verschränkung leicht stören.

Ein Team unter der Leitung von Rishabh Sahu, Liu Qiu und Johannes Fink vom Institute of Science and Technology Austria (ISTA) hat nun gemeinsam mit der TU Wien und TU München zum ersten Mal niederenergetische Mikrowellenphotonen mit hochenergetischen optischen Photonen verschränkt. Ein solcher verschränkter Quantenzustand zweier Photonen ist die Grundlage, um supraleitende Quantencomputer über Verbindungen bei Raumtemperatur zusammenzuschalten. Das hat nicht nur Auswirkungen auf die Skalierung bestehender Quantenhardware, sondern wird auch benötigt, um Verbindungen zu anderen Quantencomputerplattformen sowie neuartige quantenverstärkte Messtechnologien zu realisieren.

Schwierigkeiten bei der Kühlung

Sahu, Postdoc in der Fink-Gruppe und einer der Erstautoren der Studie, erklärt: „Ein großes Problem für jedes Qubit ist das Rauschen. Rauschen kann man sich als jede Störung des Qubits vorstellen. Eine der Hauptquellen für Rauschen ist die Wärmeenergie des Materials, aus dem das Qubit besteht.“

Wärmeenergie führt dazu, dass die Atome in einem Material sich schnell hin- und herbewegen. Dies beeinträchtigt Quanteneigenschaften wie Verschränkung und würde Qubits für Berechnungen unbrauchbar machen. Um funktionsfähig zu bleiben, müssen die Qubits daher von der Umgebung isoliert, auf extrem niedrige Temperaturen abgekühlt und in einem Vakuum gehalten werden.

Bei supraleitenden Qubits geschieht dies in einer speziellen zylindrischen Vorrichtung, die von der Decke herabhängt, dem sogenannten Dilution Refrigerator, in dem der „Quanten“-Teil der Berechnungen stattfindet. Die Qubits an seinem unteren Ende werden auf nur wenige Tausendstel Grad über dem absoluten Nullpunkt abgekühlt – etwa -273 °C. Sahu fügt aufgeregt hinzu: „Damit sind diese Kühlschränke in unseren Labors die kältesten Orte im ganzen Universum, sogar kälter als der Weltraum selbst.“

Der Dilution Refrigerator muss die Qubits kontinuierlich kühlen, aber je mehr Qubits und dazugehörige Kabel hinzukommen, desto mehr Wärme wird erzeugt und desto schwieriger wird es, den Quantencomputer kühl zu halten. „Wissenschafter sagen voraus, dass wir bei etwa 1.000 supraleitenden Qubits in einem einzelnen Quantencomputer an die Grenzen der Kühlung stoßen“, sagt Sahu. „Ein reines Vergrößern ist keine nachhaltige Lösung, um leistungsfähigere Quantencomputer zu bauen.“ Und Fink fügt hinzu: „Größere Maschinen sind in der Entwicklung, aber jedes Zusammenbauen und Abkühlen wird dann vergleichbar mit einem Raketenstart, bei dem man Probleme erst feststellt, wenn der Prozessor kalt ist, ohne die Möglichkeit, bei Problemen einzugreifen.“

Photonen wie im Glasfaserkabel

„Wenn ein Dilution Refrigerator nicht ausreicht, um mehr als tausend supraleitende Qubits auf einmal zu kühlen, müssen wir mehrere kleinere Quantencomputer miteinander verbinden“, erklärt Qiu, Postdoc in der Fink-Gruppe und ebenfalls Autor der neuen Studie. „Wir bräuchten ein Quantennetzwerk.“ Die Verbindung von zwei supraleitenden Quantencomputern mit jeweils einem eigenem Dilution Refrigerator kann aber nicht einfach mit einem elektrischen Kabel geschehen. Sie erfordert besondere Maßnahmen, um die Quanteneigenschaften der Qubits aufrechtzuerhalten.

Supraleitende Qubits arbeiten mit winzigen elektrischen Strömen, die sich in einem Stromkreis mit einer Frequenz von etwa zehn Milliarden Mal pro Sekunde hin und her bewegen. Sie interagieren mittels Mikrowellenphotonen. Deren Frequenzen ähneln denen, die von Mobiltelefonen verwendet werden.

Das Problem ist, dass selbst eine geringe Menge Wärmeenergie einzelne Mikrowellenphotonen und ihre Quanteneigenschaften, die für die Verbindung der Qubits in zwei getrennten Quantencomputern erforderlich sind, leicht stören würde. Innerhalb eines Kabels außerhalb des Dilution Refrigerators würde die Wärme der Umgebung sie unbrauchbar machen.

„Anstelle der rauschanfälligen Mikrowellenphotonen, die wir für die Berechnungen im Quantencomputer benötigen, wollen wir optische Photonen mit viel höheren Frequenzen ähnlich dem sichtbaren Licht verwenden, um Quantencomputer miteinander zu vernetzen“, erklärt Qiu. Diese optischen Photonen sind die gleichen, die auch durch Internet-Glasfaserkabel geschickt werden. Die Technologie ist gut erforscht und viel weniger anfällig für Störungen durch Wärmeenergie. Qiu: „Die Herausforderung bestand darin, die Mikrowellenphotonen mit den optischen Photonen interagieren zu lassen und sie zu verschränken.“

Spaltung von Licht

In ihrer Studie verwendeten die Forscher eine besondere elektrooptische Vorrichtung: einen optischen Resonator aus einem nichtlinearen Kristall, der seine optischen Eigenschaften unter Einfluss eines elektrischen Feldes ändert. Ein Hohlraum mit Wänden aus supraleitendem Material umschließt den Kristall und verstärkt diese Wechselwirkung.

Sahu und Qiu nutzten einen Laser, um Milliarden optischer Photonen für den Bruchteil einer Mikrosekunde in den elektrooptischen Kristall zu schicken. Auf diese Weise spaltete sich ein optisches Photon in ein Paar neuer verschränkter Photonen auf: ein optisches Photon mit nur etwas weniger Energie als das ursprüngliche Photon und ein Mikrowellenphoton mit viel geringerer Energie.

„Die Herausforderung bei diesem Experiment bestand darin, dass die optischen Photonen etwa 20.000-mal mehr Energie haben als die Mikrowellenphotonen“, erklärt Sahu. „Sie bringen eine Menge Energie und damit Wärme in das Gerät ein, welche dann die Quanteneigenschaften der Mikrowellenphotonen zerstören kann. Wir haben monatelang daran gearbeitet, das Experiment zu optimieren und die richtigen Messungen zu machen.“

Um das Problem zu lösen, bauten die Forscher einen supraleitenden Hohlraum, der größer als frühere Modelle ist. Dadurch wird nicht nur ein Zusammenbruch der Supraleitung vermieden, sondern das Gerät kann auch effektiver gekühlt und während der kurzen Zeitspanne der optischen Laserpulse kalt gehalten werden.

„Der Durchbruch besteht darin, dass die beiden Photonen, die das Gerät verlassen – das optische und das Mikrowellenphoton – verschränkt sind“, sagt Qiu. „Dies wurde durch die Messung von Korrelationen zwischen den Quantenfluktuationen der elektromagnetischen Felder der beiden Photonen bestätigt, die stärker sind, als durch die klassische Physik erklärt werden kann.“

„Wir sind nun die ersten, die Photonen mit so unterschiedlichen Energieskalen verschränken konnten“, fügt Fink hinzu. „Dies ist ein wichtiger Schritt zum Aufbau eines Quantennetzwerks und auch für andere Quantentechnologien, wie zum Beispiel quantenverstärkte Messtechnologien.“

Bildergalerie

  • Aufbau des Experiments mit dem Dilution-Refrigerator, dem supraleitenden Hohlraum und dem elektrooptischen Kristall darin

    Aufbau des Experiments mit dem Dilution-Refrigerator, dem supraleitenden Hohlraum und dem elektrooptischen Kristall darin

    Bild: Mark Belan, ISTA

  • Die Verschränkung von Qubits ist für Quantencomputer wichtig, benötigt aber auch extrem kalte Temperaturen, um stabil zu bleiben.

    Die Verschränkung von Qubits ist für Quantencomputer wichtig, benötigt aber auch extrem kalte Temperaturen, um stabil zu bleiben.

    Bild: Mark Belan, ISTA

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