Lösungen auf der EU-PVSEC Flächen aktivieren: Integrierte Photovoltaik-Modelle

An einer Pilotanlage am Bodensee testet das Fraunhofer ISE seit 2016 die Agrophotovoltaik-Technologie.

Bild: Fraunhofer ISE
09.09.2019

Damit der Ausbau der Photovoltaik nicht zu Nutzungskonflikten und Akzeptanzproblemen führt, sollte der Flächenverbrauch durch Solarmodule minimiert und Synergiepotenziale realisiert werden. Das Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE stellt auf der EU-PVSEC vom 9. bis zum, 13. September in Marseille Ideen und Technologien für eine Integration von Photovoltaik in die bebaute Umwelt vor.

Die Integration von PV-Technologie in Gebäudehüllen, Fahrzeuge und Fahrwegen sowie in Agrar- und Wasserflächen erschließt ein riesiges Flächenpotenzial für die Solarstromerzeugung. Allein die Bauwerkintegrierte und die Agrophotovoltaik haben in Deutschland ein technisches Potenzial für mehrere 100 Gigawatt Leistung. Integrierte PV kann sogar an vielen Stellen Synergieeffekte schaffen, etwa Reichweitengewinne für Elektrofahrzeuge oder Lärmschutz an Straßen und Schienen.

Durch die Erzeugung des Solarstroms nahe am Verbraucher beziehungsweise an Bord von Fahrzeugen reduziert sich außerdem die Nutzung des Stromnetzes. »Wir sehen in der integrierten Photovoltaik auch eine Chance für die deutsche und europäische Photovoltaik-Industrie und das Handwerk, da sie ein hohes Maß an individuellen Lösungen und eine enge Verflechtung mit vorgelagerten Bauprozessen verlangt«, erklärt Dr. Andreas Bett, Institutsleiter des Fraunhofer ISE.

Für die Integration von PV-Modulen hat das Fraunhofer ISE Technologien entwickelt, die frei wählbare Modulformate und -farben ermöglichen und auch Anforderungen wie reduziertes Flächengewicht, hohe Ästhetik oder extreme mechanische Belastbarkeit erfüllen sollen. Das Fraunhofer ISE entwickelt Anwendungen für verschiedene Bereiche.

Building-Integrated PV, kurz BIPV

Die Bauelemente sollen zusätzlich zur Stromgewinnung weitere Funktionen wie Wärmedämmung, Wind-, Lärm- und Wetterschutz übernehmen und auch gestalterische Akzente setzen. BIPV leistet so einen Beitrag zur CO2-Reduktion von Gebäuden.

Das Fraunhofer ISE hat flexible Formate, Solarzellen mit filigraner Metallisierung und Farbvarianten entwickelt, die eine ästhetische Einbindung von Solarmodulen in Fassaden und Dächer erlauben. Auf der EU PVSEC zeigt das Fraunhofer ISE mehrere farbige MorphoColor- Module: durch eine spezielle Glasbeschichtung lassen sie sich in allen Spektralfarben mit hoher Farbsättigung und Winkelstabilität herstellen, bei einem um nur sieben Prozent relativ verringerten Wirkungsgrad.

Agrophotovoltaik, kurz APV

Bei der Agrophotovoltaik werden Solarmodule über Ackerflächen installiert, was den Ausbau der PV-Leistung bei gleichzeitiger Nutzung der Flächen für den Ackerbau ermöglicht. Im Rahmen eines Forschungsprojektes am Bodensee konnte das Fraunhofer ISE eine Steigerung der Landnutzungseffizienz zwischen 60 Prozent und 84 Prozent sowie eine Steigerung der Resilienz in der Landwirtschaft bei Trockenperioden nachweisen.

Weitere Zusatznutzen ergeben sich unter anderem durch Schutz vor Hagel-, Dürre- und Frostschäden, die Reduktion des Bewässerungsbedarfs und die Nutzung des Solarstroms vor Ort.

Vehicle-Integrated Photovoltaics, kurz VIPV

Bei der VIPV ersetzen Solarmodule Teile der Fahrzeughülle und versorgen elektrische Verbraucher oder speisen in die Antriebsbatterie bei Elektro-Fahrzeugen ein, wodurch sie die Reichweite erhöhen. Die Ansprüche an die ästhetische Integration und die Moduleffizienz sind bei Fahrzeugen besonders hoch.

Das Fraunhofer ISE hat ein sphärisch gewölbtes PKW-Solardach entwickelt, dessen Solarzellen eine Leistung von etwa 210 W/m2 liefern. Durch die überlappende Verschaltung in Schindeltechnik soll sich die Modulfläche maximal für die Stromerzeugung nutzen lassen und ein homogenes, ästhetisches Gesamtbild bieten

Geringere Widerstandsverluste und der Wegfall der Verschattung durch Zellverbinder sowie eine besonders hohe Verschattungstoleranz sorgen für eine um bis zu zwei Prozent absolut höhere Moduleffizienz im Vergleich zu konventionellen Solarmodulen. Für Leichtbauanwendungen in Nutzfahrzeugen untersucht das Fraunhofer ISE auch glasfreie Aufbauten.

Road Integrated PV,RIPV

Verkehrswegeintegrierte Photovoltaik umfasst die Einbettung von Solarmodulen in, an und über Verkehrswegen. Das kann direkt in Straßen, Fußwegen und Plätzen sein, aber auch in Schienen oder den Verkehrswegen zugeordneten Flächen wie Lärmschutzwänden oder Seitenstreifen. Verkehrswege in Deutschland bedecken circa 5 Prozent der Landesfläche und bieten somit ein enormes technologisches Potenzial, das auf bereits bebauter horizontaler Fläche erreicht werden kann.

Bei der Integration von Solarmodulen direkt in die Straße müssen diese ausreichend Haftung für alle Verkehrsteilnehmer auch unter schwierigen Wetterbedingungen bieten. Hierfür müssen besonders langlebige, strukturierte Moduloberflächen realisiert werden.

Floating PV, kurz FPV

Für schwimmende PV-Kraftwerke, deren Module auf Schwimmkörpern auf einem stehenden Gewässer oder auf dem Meer angebracht sind, ist weltweit ein sehr dynamisches Wachstum zu verzeichnen. Auch Deutschland hat mit gefluteten Tagebauflächen, Kiesgruben und teilweise Stauseen ein riesiges technisches Potenzial für diese Technologie.

Die Vorteile von FPV liegen in der kostengünstigen Umsetzung in großem Maßstab, dem Anstieg der PV-Effizienz durch Kühleffekte des Gewässers und der Reduktion der Verdunstungsrate, wodurch der Wasserverlust eingedämmt werden kann.

Bildergalerie

  • Das MorphoColor-Modul ist eine ästhetische Option für die bauwerkintegrierte Photovoltaik.

    Das MorphoColor-Modul ist eine ästhetische Option für die bauwerkintegrierte Photovoltaik.

    Bild: Fraunhofer ISE

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