Etwa fünf Minuten dauerte der Testflug des künftigen Langstreckenfliegers, der im Juli 2020 vom deutschen Fliegerhorst Faßberg in Niedersachsen abhob. Er erregte weltweites Aufsehen, denn es handelte sich um das skalierte Modell eines futuristischen Nurflüglers, eines V-förmigen Flugzeugs, das im Prinzip nur aus seinen Flügeln besteht. Erfunden hatte das innovative, V-förmige und energiesparende Passagierflugzeug „Flying V“ der wissenschaftliche Mitarbeiter der TU Berlin Justus Benad, der damals noch Student der Luft- und Raumfahrt war. Ingenieure der TU Delft in den Niederlanden hatten es weiterentwickelt, die Luftfahrtgesellschaft KLM den Bau des zweieinhalb Meter langen skalierten Modells finanziert.
Daniel Reckzeh, Senior Manager R&T beim ebenfalls beteiligten Projektpartner Airbus sagt: „Dieser Test ist ein wichtiger Meilenstein für die Demonstration der flugphysikalischen Machbarkeit der Konstruktion. Es ist auch ein sichtbarer Beweis für die Glaubwürdigkeit dieser unkonventionellen Idee.“
Sichtbarer Beweis für eine unkonventionelle Idee
Und die Idee stammt von Justus Benad, der heute an der TU Berlin bei Prof. Dr. Valentin Popov im Fachgebiet Systemdynamik und Reibungsphysik, Institut für Mechanik, forscht. Vor wenigen Jahren hatte Justus Benad dort sein selbstgebautes Modell und die Idee dahinter in einem Seminar für Mechanik zum ersten Mal präsentiert. Als Praktikant bei Airbus in Hamburg war ihm 2015 diese außergewöhnliche Idee gekommen: ein Passagierflugzeug mit der Kapazität eines Airbus, mit einer Spannweite von 65 Metern, bei dem die Passagiere direkt in den Flügeln sitzen und das auf diese Weise erhebliche Mengen an Energie spart, nämlich mindestens 20 Prozent an Kerosin oder anderem Treibstoff.
Das hatte nicht nur den Airbus-Konzern begeistert, sondern auch die niederländische Luftfahrtgesellschaft KLM, die Justus Benads Modell von Flugzeugingenieuren der TU Delft weiterentwickeln und schließlich ein skaliertes flugfähiges Modell bauen ließ. Airbus hatte sofort ein Patent eingereicht, an dem Justus Benad als Erfinder beteiligt ist. Der nun erfolgte Jungfernflug des Modells lieferte ausreichend Daten, um ein aerodynamisches Software-Modell zu entwickeln und Flugeigenschaften im Flugsimulator untersuchen und verbessern zu können sowie Überlegungen für die Verwendung zukünftiger Antriebe oder Treibstoffe wie Wasserstoff anstellen zu können.
Justus Benad freut es natürlich sehr, dass seine Idee so viel Interesse erregt, doch: „Es gibt noch viel Forschungsbedarf – bis das „Flying V“ mit echten Passagieren zu einem Langstreckenflug abhebt, werden sicher noch einige Jahre vergehen.“