Fachbeitrag Funkrundsteuerung fürs Stromnetz

22.10.2014

Für Stabilität im Stromnetz soll eine M2M-Steuerungslösung in Berlin sorgen. Energieversorger und Netzbetreiber können dank Rundsteuerung per Funk aber auch Energieerzeugungs- und Verbrauchsanlagen im Griff behalten – Solardächer und Blockheizkraftwerke ebenso wie Wärmepumpen und Nachtspeicherheizungen.

Nicht nur Rettungskräfte und Feuer­wehren benötigen sichere und stabile Funkverbindungen. Der Berliner Mobil­funknetzbetreiber eMessage liefert als Betreiber des größten Sicherheitsfunknetzes in Europa dafür Infrastruktur und Produkte. Mit hochverfügbaren Nachrichtendiensten können Einzelpersonen und Gruppen durch digitale Endgeräte jederzeit schnell und zielgenau benachrichtigt werden.

„Machine-to-Machine“ funken

Das Sicherheitsfunknetz kann aber noch mehr: Es sorgt für die automatische Kontrolle von Maschinen, Servern und Anlagen. Status- und Störmeldungen landen direkt auf den Pagern der Verantwortlichen. Damit bietet der Mobilfunknetzbetreiber M2M-Lösungen, die Digitalisierung und Automatisierung von Produktions- und Fertigungsprozessen in der Industrie 4.0 vorantreiben.

M2M in der Energiewirtschaft

Diese M2M-Technologien eignen sich auch für den Einsatz in der Energiewirtschaft. eNergy heißt hier eine Lösung, mit der Energieversorger und Stromnetzbetreiber die dezentrale Energieerzeugung und den Verbrauch effektiv fernsteuern und damit die Stabilität in modernen und komplexen Stromnetzen sicherstellen können. Die M2M-Steue­rungslösung bringt die Entwicklung von „intelligenten“ Stromnetzen (Smart Grids) voran, die die Umsetzung der Energiewende gewährleisten sollen. Denn im Zuge dieser Entwicklung wandelt sich das Netz von einem zentral zu einem immer stärker dezentral strukturierten Energienetz. Energieversorger bekommen mit der Steuerungslösung eine sichere und preiswerte Lösung zur Steuerung der großen Anzahl von kleinen und mittleren Energieerzeugungs- und Verbrauchseinrichtungen wie Windkraft- und Photovoltaikanlagen, Wärmepumpen und Ladestationen für Elektroautos. Die vielen zusätzlichen Erzeugungseinheiten erfordern ein komplexes Last- und Erzeugungsmanagement mit umfangreichen Steuerungsmöglichkeiten.

Einsatz im Umspannwerk

Seit September 2014 kommt die neue Generation der Rundsteuertechnik per Sicherheitsfunk im neuen Umspannwerk in Berlin Britz (Neukölln) erstmalig zum Einsatz und nimmt dort eine zentrale Funktion im Energiemanagement ein. Zur Steuerung von Anlagen vor Ort dient ein Funkrundsteuerempfänger mit integriertem Funkmodul, den der Mobilfunknetzbetreiber entwickelt hat. Von diesen Empfängereinheiten wurden bisher 500 Stück ausgeliefert, die im Einzugsgebiet des neuen Umspannwerks eingesetzt werden und das ganzheitliche System für das Netzmanagement vervollständigen.

Die Funkmodule können mit geringem Aufwand nicht nur in Energie­erzeugungsanlagen, sondern auch in Geräte mit hohem Strombedarf integriert und mit „intelligenten“ und vernetzten Steuer­funktionen erweitert werden.

Seit 2011 arbeiteten eMessage, Bosch Software Innovations und Stromnetz Berlin gemeinsam an diesem Projekt. Die alte und aufwendige Tonrund­steuerung soll im Berliner Stromnetz nun Schritt für Schritt durch sichere, effiziente und einfach zu handhabende eNergy-Technik ersetzt werden.

Flächendeckende Sendezonen

Das bundesweit flächendeckend verfügbare eMessage-Sicherheitsfunknetz, über das die Fernsteuerinformationen übertragen werden, ist in über 80 Sendezonen untergliedert. Damit ist nicht nur eine regionale, sondern auch eine landesweite Steuerung von Energie­anlagen realisierbar. Die Netzstruktur ist dank Gleichwellentechnik überlappend und dadurch redundant und ausfallsicher angelegt.

Rund 800 Sendestandorte mit 100 W Sendeleistung ermöglichen eine zuverlässige Versorgung sowohl in der Fläche als auch innerhalb von Gebäuden. Störungen durch Powerline-Kommunika­tion, unsauber arbeitende Schaltnetzteile oder elektrische Geräte sind aufgrund der Frequenz­lage nahezu ausgeschlossen. Das macht die M2M-Steuerungslösung zu einem überaus robusten System. Speziell die Empfänger sind damit gegenüber Umwelt- und Umgebungseinflüssen unempfindlich.

Der eNergy-Dienst bietet im Vergleich zu anderen derzeit nutzbaren Lösungen ein Sicherheitskonzept mit digitalen Signaturen. Durch seinen großen Funktionsumfang können Stromnetzbetreiber damit alle Steuerungs- und Regelaufgaben im Niederspannungsnetz realisieren, wobei optimale Schnittstellen zu den bestehenden IT-Systemen der Anwender Kosteneinsparungen beim Rollout und Betrieb erlauben.

Steuerungsmöglichkeiten

Durch die Steuerungslösung ist es möglich, beliebige Steuerinformationen gezielt an Anlagen zu übermitteln. Das können einfache Schaltbefehle zu einzelnen Anlagen sein, aber auch kom­plexe Anforderungen an eine Vielzahl von Geräten. Darüber hinaus können Daten oder Werte automatisch an Anlagen und Energieverbrauchseinheiten übertragen werden, die dann auf die Informationen reagieren. So kann beispielsweise die Energieeinspeisung durch kleine Kraftwerke aus der Ferne entweder gedrosselt oder gesteigert werden, um die Netzstabilität zu sichern.

Mit der M2M-Steuerungslösung lassen sich mehrere Schaltbefehle gruppie­ren und programmieren. So werden kompakte Funktelegramme erstellt, die sich bei Bedarf erweitern lassen. Mit Hilfe der integrierten Vorwärtskorrektur, bei der Daten redundant kodiert werden, können die Empfängermodule Übertragungsfehler ohne Rückfrage beim Sender erkennen und korrigieren. Das macht das System zusätzlich sicher und zuverlässig.

Bei der Fernsteuerung der in das „intelligente“ Stromnetz integrierten Kraftwerke und Verbrauchsanlagen lassen sich grundsätzlich drei zentrale Funktio­nen unterscheiden: Gruppensteuerung, Einzelsteuerung und Systemsteuerung:

  • Mit Hilfe der Gruppensteuerung können mehrere oder alle Schaltempfänger simultan angesprochen werden, beispielsweise zur Lastabschaltung im Rahmen des Netzmanagements oder in Notfallsituationen zur Reduzierung der Einspeiseleistung bei Gefährdung der Netzstabilität, ebenso zur Steuerung von öffentlichen Beleuchtungsanlagen.

  • Im Gegensatz dazu ist die Einzelsteuerung zur gezielten Fernsteuerung einzelner Anlagen gedacht.

  • Mittels Systemsteuerung erfolgt die Parametrierung der Schaltempfänger. Dazu gehören unter anderem Angaben, auf welche Gruppen­adressen ein Empfänger reagieren soll, auf welchen Ausgang die zugehörigen Schaltbefehle später wirken, oder die Parametrierung der autonomen Zeitschaltungen wie der Brennkalender für die Straßen­beleuchtung, die Initialisierung der Funkrundsteuerempfänger sowie die Schlüsselprogrammierung.

Die M2M-Steuerungslösung ist darüber hinaus offen für die Übertragung von Informationen für Verbraucher und Endanwender. Hier sind zusätzliche Anwendungen möglich, beispielsweise die Steuerung der Heizungsanlage, der Beleuchtung und anderer Stromverbraucher. Das Zuhause wird damit zu einem Smart Home, mit dem sich Energiekosten senken lassen.

Ein Baustein „intelligenter“ Stromnetze

eNergy-Übertragungsdienstleistungen eignen sich für die preiswerte und manipulationssichere Übertragung an viele Empfänger gleichzeitig. Wichtige Datenschutzprobleme sind bereits durch den Charakter der von eMessage genutzten Technologie quasi „von Geburt an“ gelöst und werden analog den Sicherheitsmechanismen der Smart-Meter-Technologie berücksichtigt. Zudem operiert das System weitestgehend unabhängig von eventuellen Störungen oder Ausfällen des Stromnetzes. Damit kann die M2M-Steuerungslösung ein Baustein in der Strategie zum Aufbau „intelligenter“ Stromnetze sein, moderne Energieversorgungssysteme auf die technischen und infrastrukturellen Herausforderungen der Energiewende auszurichten und einzustellen.

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