Bundesminister Robert Habeck erklärt: „Der völkerrechtswidrige Angriff Russlands auf die Ukraine hat die Energiemärkte verunsichert, genau darauf zielt Putin. Wir setzen dem aber konsequente Vorsorge entgegen und sichern die Energieversorgung. Wir haben früh begonnen, uns auf den Winter vorzubereiten, und das zeigt wichtige Erfolge. So sind wir seit Anfang September quasi unabhängig von den russischen Gaslieferungen über Nord Stream 1. Trotz des Lieferstopps sind die Speicher schon gut gefüllt und steigen weiter an - auf Stand heute 93 Prozent. Wir treiben den Ausbau der Flüssiggasterminals voran. Mit den heute beschlossenen Maßnahmen steigern wir kurzfristig die Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien, um noch mehr Gas zu sparen.“
Wir ermöglichen zusätzliche Einspeisung von Windenergie und Photovoltaik, streichen Begrenzungen und geben zusätzliche Anreize für die Stromproduktion aus Biogas. Wir beschleunigen den Netzausbau, um die Netze kurzfristig höher auszulasten und so die Transportkapazität zu steigern. Außerdem senken wir die Hürden für den Brennstoffwechsel. Alle Maßnahmen dienen dazu, unseren Gasverbrauch weiter zu senken und die Unabhängigkeit von Energieimporten aus Russland zu festigen. Zudem stärken wir damit das Stromsystem“, so Habeck weiter.
Mit der Novelle des Energiesicherungsgesetzes werden zudem die Möglichkeiten zur Lastflexibilität industrieller Großverbraucher erschlossen. Hinzu kommen Verfahrenserleichterungen, mit der die Nutzung von LNG-Anlagen verbessert wird, um eine möglichst große Gaseinspeisung an den Standorten Brunsbüttel, Wilhelmshaven und Lubmin in diesem Winter abzusichern. Im Einzelnen geht es im EnSiG 3.0 um folgende Maßnahmen:
1. Kurzfristige Erhöhung der Stromproduktion aus Photovoltaik:
Zur kurzfristigen Beschleunigung des Ausbaus von Solaranlagen des ersten Segments wird die maximale Gebotsgröße für sämtliche Ausschreibungstermine im Jahr 2023 von 20 auf 100 Megawatt erhöht. Hiermit ist auch eine entsprechende Erweiterung bestehender Anlagen möglich (dafür entfällt die zunächst vorgeschlagene Krisensonderausschreibung). Die Ausschreibungen stehen unter Beihilfevorbehalt.
Die für den 1. Januar 2022 bereits beschlossene Abschaffung der sogenannten 70-Prozent-Regelung für PV-Neuanlagen bis einschließlich 25 kW installierter Leistung wird zeitlich vorgezogen. Bisher waren Betreiber solcher PV-Anlagen verpflichtet, die Wirkleistungseinspeisung ihrer Anlage auf 70 Prozent zu begrenzen oder ihre Anlage mit einer Steuerungseinrichtung auszustatten. Zur weiteren Erhöhung der PV-Einspeisung wird die Abschaffung der Regelung für alle Neuanlagen vorgezogen, die nach dem 14. September 2022 – dem Tag des Kabinetttermins –in Betrieb genommen werden.
Zusätzlich wird die sogenannte 70-Prozent-Regelung ab dem 1. Januar 2023 bei PV-Bestandsanlagen bis einschließlich 7 kW installierter Leistung aufgehoben. Bei PV-Anlagen mit einer installierten Leistung über 7 kW bleibt es bei dem bereits im Gesetz angelegten Übergangspfad, wonach die Regelung ab Einbau eines intelligenten Messsystems ausläuft. Nach dem Messstellenbetriebsgesetz gelten EEAnlagen mit einer installierten Leistung über 7 kW als Pflichteinbaufall.
Darüber hinaus erfolgen Klarstellungen zugunsten der sog. Balkon-PV bei etwaigen Pönalen, die zwischenzeitlich teilweise zu Unsicherheiten geführt hatten.
2. Zusätzliche Anreize für die Stromproduktion aus Biogas:
Für die Jahre 2022 und 2023 wird eine Sonderregelung für die EEG-Förderung von Biogasanlagen geschaffen. Dies schafft in der Krise einen vorübergehenden Anreiz, dass die Stromerzeugung aus Biogas gesteigert wird und damit in diesem Umfang auf die Verstromung von Erdgas verzichtet werden kann.
Für den Winter 2022/2023 wird eine befristete Flexibilisierung des Güllebonus geregelt. Betreiber von Biogasanlagen werden in der Krise dazu angereizt, möglichst viel Strom aus Biogas zu produzieren. Mit der Flexibilisierung des Güllebonus soll den Anlagenbetreibern das Risiko genommen werden, dass sie den Güllebonus endgültig verlieren.
Beide Maßnahmen stehen unter Beihilfevorbehalt.
Begleitend sollen Erleichterungen im Genehmigungsrecht (BundesImmissionsschutzgesetz) geschaffen werden. Durch eine Vollzugshilfe der Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft für Immissionsschutz für bestehende und für eine flexibilisierte Energieerzeugung ausgelegte Biogasanlagen wird die Möglichkeit geschaffen, befristet ohne Genehmigung mehr Rohbiogas zu erzeugen. Mit dem zusätzlich erzeugten Biogas sollen, die bisher nur zeitweise (bedarfsorientiert) betriebenen Leistungskapazitäten im Dauerbetrieb betrieben werden können. Die Vollzugshilfe liegt seit 26. September 2022 vor. Sie wird demnächst veröffentlicht.
3. Kurzfristige Erhöhung der Windstromproduktion an Land:
Betreiber von Windenergieanlagen können – befristet bis zum 31. März 2023 – die Grenzwerte der TA-Lärm um 4 dB (A) und die zum Schutz vor Schattenschlag überschreiten. Der Wegfall der Lärmabschaltungen ermöglicht es den Betreibern vor allem zwischen 22 Uhr und 6 Uhr morgens die Leistung der Anlagen zu erhöhen und dadurch mehr Strom zu erzeugen. Der Wegfall der Schattenabschaltungen ermöglicht es den Betreibern, in den Morgen- und Abendstunden mehr Strom zu erzeugen.
Betreiber von Windenergieanlagen können – befristet bis zum 31. März 2023 – die Grenzwerte der TA-Lärm um 4 dB (A) und die zum Schutz vor Schattenschlag überschreiten. Der Wegfall der Lärmabschaltungen ermöglicht es den Betreibern vor allem zwischen 22 Uhr und 6 Uhr morgens die Leistung der Anlagen zu erhöhen und dadurch mehr Strom zu erzeugen. Der Wegfall der Schattenabschaltungen ermöglicht es den Betreibern, in den Morgen- und Abendstunden mehr Strom zu erzeugen.
Es werden Änderungen zur Leistungssteigerung (Softwareupdates, Typenänderung) schnell und unbürokratisch ermöglicht.
4. Maßnahmen zur Beschleunigung des Stromnetzausbaus, zur höheren Netzauslastung und zur Lastflexibilität
Schwerpunkt sind Maßnahmen zur Beschleunigung des Stromnetzausbaus, zur Erhöhung der Transportkapazitäten des bestehenden Stromnetzes (Höherauslastung), zur Erleichterung bei der Errichtung sowie für die bessere Auslastung der OffshoreAnbindungsleitungen und zur Verbesserung der Nutzung von LNG-Anlagen sowie der Möglichkeiten zur Lastflexibilität industrieller Großverbraucher.
Darüber hinaus wird eine Entschädigungsregelung für den Fall eingeführt, dass dem Betreiber einer Gasspeicheranlage in Folge seiner Verpflichtung zur Aufrechterhaltung des Betriebs der Gasspeicheranlage unbillige wirtschaftliche Härten entstehen. Und es wird abgesichert, dass relevante Speicherkapazität für L-Gas vorgehalten werden, solange noch keine vollständige Umstellung von L- auf H-Gas erfolgt ist. Damit werden Entschließungen des Bundesrates und Bundestages umgesetzt
5. Maßnahmen im LNG-Beschleunigungsgesetz:
Im Fokus stehen Verfahrenserleichterungen, um eine möglichst große Gaseinspeisung an den Standorten Brunsbüttel, Wilhelmshaven und Lubmin in diesem Winter abzusichern.
6. Zusätzliche Erleichterungen für den Brennstoffwechsel (EnSiG):
Die Möglichkeit, per Rechtsverordnung für den Betrieb von Anlagen befristete Abweichungen oder Ausnahmen von den Vorgaben der Betriebssicherheitsverordnung treffen zu können, wird auf die Errichtung und die Änderung von Anlagen erweitert.
Zudem wird eine Regelung über die Inbetriebnahme von Überwachungsbedürftigen Anlagen zur Bewältigung einer Gasmangellage aufgenommen. Mit dieser Regelung wird – auf zwei Jahre befristet – die Möglichkeit geschaffen, dass überwachungsbedürftige Anlagen, die einer Erlaubnis durch die zuständige Behörde bedürfen und die wegen einer ernsten oder
erheblichen Gasmangellage errichtet oder geändert werden, abweichend von der Betriebssicherheitsverordnung zunächst ohne behördliche Erlaubnis betrieben werden können.
7. Baugesetzbuch:
Bis zum Ablauf des 31. Dezember 2024 wird die Einschränkung bei der Produktion von Biogas aufgehoben. Es werden zudem zwei Änderungen vorgenommen, um kurzfristig mehr Flächen für die Windenergie an Land verfügbar zu machen:
Eine gesetzliche Klarstellung zur sogenannten „isolierten Positivplanung“ schafft Anreize, mehr Rechtssicherheit und Flexibilität für die Kommunen, im Fall einer bestehenden Planung mit Ausschlusswirkung zusätzliche Flächen für die Windenergie an Land auszuweisen.
Zudem wird der Ausweisung von Windenergiegebieten im Entwurfsstadium eine positive Vorwirkung verliehen, sodass bereits auf dieser Grundlage Windenergieanlagen zugelassen werden können