Neue Kontakttechnologien Die Kunst liegt im Detail

Bild: iStock, Ugurhan Betin
24.10.2016

Elektromechanische Bauelemente wie Relais und Schalter werden kontinuierlich weiterentwickelt. Neue Designs machen sie langlebiger und schalten höhere Ströme in immer kleineren Gehäusen. Dabei wirken sich Form und Material von Kontakten auf die Leistung und Strombelastbarkeit aus.

Bei der Gestaltung neuer Elektromechanik- und Verbindungskomponenten spielen Design und Bauweise der Kontakte eine zentrale Rolle, auch wenn sie selten Gegenstand der Betrachtung sind. Obwohl augenscheinlich simpel, bestimmen Form, Layout, Design und Material dieser Kontakte auch grundlegend die Leistung, Strombelastbarkeit und Baugröße dieser neuen Komponenten.

Ein oft vernachlässigtes Detail auf dem Datenblatt ist das Kontaktmaterial, welches die Leistung eines Relais jedoch maßgeblich beeinflusst. Das Standard-Kontaktmaterial für Leistungsrelais ist Silber-Nickel (AgNi). Es ist härter als reines Silber und weist eine geringere Materialwanderung auf. Der höhere Schmelzpunkt hilft, eine Kontaktverschweißung bei höheren Strömen zu verhindern. Reines Silber hat einen geringeren Widerstand, allerdings wird es normalerweise nur für Signalrelais und andere Niedrigstrom-Anwendungen eingesetzt.

Für Applikationen mit mittleren bis hohen Eingangsströmen hingegen werden üblicherweise Silber-Zinn-Indium (AgSnIn) oder die kostengünstigere Alternative Silber-Zinnoxid (AgSnO2) Kontakte spezifiziert. Dieses Material ist verschweißfest und erlaubt dadurch ein Wiederöffnen der Kontakte nach hoher Einschaltstrombelastung. Zwillingskontakte stellen sicher, dass immer ein guter Kontakt zustande kommt. Ein Gleitmechanismus beim Zusammenlaufen zweier Kontakte entfernt nicht nur Staub und andere Verunreinigungen, sondern schaltet auch geräuschlos. Neue gekapselte ultrawinzige Subminiatur-Hebelschalter mit langem Hub wie der Omron D2AW sind mit Zwillingskontakten und einer Selbstreinigungsfunktion ausgestattet.

Kein unbeabsichtigtes Auslösen

Bei anderen Anwendungen ist die Haptik von Bedeutung: Eine Rückmeldung durch einen Klick bestätigt, dass der Schalter aktiviert wurde. In manchen Fällen ist eine Betätigungskraft wünschenswert, um ein unbeabsichtigtes Auslösen zu verhindern. Bei Schaltanwendungen mit hoher Auslastung – Aufzüge, Trennschalter, digitale Stifte und Laserpointer – kommt noch eine lange Betriebslebensdauer hinzu. Die für diese Anwendungen ausgelegten D2LS-Schalter von Omron mit silbernen Crossbar-Kontakten bieten eine Nennlebensdauer von mindestens fünf Millionen Schaltspielen. Sie können 300-mal pro Minute schalten und sind als Standard mit 0,6 oder 1,2 N verfügbar. Beide D2LS-Varianten erzeugen beim Schalten ein klares Klickgeräusch.

In Industriesteuerungen und Gebäudeautomatisierungssystemen kommt es auf den Platz an, selbst wenn hohe Ströme bis zu 5A geschaltet werden sollen. Für Kunden, die sowohl die Baugröße als auch die Leistungsaufnahme ihrer Produktdesigns reduzieren müssen, entwickelte Omron eine neue Crossbar-Zwillingskontakt-Architektur. Sie besitzt silbervernickelte und vergoldete Kontaktflächen und wurde im G6DN realisiert. Das kleinste Relaisdesign seiner Spezifikation auf dem Markt bietet auch die niedrigste Spulen-Leistungsaufnahme – gerade mal 110 mW. Hierdurch wird es effizient, da eine minimale Energie genügt, um das Relais zu schalten. Mit einer Breite von nur fünf mm (20 mm x 12,5 mm) eignet es sich für hochdichte Bestückung.

Erhöhte Schaltleistung

Umrichter, Roboter und industrielle Systeme verarbeiten noch höhere Ströme. Ein Problem dabei ist die Lichtbogenbildung: Der Strom fließt, wenn das Relais oder der Schalter sich zu öffnen beginnt, weiter über den Kontaktabstand hinweg. Die Lichtbogenbildung ist ein blitzschneller Vorgang, er kann die Lebensdauer eines Kontakts aber auf etwa 100.000 Schaltspiele verkürzen. Rein mechanisch könnten das Relais millionenfache Schaltspiele durchhalten. Ein Prellen des Kontakts während des Schließens verlängert die Lichtbogenbildung. Die neue Kontaktstruktur und Formgebung des bei 250 VAC und zehn A spezifizierten Omron G5Q-EL hält unter gleichen Bedingungen viermal so viel aus wie ein G5Q-Relais in der Standardausführung. Die weiterentwickelten Kontakte unterdrücken das Prellen und reduzieren die Lichtbogenbildung.

Bei hohen Eingangsströmen in Motoren und anderen induktiven oder kapazitiven Anwendungen ist es manchmal notwendig, das Relais überzuspezifizieren, um diese zu bewältigen. Mag etwa ein Motorschaltkreis mit nur 1 A Nennstrom schalten, tritt oft beim Einschalten kurz eine Stromspitze von 40 A auf. Dies kann die Lebensdauer des Relais verkürzen und, sollte es nicht dafür ausgelegt sein, es zerstören. Omron ersetzte die AgNi- durch AgSnIn-Kontakte und schuf ein kompaktes Bauteil für 1-A-Schaltkreise, das auch Eingangsströme von 40 A beim Kontaktschweißen unbeschadet übersteht.

Die Lichtbogenbildung ist auch ein Thema bei Elektrofahrzeugen und erneuerbaren Energiesystemen, bei denen hohe DC-Ströme von 15 bis 25 A bei 400 VDC unterbrochen werden müssen. Hier ist der Ansatz ein hocheffizienter Magnetschaltkreis zur Auslöschung des magnetischen Lichtbogens. Bei Lösungen für den Einsatz unter Standardbedingungen wie dem Omron G9EJ-1-E sorgt ein proprietäres Kontaktsteuerungssystem für eine erhöhte Widerstandsfähigkeit gegenüber Eingangsströmen.

Normalerweise werden monostabile Netzschutzrelais paarweise eingesetzt und der Stromverbrauch muss äußerst gering sein. Dennoch müssen sie unter Hot-Start-Bedingungen sehr schnell schalten können. Wünschenswerte Eigenschaften sind ein großer Kontaktabstand über drei Millimeter, um die Standards für Arbeitsspannung und Überspannung zu erfüllen. Omron erhöhte die Schaltleistung des für solche Anwendungen ausgelegten G7L-PV auf 280 VAC mit einer induktiven Last von 30 A, AC7a.

Weitere Modifikationen betreffen die Überarbeitung sowohl der stehenden als auch beweglichen Kontakte, ein leicht härteres Kontaktmaterial sowie eine stärkere Rückstellfeder. Auch der Austausch des Spulendrahts der Klasse B (130 °C) durch eine temperaturbeständigere Klasse F (155 °C) und ein verbessertes Spulengehäusematerial gehören zu den Änderungen. Damit weist G7L-PV eine der niedrigsten Stromaufnahmen seiner Klasse von 320 mW auf und schaltet in nur
30 Millisekunden.

Zuverlässiges EFC-Verfahren

Miniaturisierungsbestrebungen bei Steckverbindern erforderen hingegen eine völlig neue Fertigungstechnologie. Unter Galvanoformen (engl. electroforming, EFC) versteht man einen Metallumformungsprozess, bei dem ultradünne Metallkomponenten mittels der Galvanotechnik geformt werden. Sie erlaubt die präzise Fertigung extrem kleiner, dünner und fein strukturierter Kontakte und wurde bereits eingesetzt, um FPC- und Smartphonesteckverbinder, Schlitzscheiben für Drehgeber und Miniatur-Prüfspitzen für die Halbleiterwafer-Herstellung umzusetzen. Die mit EFC gegenüber mit Pressverfahren gefertigten Kontakte erwiesen sich dabei als zuverlässiger, leistungsstärker und noch weiter miniaturisierbar. So konnte bei einem FPC-Steckverbinder der Kontaktwiderstand um 30 Prozent von 44 auf 34 Milliohm gesenkt werden.

Bildergalerie

  • Der Subminiatur-Hebelschalter Omron D2AW mit langem Hub besitzt Zwillingskontakte und eine Selbstreinigungsfunktion.

    Der Subminiatur-Hebelschalter Omron D2AW mit langem Hub besitzt Zwillingskontakte und eine Selbstreinigungsfunktion.

    Bild: Omron

  • In Industriesteuerungen kommt der Omron G6DN mit Crossbar-Zwillingskontakt-Architektur und silbervernickelten und vergoldeten Kontaktflächen zum Einsatz.

    In Industriesteuerungen kommt der Omron G6DN mit Crossbar-Zwillingskontakt-Architektur und silbervernickelten und vergoldeten Kontaktflächen zum Einsatz.

    Bild: Omron

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