Die Übertragungsnetzbetreiber 50Hertz, Amprion, TenneT und TransnetBW haben die Erneuerbare Energiengesetz-Umlage (EEG) für 2016 veröffentlicht. Letztverbraucher müssen demnach im Jahr 2016 pro Kilowattstunde 6,354 Cent zur Förderung der erneuerbaren Energien im Stromsektor beitragen. Damit steigt die Umlage im Jahr 2016 um drei Prozent im Vergleich zum Vorjahr (EEG-Umlage 2015: 6,170 Cent pro Kilowattstunde).
In der Branche gehen die Meinungen über den Anstieg weit auseinander. So spricht die Bundesnetzagentur (BNetzA) von einem stabilen Niveau: „Mit der EEG-Reform 2014 ist es gelungen, die Kostendynamik der vergangenen Jahre zu durchbrechen. Stieg die Umlage zwischen 2012 und 2014 noch von 3,59 Cent pro Kilowattstunde auf 6,24 Cent pro Kilowattstunde deutlich an, hat sie sich seitdem stabilisiert“, so Jochen Homann, Präsident der Bundesnetzagentur. „Ein weiterer Grund hierfür ist, dass die Letztverbraucher von überschüssigen Umlagebeträgen profitieren, ähnlich wie bei einer Nebenkostenabrechnung am Ende des Jahres.“ Ein wichtiger Grund für die Stabilisierung der EEG-Umlage sei die positive Entwicklung auf dem EEG-Konto. Der Kontostand zum Stichtag 30. September beträgt laut BNetzA 2,5 Milliarden Euro. Dieser positive Saldo fließt senkend in die Berechnung der EEG-Umlage 2016 ein.
Kostenspirale dreht sich weiter
Von einer sich weiter drehenden Kostenspirale sprechen hingegen die Energieintensiven Industrien Deutschlands (EID). Sie bezeichnen die Erhöhung der EEG-Umlage für 2016 als eine schlechte Nachricht für den Standort Deutschland. Laut EID-Sprecher Utz Tillmann mache der erneute Anstieg der Umlage deutlich, dass die Bundesregierung die Kosten der Energiewende nicht in den Griff bekomme. Tillmann, auch Hauptgeschäftsführer des Verbandes der Chemischen Industrie (VCI),führte aus: „Trotz aller Reformen dreht sich die Kostenspirale beim EEG weiter. Noch immer gibt es keine wirksame Kostenbremse für den Ausbau der erneuerbaren Energien. Die große Mehrheit der nicht entlasteten Unternehmen ist damit einem stetig steigenden Wettbewerbsdruck ausgesetzt.“ Schon heute, so Tillmann, betrage die Belastung der EID-Branchen über zwei Milliarden Euro. Die Politik müsse dringend an einer Lösung arbeiten, um die Unternehmen nicht weiter zu belasten.
Kosten müssen gesenkt werden
Der Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau VDMA sieht in der Systemintegration, im Wettbewerb und in der zunehmenden Industrialisierung der Windenergie auch auf See Potenzial zur Kostendämpfung. Er verweist nachdrücklich auf den langfristigen Wert der erneuerbaren Energien. „Die Bürger bekommen einen Gegenwert in Form einer zukunftsfähigen, klimafreundlichen Energie-Infrastruktur und das entsprechende technische Know-how, was unsere Hersteller auf dem wachsenden Weltmarkt wettbewerbsfähig macht. Diesem Wert muss man bei der Debatte um die Höhe der EEG-Umlage mehr Beachtung schenken“, sagt Matthias Zelinger, energiepolitischer Sprecher des VDMA. „Trotzdem bleibt es aus Sicht des Maschinen- und Anlagenbaus eine zentrale Aufgabe des künftigen Energiesystems, die Kosten weiter zu senken. Bei der Windenergie an Land wie bei der Wasserkraft sind wir hier sehr weit. Bei Windenergie auf See wird sich die bei ausreichendem Volumen schnell weitergehende Industrialisierung stark bemerkbar machen.“
Staat ist der Preistreiber beim Strom
Mario Ohoven, Präsident des Bundesverbands mittelständische Wirtschaft (BVMW) erklärt zur Erhöhung der Umlage: „Der wahre Preistreiber beim Strom ist der Staat. Mit der EEG-Umlage steigt der staatlich verursachte Kostenanteil am Strompreis weiter. Bereits heute beträgt er mehr als die Hälfte des Endkundenpreises. Hohe Strompreise gefährden die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen. Die deutschen Industriestrompreise liegen heute schon deutlich über dem europäischen Durchschnitt. Im Vergleich zu Frankreich zum Beispiel zahlen unsere Betriebe rund 40 Prozent mehr. Es ist daher höchste Zeit, den Staatskostenanteil am Strompreis zu reduzieren. Das Ziel muss eine deutliche Senkung der Stromsteuer auf das von der EU vorgegebene Mindestmaß sein. Damit würde die Bundesregierung einen wesentlichen Beitrag zur Entlastung des Mittelstands und damit zur Sicherung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit des Standortes Deutschland leisten.“
Energiewende hat ihren Preis
Hans-Jörg Schmidt-Trenz, Hauptgeschäftsführer der Handelskammer Hamburg, sagt zur Bekanntgabe der Umlage für erneuerbare Energien 2016: „Die Energiewende hat ihren Preis und deshalb überrascht es mich nicht, dass die Erneuerbare-Energien-Gesetz-Umlage im Jahr 2016 wieder steigen wird. Dass die Erhöhung im Rahmen bleibt, ist in erster Linie der Novelle des EEG im vergangenen Jahr zu verdanken. Aber neben der wachsenden Produktion von regenerativer Energie und ihrer Subventionierung durch das EEG wird jetzt immer mehr die Integration dieser Energie in das Gesamtsystem zur Herausforderung. Aus Sicht der Hamburger Wirtschaft hat der Netzausbau dabei oberste Priorität. Die Hamburger Unternehmen stehen mit großer Mehrheit hinter der Energiewende: Sie beurteilen deren Auswirkungen auf ihre eigene Wettbewerbsfähigkeit in einer aktuellen Umfrage der Handelskammer auf einer Bewertungsskala von minus 100 bis plus 100 mit durchschnittlich plus 10,4; bundesweit liegt der Wert bei minus 3,4.“
Sinkende Börsenpreise sorgen für Anstieg der Ökostrom-Umlage
Ob sich der Anstieg der Umlage auch auf der Stromrechnung bemerkbar macht, hängt dem Vergleichsportal TopTarif zufolge von verschiedenen Faktoren ab. Die EGG-Umlage macht etwa ein Viertel des Strompreises aus. Ein weiteres Viertel verteilt sich auf die sogenannten Netzentgelte (NNE). Auch diese werden 2016 regional steigen: „Einige Netzbetreiber haben bereits Erhöhungen der Netzentgelte für das kommende Jahr angekündigt, sodass der Strompreis im kommenden Jahr wieder ansteigen könnte“, sagt Klaus Hufnagel, Geschäftsführer des Vergleichsportals TopTarif. Fest steht, dass die Entwicklung der Netzentgelte regional stark schwankt. Gerade in den neuen Bundesländern zahlen Verbraucher durchschnittlich höhere Entgelte. Hoffnung für Verbraucher machen die sinkenden Einkaufspreise für Strom. Denn der ist an der Leipziger Strombörse im Vergleich zum Vorjahr um etwa sieben Prozent günstiger. Allerdings ist noch unklar, ob Versorger die geringeren Preise auch an die Verbraucher weitergegeben: „Wir werden in den kommenden Wochen sehen, wie Versorger auf die Erhöhung der EEG-Umlage reagieren und wie sich die weiteren Preisbestandteile entwickeln. Dann wird klar sein, ob die Kosten für den Verbraucher im kommenden Jahr ansteigen“, so Hufnagel. Die sinkenden Börsenpreise sind gleichzeitig ein Grund für den Anstieg der Ökostrom-Umlage. Denn die Netzbetreiber müssen Besitzern von Anlagen, die Strom aus erneuerbaren Energien gewinnen, gesetzlich festgelegte Mindestvergütungen zahlen, die deutlich über den Einkaufspreisen liegen. So regelt es das Erneuerbare-Energien-Gesetz. Sinken die Strompreise an der Börse, steigt die Differenz, die die Netzbetreiber als Ausgleich zahlen müssen.
Weniger Stromverbrauch führt zu höherer EEG-Umlage
In einer Studie machte das Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung ISI eine Prognose über die Entwicklung des bundesweiten Letztverbrauchs für den Zeitraum von 2016 bis 2020. Die Untersuchung im Auftrag der deutschen Übertragungsnetzbetreiber analysierte darüber hinaus die im Erneuerbare-Energien-Gesetz festgelegten Umlagezahlungen zur Refinanzierung des Ausbaus regenerativer Energien. Die zentrale Erkenntnis ist, dass der Letztverbrauch bis 2016 auf etwa 460 Terawattstunden (TWh) absinkt, wobei der nicht-privilegierte Anteil, auf den die volle EEG-Umlage entrichtet werden muss, einen Rückgang auf etwa 356 TWh verzeichnen soll. In der Studie „Mittelfristprognose zur Deutschland-weiten Stromabgabe an Letztverbraucher für die Kalenderjahre 2016 bis 2020“ ermittelte das Fraunhofer ISI für 2016 den Letztverbrauch, auf den die Kosten durch die Refinanzierung der erneuerbaren Energien umgelegt werden. Wie Rainer Elsland, Leiter der Studie, unterstreicht, ist der darin ermittelte rückläufige Letztverbrauch auf ein Absinken des Nettostrombedarfs und den leichten Anstieg der Eigenversorgung zurückzuführen: „Für das Jahr 2016 prognostiziert unsere Untersuchung einen Rückgang des Nettostrombedarfs in Deutschland auf etwa 512 TWh, der insbesondere aus einer Effizienzsteigerung bei strombasierten Anwendungen und Prozessen resultiert. Auf der anderen Seite sehen wir einen Anstieg der Eigenversorgung auf etwa 52 TWh, beispielsweise durch die Installation von Photovoltaik-Anlagen in privaten Haushalten.“ Der Rückgang des voll-umlagepflichtigen Letztverbrauchsanteils führt in Kombination mit einem weiteren Kostenanstieg für den Ausbau der erneuerbaren Energien zu einer Erhöhung der EEG-Umlage für 2016 auf 6,354 Cent pro Kilowattstunde. Download der Studie „Mittelfristprognose zur Deutschland-weiten Stromabgabe an Letztverbraucher für die Kalenderjahre 2016 bis 2020“