Die Handelsblatt Jahrestagung „Energiewirtschaft“ vom 20. bis 22. Januar in Berlin sollte Entscheider aus Politik, Wirtschaft und Wissenschaft zusammenbringen, aber schon im Vorfeld machten zwei hochrangige Politiker Rückzieher: Sigmar Gabriel, Bundesminister für Wirtschaft und Energie, und Janusz Piechocinski, Wirtschaftsminister von Polen, sagten ihre Teilnahme aufgrund von Terminüberschneidungen ab.
Gabriels Interview und die Folgen
Zahlreich vertreten waren dagegen die Manager der Energieunternehmen, ob als Vortragende, in den Podien oder im Saal. Den Anfang machte Eon-Chef Dr. Johannes Teyssen (siehe Eon-Keynote Dr. Johannes Teyssen – Chiffre Energiewende).
Die Wogen, die der abwesende Minister Gabriel durch sein zur Tagung publiziertes Handelsblatt-Interview aufgeworfen hatte, versuchte sein Staatssekretär Rainer Baake am Nachmittag zu glätten (Strommarkt-Design – Streit um Kapazitätsmärkte).
Energiewende: Es steht nicht gut
„Es steht nicht wirklich gut um die Energiewende“ leitete Johannes Kempmann, Technischer Geschäftsführer der Städtischen Werke Magdeburg und BDEW-Präsident, seine recht kämpferischen Rede ein. Nach wie vor verkürze man die Diskussion auf das Thema Strom. Von der Kabinettssitzung am 3. Dezember seien vor allem Absichtserklärungen geblieben, von einer Umsetzung sei bisher nichts zu sehen. Auch vom 2-Grad-Kriterium habe er schon lange nichts mehr gehört.
Auf der Haben-Seite führte er immerhin die Novelle des EEG an, die Verpflichtung zur Direktvermarktung und die Ausbaukorridore für erneuerbare Energien. Auch die wettbewerbliche Ermittlung von Förderhöhen sei richtig angelegt, auch wenn man sich mehr wünschen könnte.
Jedenfalls müsse 2015 entschieden werden, denn „je mehr Wahlen anstehen, umso geringer die Entscheidungsfreudigkeit der Politiker“, und 2016 stehen wieder einige Landtagswahlen an, 2017 dann die Bundestagswahl.
Der „Patient“ Energiewende war auch Thema einer Studie der Managementberatung Oliver Wyman, die parallel auf der Handelsblatt-Jahrestagung diskutiert wurde, nachdem sie in einer eigenen Veranstaltung vorgestellt worden war.
Fracking, CCS und Klima-Aspekte
Dank Umweltministerin Dr. Barbara Hendricks gab immerhin wenigstens ein Bundesministerium der Veranstaltung mit seinem Spitzenpersonal die Ehre. „Es wird eine scharfe Begrenzung der Fracking-Möglichkeiten in Deutschland geben“, stellte sie in Aussicht. Fraglich sei indessen, ob Fracking eine ökonomische Zukunft hat, wenn – so interpretierte sie eine aktuelle Wirtschaftsmeldung – „sich arabische Länder überlegen, die Fracking-Firmen in die Knie zu zwingen“.
Carbon Capture and Storage (CCS) müsse man dagegen aus Klimagesichtspunkten ins Auge fassen, so die Ministerin, „da muss man sich ehrlich machen“. Ob das in Deutschland eine Option wird, sei allerdings fraglich.
Eine Lanze für die Technologie brach Prof. Dr. Ottmar Edenhofer, stellvertretender Direktor und Chefökonom des Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK), siehe CO2 und Temperaturanstieg – Es gibt keine „Erwärmungspause“. „Wir brauchen CCS, weil die Kohlevorräte gewaltig sind“, lautete sein Argument..
Jochen Homann (Bild ganz oben), der Präsident der Bundesnetzagentur, konnte immerhin am zweiten Tag mit seinem soeben im Wirtschaftsministerium übergebenen Evaluierungsbericht ein Ausrufezeichen für die klassische Energiebranche setzen (siehe BNetzA-Evaluierungsbericht – Homann empfiehlt Anreizregulierung 2.0).
Die Newcomer
Der dritte Tag stand dann im Zeichen von Newcomer-Firmen. So zeigte etwa Alex Laskey, Präsident und Gründer von Opower in Arlington (USA), wie sein Neuseeländischer Referenzkunde Mercury Energy mit proaktiver Information über die zu erwartenden Energiekosten der nächsten Stunden und Tage die Kunden des Energieversorgers zu etwa 5 Prozent Energieeinsparungen bei speziellen Ereignissen mit hohem Energieverbrauch bewegen konnte.
Parallel stiegen Kundenzufriedenheit um 3 Prozent, die Call-Center-Auslastung sank um 19 Prozent. Sein Fazit: Sogar reine Information, ohne finanzielle Anreize kann solche Verhaltensänderungen bewirken.
Eindrucksvoll im Reigen der unkonventionellen Energieunternehmen waren die Ausführungen von Mateo Jaramillo, Director des Powertrain Business Development von Tesla in Palo Alto (USA), der gleich klarmachte: „Tesla ist stärker in Energie involviert als die meisten wahrnehmen“. Der Hersteller von bislang rund 40.000 verkauften Elektroautos will in Kürze massiv in den Markt der stationären Batteriespeicher einsteigen.