Grünen Wasserstoff fördern In 6 Schritten zur Wasserstofferzeugung auf See

Für den Aufbau einer grünen Wasserstoffunion empfehlen die Offshore-Wind-H2-Achter-Akteure sechs Maßnahmen.

Bild: iStock, Petmal
08.06.2022

In einem gemeinsamen Agenda-Papier setzen sich acht Verbände und Netzwerke als „Offshore-Wind-H2-Achter“ für sechs Schritte ein, mit deren Hilfe die Wasserstofferzeugung auf See in Deutschland ermöglicht wird. Zentrale Ziele der Initiative: Den Beitrag dieser Technologie für die Dekarbonisierung der Industrie zu stärken und die Vielfalt der Bezugsquellen für heimisch gewonnenen „grünen“ Wasserstoff zu erhöhen.

„Die Wasserstofferzeugung auf See in der deutschen ausschließlichen Wirtschaftszone bietet großartige Chancen für den Ausbau der Elektrolyse-Kapazität für die Ziele der nationalen und europäischen Wasserstoffstrategie und für die Offshore-Windenergie-Entwicklung in Deutschland, wenn sie zu wirtschaftlichen Bedingungen ermöglicht wird. Wir brauchen jetzt ein Sprinter-Programm, um den internationalen Anschluss nicht zu verpassen“, so die Offshore-Wind-H2-Achter-Akteure.

Aufbau grüner Wasserstoffunion

Mit den sechs aufgeführten Maßnahmen kann der Aufbau einer Grünen Wasserstoffunion gelingen und so auch die grenzüberschreitende Kooperation mit den europäischen Nachbarstaaten gefestigt werden.

Die Erzeugung und die vorgelagerte industrielle Produktion im Inland und der Aufbau von Produktionsanlagen von Grünem Wasserstoff mit den europäischen Partnerstaaten bieten langfristige Beschäftigungsperspektiven für zu qualifizierende Fachkräfte. Der Aufbau einer Wasserstoffwirtschaft ist mit einem enormem Wachstumspotenzial für den deutschen Maschinenbau und die Wirtschaft insgesamt verbunden.

Der Offshore-Wind-H2-Achter empfiehlt daher sechs Maßnahmen:

1. Verpflichtendes Mengenziel für Grünen Wasserstoff beschließen und die entsprechenden Flächen bereitstellen

Das Ausbauziel für die Offshore-Wasserstofferzeugung sollte auf 10 GW bis 2035 in der Nationalen Wasserstoffstrategie und im Windenergie-auf-See-Gesetz (WindSeeG) verbindlich festgelegt werden, um einen stabilen Entwicklungspfad aufzuzeigen. Die bislang einzige vorgesehene Fläche in der Nordsee ist mit ihrem Potenzial von 300 MW bei weitem zu klein. Um einen Markthochlauf sowie die Erprobung verschiedener Konzepte im industriellen Maßstab zu ermöglichen, sind weitere Flächen notwendig.

Ideal sind küstenferne Flächen, die für Offshore-Windenergie geeignet sind, für die aber bis 2035 ein Stromanschluss zu kostenaufwändig wäre. So lassen sich nach Ansicht der Unterzeichnenden die Offshore-Windenergie-Potenziale realisieren. Den Prüfauftrag des Gesetzentwurfs für eine WindSeeG-Novelle für die naturverträgliche Erschließung eines zusätzlichen Potenzials von 4 bis 6 GW Windenergie auf See im „Entenschnabel“ der deutschen ausschließlichen Wirtschaftszone (AWZ) begrüßen die Organisationen.

Im Rahmen eines Sprinterprogramms für die Grüne Wasserstoffproduktion in Deutschland für 3 GW (2 GW Offshore plus 1 GW Onshore) schlagen die Unterzeichnenden Ausschreibungen für das 1. Quartal 2023 vor.

2. EU-rechtliche Vorgaben an den Strombezug für die Elektrolyse weit fassen

Um ausreichend Wasserstoff zu wettbewerbsfähigen Preisen produzieren zu können, müssen die Anforderungen an den Strombezug für die Elektrolyse möglichst weit gefasst werden. Die Vorgaben der Erneuerbare-Energien-Richtlinie (RED II) der Europäischen Union (EU) werden dem nicht gerecht. Die Begrenzung auf Neuanlagen führt zu einem erheblichen Kostenanstieg bei der Elektrolyse sowie dazu, bei gleicher Elektrolyseurleistung deutlich weniger Grünen Wasserstoff produzieren zu können. Die Bundesregierung sollte bei der Umsetzung der EU-Regeln deshalb auch ausgeförderte und ältere EE-Stromanlagen als zusätzlich betrachten.

3. Wasserstoff-Sammelpipelines in der Nordsee ermöglichen

Eine Wasserstoff-Sammelpipeline in der Nordsee kann nach gegenwärtigem Erkenntnisstand bei größeren Mengen offshore-produzierten Grünen Wasserstoffs vorteilhafte Bedingungen für den Transport des Grünen Wasserstoffs an Land bieten. Darüber hinaus werden beim jetzigen dynamischen Entwicklungsstand laufend neue Erkenntnisse im Sinne einer volkswirtschaftlichen Gesamtbetrachtung generiert.

Laut einer aktuellen Studie bietet eine Pipeline gerade bei größeren Entfernungen erhebliche Vorteile gegenüber einer See- und Landkabelverlegung mit Blick auf Zeitersparnis und Umweltverträglichkeit. Bei einer installierten Erzeugungsleistung von 10 GW wären für eine vergleichbare elektrische Leistung fünf Kabelsysteme erforderlich. „Die Raumordnung für einen effizienten Trassenverlauf muss dafür zwingend angepasst werden. Insofern begrüßen wir den Ansatz im Entwurf der WindSeeG-Novelle, wonach Sammelpipelines aus sonstigen Energiegewinnungsbereichen bisher vorgesehenen Gleichstromtrassen gleichgestellt werden“, so die Organisationen.

4. Erzeugung von Grünem Wasserstoff wirtschaftlich machen

Noch ist Grüner Wasserstoff nicht wettbewerbsfähig gegenüber Wasserstoff, der aus fossilen Brennstoffen hergestellt wird. Die Entwicklung eines wettbewerblichen Marktdesigns für Offshore-Wind-Wasserstoff ist daher ein erforderlicher Schritt zum Ausgleich von Kostendifferenzen. Ein Programm zur Unterstützung des Markthochlaufs einer deutschen Wasserstoffindustrie und einer Grünen Wasserstoffproduktion sollte ein nachhaltiges Fördervolumen von mindestens zehn Milliarden Euro umfassen. Dieses Programm untermauert die Klimaziele und die Energieversorgung gleichermaßen.

Das Förderkonzept soll auf der geprüften EU-konformen marktnahen Systematik von H2Global aufbauen und zunächst mindestens 2 GW Elektrolyseleistung unterstützen. Analog zum bisher importorientieren H2Global-Programm für die heimische Erzeugung sollten Carbon Contracts for Difference die Möglichkeit bieten, die Abnahmebereitschaft für Grünen Wasserstoff anzureizen.

5. Ausbildungs- und Beschäftigungsprogramm starten

Der Fachkräftemangel verschärft sich auch in der Offshore-Windbranche und allen anderen Bereichen der Energiewende. Der Ausbau der Windenergie auf See und der Aufbau einer Grünen Wasserstoffwirtschaft ist auf gut ausgebildete Fachkräfte angewiesen. Die Unterzeichnenden fordern daher, die Erfordernisse der Energiewende von der schulischen, beruflichen und akademischen Bildung den Anforderungen entsprechend anzupassen.

Dazu gehört eine starke Förderung von Frauen in sogenannten technischen Berufen. Zudem müssen die Rahmenbedingungen für Arbeitnehmer in Deutschland im globalen Wettbewerb konkurrenzfähig sein, um nach wie vor für qualifiziertes Personal attraktiv zu sein. Der Wettbewerb um diese Fachkräfte nimmt schon heute richtig Fahrt auf.

6. Wasserstoff-Partnerschaft zwischen Politik und Wirtschaft bilden

Die unterzeichnenden Organisationen setzen sich für eine Partnerschaft von Politik und Wirtschaft ein, um zügig und effektiv an notwendigen Weichenstellungen moderierend und übergreifend mitzuwirken, den Ausbau der erneuerbaren Energien gemeinsam mit Grünem Wasserstoff insbesondere auf See zu beschleunigen. Dafür steht der „Offshore-Wind-H2-Achter“, eine 2021 gegründete Verbundinitiative der unterzeichnenden Akteure.

Zu den Unterzeichnern des Papiers zählen der AquaVentus Förderverein, der Bundesverband Windenergie Offshore, der Deutsche Wasserstoff- und Brennstoffzellen-Verband, der Förderverein des Clusters Erneuerbare Energien Hamburg, die Netzwerkagentur Erneuerbare Energien Schleswig-Holstein (EE.SH.), die IG Metall, die Stiftung Offshore-Windenergie sowie der Wind-Wasserstoffverband und das Innovationscluster WAB.

Bildergalerie

  • Überreichung des Appells „Partnerschaft für eine klimaschützende Wasserstoff-Produktion aus Offshore-Windenergie“ auf der Hannover Messe an Andreas Rimkus MdB, Wasserstoff-Beauftragter der SPD-Fraktion (im Foto links) durch WAB-Geschäftsführerin Heike Winkler, DWV-Vorstandsvorsitzender Werner Diwald und Jörg Singer, 1. Vorsitzender des AquaVentus

    Überreichung des Appells „Partnerschaft für eine klimaschützende Wasserstoff-Produktion aus Offshore-Windenergie“ auf der Hannover Messe an Andreas Rimkus MdB, Wasserstoff-Beauftragter der SPD-Fraktion (im Foto links) durch WAB-Geschäftsführerin Heike Winkler, DWV-Vorstandsvorsitzender Werner Diwald und Jörg Singer, 1. Vorsitzender des AquaVentus

    Bild: WAB

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