Hochleitender als auch hochisolierender Zustand Ladung bewegt sich in zweischichtigem Graphen wie Licht

Künstlerische Darstellung beweglicher Ladungen in natürlich vorkommendem zweischichtigem Graphen.

Bild: Lukas Kroll
15.04.2024

Ein internationales Forschungsteam unter der Leitung der Universität Göttingen hat erstmals experimentell nachgewiesen, dass sich Elektronen in natürlich vorkommendem zweischichtigem Graphen wie Teilchen ohne Masse bewegen, so wie sich auch Licht bewegt. Außerdem konnten die Wissenschaftler zeigen, dass der Strom ein- und ausgeschaltet werden kann, was das Potenzial für die Entwicklung winziger, energieeffizienter Transistoren birgt – wie der Lichtschalter im Haus, aber im Nanomaßstab. Das Massachusetts Institute of Technology (MIT) in den USA und das National Institute for Materials Science (NIMS) in Japan waren ebenfalls an der Forschung beteiligt.

Graphen wurde 2004 entdeckt und besteht aus einer einzigen Schicht von Kohlenstoffatomen. Neben seinen vielen ungewöhnlichen Eigenschaften ist Graphen für seine außerordentlich hohe elektrische Leitfähigkeit bekannt, die auf die hohe und konstante Geschwindigkeit der Elektronen zurückzuführen ist, die sich durch dieses Material bewegen. Diese einzigartige Eigenschaft hat Wissenschaftler davon träumen lassen, Graphen für viel schnellere und energieeffizientere Transistoren zu verwenden.

Die Herausforderung bestand bislang darin, dass für die Herstellung eines Transistors das Material so gesteuert werden muss, dass es neben seinem hochleitenden Zustand auch einen hochisolierenden Zustand aufweist. In Graphen lässt sich ein solcher „Schalter“ für die Geschwindigkeit der Ladungsträger jedoch nicht ohne Weiteres realisieren. Tatsächlich hat Graphen normalerweise keinen isolierenden Zustand, was sein Potenzial als Transistor einschränkt.

Das Team der Universität Göttingen hat nun herausgefunden, dass zwei Graphenschichten, wie sie in der natürlich vorkommenden Form von doppellagigem Graphen zu finden sind, das Beste aus beiden Welten vereinen: eine Struktur, die die erstaunlich schnelle Bewegung von Elektronen unterstützt, die sich wie Licht bewegen, als hätten sie keine Masse, zusätzlich zu einem – bereits bekannten – isolierenden Zustand.

Anlegen eines elektrischen Feldes

Die Forschenden zeigten, dass dieser Zustand durch das Anlegen eines elektrischen Feldes, das senkrecht auf das Material einwirkt, verändert werden kann, wodurch das zweischichtige Graphen isolierend wird. Diese Eigenschaft der sich schnell bewegenden Elektronen war bereits 2009 theoretisch vorhergesagt worden, aber es bedurfte einer deutlich verbesserten Probenqualität, wie sie die vom NIMS gelieferten Materialien ermöglichten, und einer engen theoretischen Zusammenarbeit mit dem MIT, bevor sich dies experimentell nachweisen ließ. Obwohl die Experimente bei kryogenen Temperaturen – bei etwa 273 °C unter dem Gefrierpunkt – durchgeführt wurden, zeigen sie das Potenzial von zweischichtigem Graphen für die Herstellung hocheffizienter Transistoren.

„Die Theorie war uns bereits bekannt, doch nun haben unsere Experimente die lichtähnliche Bewegung der Elektronen in zweischichtigem Graphen tatsächlich gezeigt. Das war ein sehr spannender Moment für das gesamte Team“, sagt Prof. Dr. Thomas Weitz vom I. Physikalischen Institut der Universität Göttingen. Erstautorin Dr. Anna Seiler, Postdoktorandin am Institut, fügt hinzu: „Unsere Arbeit ist ein erster Schritt, aber ein entscheidender. Der nächste Schritt für Forscherinnen und Forscher wird sein, herauszufinden, ob zweischichtiges Graphen tatsächlich Transistoren verbessern kann, oder das Potenzial dieses Effekts in anderen Anwendungsgebieten zu untersuchen.“

Bildergalerie

  • Prof. Dr. Thomas Weitz vom I. Physikalischen Institut der Universität Göttingen

    Prof. Dr. Thomas Weitz vom I. Physikalischen Institut der Universität Göttingen

    Bild: Prof. Dr. Thomas Weitz

  • Dr. Anna Seiler, Erstautorin und Postdoktorandin am I. Physikalischen Institut der Universität Göttingen

    Dr. Anna Seiler, Erstautorin und Postdoktorandin am I. Physikalischen Institut der Universität Göttingen

    Bild: Christian Eckel

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