Eine besondere Bedeutung für die Umweltverträglichkeit der Energieversorgung schrieb das Energiewirtschaftsgesetz der Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) bereits im Jahr 1998 zu. Doch obwohl sie seit jeher als wichtiger Pfeiler der Klimaschutzziele gilt, hatte die Effizienztechnologie in der Vergangenheit mit Diskriminierung gegenüber Kohle und Kernenergie zu kämpfen und befeuerte Diskussionen um Quoten und Förderungen.
Damit polarisierte KWK schon, bevor das erste KWK-Gesetz (KWKG) im Jahr 2002 in Kraft getreten war. Dennoch: „Kraft-Wärme-Kopplung hat sich in den letzten Jahren zur festen Größe auf dem Energiemarkt etabliert – vom Mini-BHKW für das Eigenheim bis hin zu Großanlagen für Kommunen und Industrie“, erläutert Robert Hienz, Vorsitzender der Geschäftsführung bei Eon Energie Deutschland (siehe Interview auf Seite 16), seine Sicht auf KWK.
Unschlagbar effizient
Zudem ist KWK technisch seit Jahren ausgereift und problemlos in der Lage, große Effizienzpotenziale zu heben – so lautete 2014 die Einschätzung des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie (BMWi) in einem KWK-Gutachten zu Status quo und Perspektiven. Das Gesamtpotenzial für die KWK-Stromerzeugung beträgt demnach je nach Betrachtung zwischen etwa 170 und 240 TWh pro Jahr. Dies, so schätzte das BMWi damals, könne mittelfristig bis 2030 gehoben werden. Technisch sei der größte Teil der KWK schon heute in der Lage, flexibel auf Strommarktsignale zu reagieren, hieß es in dem Gutachten weiter. Zudem bieten große KWK-Anlagen im Megawatt-Bereich und gebündelte kleinere Anlagen schon seit Jahrzehnten Regelenergie an.
Dennoch blieb ein Paradigmenwechsel zugunsten der KWK bisher aus und der Markt übt sich in Zurückhaltung. Grund dafür ist auch das derzeit gültige KWK-Gesetz, das am 1. Januar 2017 in Kraft getreten ist. Das darin von der Regierung erwartete nominelle Ausbauziel ist weit von der Schätzung aus dem Jahr 2014 entfernt: 110 TWh pro Jahr sollen es bis 2020 sein und 120 TWh im Jahr 2025. Die Gesetzesnovelle von 2012 sah noch einen 25-prozentigen KWK-Anteil an der Gesamtstromerzeugung Deutschlands bis zum Jahr 2020 vor.
Diese und weitere Neuerungen gehen nicht spurlos am Markt vorbei: „Aus den Gesprächen mit Kunden – insbesondere Unternehmen – nehmen wir tatsächlich eine gewisse Verunsicherung war“, berichtet Robert Hienz. Deshalb muss Eon, das auch KWK-Lösungen anbietet, bei Gesprächen jetzt noch stärker als zuvor den Schwerpunkt auf die Beratung legen, die immer Teil des Gesamtpakets ist. Wie wichtig das ist, zeigt allein die Zahl der Paragraphen, die im Vergleich zum KWKG 2012 von 30 auf 37 gestiegen ist. „Die neuerlichen KWKG-Änderungen betreffen insbesondere die Zuschlagshöhe sowie die Unterscheidung von Eigenversorgung und Netzeinspeisung“, zählt Robert Hienzen nur einige Neuerungen auf.
Darüber hinaus sieht das KWKG 2016 eine Ausschreibungspflicht für neue oder modernisierte KWK-Anlagen mit einer elektrischen Leistung zwischen einem und 50 Megawatt vor. Voraussetzung dafür ist, dass der gesamte Strom, der in der KWK-Anlage erzeugt wird, in ein Netz der allgemeinen Versorgung eingespeist werden muss. „Das ist eine wesentliche Veränderung und betrifft viele Kunden im industriellen Bereich“, erläutert Hienz. Bei ihnen führe die Neuerung schnell zu so großer Verunsicherung, so dass angedachte Projekte schnell wieder fallengelassen werden.
Offenheit und Mut zum Umdenken sind gefragt
Doch Robert Hienz findet beruhigende Worte: „Es lässt sich für jedes Unternehmen die richtige und individuelle Antwort finden“, sagt er. Je nach Situation kann diese unterschiedlich ausfallen. So erhalten KWK-Anlagenbetreiber zwar nur dann Zuschlagzahlungen für KWK-Strom, wenn sie in ein Netz der öffentlichen Versorgung einspeisen. Doch es gelten auch Ausnahmen, etwa für KWK-Anlagen bis 100 kWel, für die Einspeisung etwa in Kundenanlagen oder für den Eigenverbrauch bei stromkostenintensiven Industriebetrieben.
Zudem gilt: Je effizienter, desto lohnenswerter: Gefördert werden hocheffiziente KWK-Anlagen, die gegenüber der getrennten Bereitstellung von Strom und Wärme 10 Prozent Primärenergie einsparen. Hocheffiziente Anlagen sind darüber hinaus vorrangig und unverzüglich vom Netzbetreiber anzuschließen und ihr Strom genießt Einspeisevorrang. Damit sind diese Anlagen gleichgestellt mit EE-Anlagen. Auch bei der Modernisierung ist mit einer Vergütung zu rechnen, wenn Anlagenteile erneuert werden, welche die Effizienz erhöhen oder die Anlage nach der Modernisierung effizienter ist.
Auch der Betrieb eines Wärmespeichers kann sich lohnen, wenn dieser zu mindestens 25 Prozent mit industrieller Abwärme befüllt wird. Dennoch steht die Frage im Raum, ob sich KWK unter den neuen Bedingungen noch lohnt oder sich die Suche nach nachhaltigen und effizienten Energiekonzepten eher auf Alternativen wie Wärmepumpen oder Solarenergie konzentrieren sollte. Deshalb empfiehlt er: „Lassen Sie sich vorher von einem Energiepartner beraten! Es gibt weder ein Patentrezept noch eine Einheitslösung für alle.“
Damit spricht er aber nicht nur jene Kunden an, die gerade erst damit beginnen, über nachhaltige Versorgungskonzepte nachzudenken. Auch für alle Kunden und Unternehmen, die trotz der Gesetzesänderung über eine Modernisierung ihrer Anlage oder einen Neubau nachdenken, seien offene und transparente Gespräche über die beabsichtigten Ziele und den Bedarf des Kunden besonders wichtig. Nur so lässt sich erfassen, welche Prioritäten der Kunde setzt, beispielsweise mit Blick auf Wirtschaftlichkeit oder Nachhaltigkeit. Erst danach entscheide sich, welche Lösung individuell, passgenau und wertsteigernd für den Kunden ist.
KWK lohnt sich auch im Wettbewerb mit EE
Es empfiehlt sich also, technologieoffen zu planen. Denn ein Allheilmittel für die Herausforderungen, vor denen das Energiesystem nach wie vor steht, ist auch KWK nicht. Sie leistet aber etwas, das erneuerbare Energien noch straucheln lässt: Die Flexibilisierung der Energieerzeugung.
Damit ist KWK genau der Partner, den die Erneuerbaren auf ihrem Weg in die Zukunft brauchen. „Trotz vergleichsweise moderater Ausbauziele bleibt KWK eine wichtige Brückentechnologie auf dem Weg in das emissionsarme Energiesystem der Zukunft“, ist sich auch Robert Hienz sicher.