Dicht an dicht stehende Wellblechhütten, direkt daneben Müllberge und stehende Abwässer, in denen sich Krankheitskeime schnell vermehren können, Slums, in denen Tausende von Menschen eng nebeneinander leben, gibt es in vielen Gegenden der Welt. Rund die Hälfte der Weltbevölkerung lebt nach wie vor ohne Kanalisationsanschluss und stetig entstehen neue städtische Flächen ohne geordnete Entwässerung. Dabei haben sich die Vereinten Nationen in ihren Nachhaltigkeitszielen zum Ziel gesetzt, den Zugang zu sauberem Wasser und sanitären Anlagen für alle Menschen zu ermöglichen. Allerdings braucht es dafür eine entsprechende Infrastruktur.
Die Planung solcher Kanalnetze für Schmutz-, Regen- oder Mischwasser ist mit hohem Aufwand verbunden und bedarf einer großen Expertise. „Verschiedene Parameter wie Layout, der Grad der De- oder Zentralisierung, die Kanaldurchmesser und das Gefälle, die Verlegetiefen, die Pump- und Speicheranlagen spielen eine Rolle“, sagt Timo Dilly vom Gründerteam.
Neue Software zur Planung von Entwässerungssystemen
Eine Software mit dem Namen Ziggurat, mit der sich städtische Entwässerungssysteme automatisch nachhaltig planen lassen, entwickelt das Team um Dilly von der RPTU in Kaiserslautern derzeit. „Sie basiert unter anderem auf der Verknüpfung einer Vielzahl allgemein gültiger technischer Regeln der Tiefbauplanung und mathematischer Methoden, mit denen sich sinnvolle Lösungsvarianten generieren lassen“, fährt Dilly fort. „Dafür haben wir eigene Algorithmen entwickelt. All dies beruht auf aktuellen Erkenntnissen aus eigenen Forschungsarbeiten in der Siedlungsentwässerung und Hydroinformatik.“
Bei den Planungen solcher Entwässerungssysteme spielt auch der Klimawandel eine Rolle, wie Dilly erläutert: „Der Umgang mit Regenwasser muss komplett neu gedacht werden, wenn man sich zunehmende Wetterextreme vor Augen führt. Wir brauchen Möglichkeiten, um Regenwasser zu speichern, aber auch naturnahe Elemente wie ausreichend Grünflächen. Dadurch lässt sich in heißen Sommermonaten das Stadtklima verbessern.“
In diesem Zusammenhang spricht man auch von blau-grüner Infrastruktur, die bei der Planung neuer Siedlungsentwässerungssysteme von immer größerer Bedeutung ist und auch bei Ziggurat eingeplant ist. „Mit diesen Maßnahmen erhöhen Städte die Resilienz gegenüber Extremen, senken Kosten und reduzieren negative Auswirkungen auf die Umwelt“, betont der Gründer. In diesem Punkt eignet sich die Software auch für hiesige Städte und Gemeinden, die ihre Entwässerungssysteme künftig anpassen wollen.
Ziggurat wird von jungem Unternehmen entwickelt
Am jungen Unternehmen mit dem Namen Sustainable Water Infrastructure Solutions beteiligt sind neben Dilly seine Kollegen Dr. Amin E. Bakhshipour, Professor Dr. Ulrich Dittmer und Ralf Habermehl aus dem Lehrgebiet Siedlungswasserwirtschaft an der RPTU in Kaiserslautern. Unterstützt werden sie von Marius Lauer, der betriebswirtschaftliche Kenntnisse miteinbringt.
Ihre Software Ziggurat möchten sie in Zukunft in einer Online-Plattform zur Verfügung stellen, auf der sich Interessierte einen kostenpflichtigen Account erstellen können. Das Team aus Kaiserslautern stellt neben der Software auch seine Expertise zur Verfügung und bietet etwa Unterstützung bei der Planung an.
Bei seinem Weg in die Selbstständigkeit wird das Unternehmen mit einem „Exist-Gründerstipendium“ des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz und dem Europäischen Sozialfonds zur „Existenzgründung aus der Wissenschaft“ gefördert.
Auf der Hannover Messe stellen die Gründer ihre Software am rheinland-pfälzischen Gemeinschaftsstand „Forschung und Innovation Rheinland-Pfalz“ vor.