Winzige magnetische Wirbel, die auch als Skyrmionen bezeichnet werden, sorgen seit rund zwanzig Jahren in der Fachwelt für Aufsehen. Im Gegensatz zu anderen typischen Anregungen, die in magnetischen Systemen auftreten, sind Skyrmionen und Hopfionen aufgrund ihrer sogenannten topologischen Eigenschaften sehr stabil. Sie verhalten sich ähnlich wie gewöhnliche Teilchen, sind räumlich lokalisierbar und können unter dem Einfluss äußerer Kräfte bewegen und miteinander interagieren.
Skyrmionen sind zweidimensional. Im Innern eines Kristalls stapeln sie sich zu einer Art Faden übereinander, der sich von einem Ende des Kristalls bis zum anderen zieht. Die nun nachgewiesenen Hopfionen sind dagegen kompakte, dreidimensionale Gebilde, bei denen sich Skyrmionenfäden zu winzigen Schleifen oder Knoten zusammenschließen. Obwohl ihre Existenz bereits vor Jahrzehnten vorhergesagt wurde, konnten sie bis jetzt nur theoretisch behandelt werden.
Die am Forschungszentrum Jülich durchgeführten Experimente haben nun erstmals gezeigt, dass Hopfionen tatsächlich in einem magnetischen Material vorkommen und de facto an Skyrmionenfäden gekoppelt sind. Die Hopfionenringe umschließen die Skyrmionenfäden wie ein Ring an einem Finger.
Im Ergebnis entsteht so ein äußerst flexibles Gebilde. Entlang der Fäden können sich die Hopfionenringe leicht auf und ab – oder gemeinsam mit diesen in jede räumliche Richtung bewegen, was sie zu vielversprechenden Kandidaten für unterschiedlichste zukünftige Computertechnologien macht.
„Komplexeste jemals entdeckte Magnetstruktur“
„Dieses Projekt war von Anfang an eine Herausforderung. Wir mussten die richtige Größe und Form für die Proben finden, und dann Hunderte von Stunden am Mikroskop verbringen, um verschiedene Ansätze zur Anregung des Systems untersuchen, um die Hopfionenringe tatsächlich zu erzeugen“, erklärt Fengshan Zheng, der Erstautor der Veröffentlichung. Der Juniorprofessor an der South China University of Technology in Guangzhou hat den Großteil der Forschungsarbeit am Ernst Ruska-Centre for Microscopy and Spectroscopy with Electrons (ER-C) am Forschungszentrum Jülich durchgeführt.
„Die von uns gefundenen Hopfionenringe sind möglicherweise die komplexeste Struktur, die jemals experimentell in dreidimensionalen magnetischen Kristallen beobachtet wurde. Sowohl das physikalische Phänomen selbst als auch die mathematische Eleganz der dahinterstehenden Theorie sind äußerst faszinierend“, betont Dr. Nikolai Kiselev vom Jülicher Peter Grünberg Institut (PGI-1).
„Es handelt sich hier nicht um einen zufälligen Fund. Wir können Hopfionen nach dem von uns entwickelten Protokoll jederzeit erzeugen. Ich bin überzeugt, dass diese Arbeit neue Möglichkeiten für die Entwicklung zukünftiger Datenspeicher und neuromorpher Computer eröffnet“, fügt Prof. Stefan Blügel, Direktor des PGI-1, hinzu.
„Die Entdeckung von Hopfionenringen in magnetischen Materialien ist ein wesentliches Ergebnis des Projekts 3D-MAGiC, für das Stefan Blügel und ich zusammen mit zwei Kollegen im Jahr 2019 einen ERC Synergy Grant vom European Research Council erhalten haben“, betont Prof. Rafal Dunin-Borkowski, Direktor am Ernst Ruska-Centre für Mikroskopie und Spektroskopie mit Elektronen (ER-C) in Jülich.
Nur wenige zehn Nanometer große Struktur
Die Existenz von Hopfionen-Ringen ergibt sich aus den Gesetzen der Quantenmechanik und des Elektromagnetismus. Entsprechende Computersimulationen bestätigten das beobachtete Phänomen und lieferten den Wissenschaftlern zudem eine Erklärung dafür, warum sie die Hopfionen-Ringe in dem Probematerial nur in Verbindung mit Skyrmionen-Strängen beobachten konnten.
Diese stabilisieren die Hopfionen offenbar und schützen sie vor dem Zusammenbruch. Koautor Dr. Filipp Rybakov von der Universität Uppsala in Schweden konnte in einer theoretischen Analyse zudem eine Verbindung der beobachteten Phänomene mit der sehr fundamentalen mathematischen Theorie der sogenannten Homotopiegruppen aufzeigen.
Die Hopfionen, die die Forscher in den Experimenten am Forschungszentrum Jülich entdeckten, haben einen Durchmesser von weniger als zehn Nanometern. Sie wurden in einem Plättchen nachgewiesen, das eine Kantenlänge von einem Mikrometer aufweist. Das Plättchen wurde aus einem größeren, qualitativ hochwertigen Eisen-Germanium-Einkristall geschnitten, der von Haifeng Du am High Magnetic Field Laboratory in China hergestellt wurde.
Solche Kristalle gehören zur Klasse der sogenannten chiralen Magnete. Die magnetischen Momente sind darin nicht wie üblich gleichmäßig, sondern entlang einer Achse spiralförmig angeordnet. Die Wissenschaftler gehen aufgrund von Modellrechnungen davon aus, dass die beobachteten magnetischen 3D-Strukturen nicht nur in Eisen-Germanium, sondern in allen chiralen Magneten auftreten.