Der Energiebedarf wächst – und mit ihm die Herausforderungen für die Infrastruktur, vor denen nahezu jede Industriegesellschaft steht. Der Ansatz, immer mehr Energie aus erneuerbaren Quellen zu gewinnen, gelingt nur durch den Ausbau und die Ertüchtigung der Stromnetze. Bei allen Maßnahmen zur Umsetzung der Energiewende bedarf neben Umweltverträglichkeit und Wirtschaftlichkeit auch die Versorgungssicherheit besonderer Aufmerksamkeit. Denn Versorgungslücken ziehen schnell volkswirtschaftliche Schäden nach sich. Diese Entwicklung stellt zwangsläufig höhere Anforderungen an die Technik, vor allem in den Verteilnetzstrukturen, wo 90 Prozent der Energiewende stattfinden. Der künftige Netzbetrieb muss Herausforderungen wie multidirektionale Energieflüsse, volatile und dezentrale Erzeugung sowie den steigenden Anteil sensibler IKT-Komponenten bewältigen.
Komplexität steigert den Schutzbedarf
Je komplexer die Energielandschaft, desto größer die Gefahr durch Blitz- und Überspannungsschäden an elektronischen Einrichtungen. Hier hilft ein umfassendes Gesamtschutzsystem, das eine hohe Anlagenverfügbarkeit sowie einen sicheren und störungsfreien Betrieb ermöglicht. Besonders schützenswert sind die Ortsnetzstationen (ONS) als wichtiges Bindeglied an der Nahtstelle zwischen Mittel- und Niederspannung. Noch empfindlicher sind die intelligenten Ortsnetzstationen: Sie verfügen über fernbedienbare Lasttrenn- oder Leistungsschalter auf der Mittelspannungsebene, regelbare Ortsnetztransformatoren, Fernwirktechnik oder Kommunikations- und Steuereinrichtungen.
Ein passendes Blitz- und Überspannungsschutzkonzept setzt zunächst eine Risikoabschätzung des lokalen Bedrohungspotenzials voraus. Diese sollte fallspezifisch beurteilt und analysiert werden. Dazu gehört etwa die tatsächliche Gewitteraktivität im jeweiligen Versorgungsgebiet, über die den Netzbetreibern in der Regel langjährige Erfahrungswerte vorliegen. Zusätzlich können Richtwerte über die regional unterschiedlichen Einschlagdichten aus der Karte der Blitzdichte gemäß DIN EN 62305-2, Beiblatt 1, entnommen werden. Das Risiko eines direkten Blitzeinschlags ist bei einer typischen intelligenten Ortsnetzstation aufgrund der kleinen Bauweise gering – wenn eine geschlossene Bebauung vorliegt. Für freistehende oder exponierte Stationen ist das Risiko individuell zu prüfen und zu bewerten. Leitungsgebundene Störimpulse können in die Netzstation sowohl über die Oberspannungs- als auch über die Unterspannungsseite übertragen werden. Dies ergeben theoretische Betrachtungen aber auch die praktischen Erfahrungen von Netzbetreibern, die eine Übereinstimmung von bis zu sechs direkten Blitzeinschlägen pro Jahr und 100 Kilometer Freileitungslänge gezeigt haben. Liegen zweidrahtgebundene Kommunikationsschnittstellen vor, ergibt sich ein weiterer Kopplungspfad, den es zu schützen gilt.
Komplettschutz zum Nachrüsten
Je nach Bedrohungspotenzial eignet sich ein Komplettsystem für Mess-, Regelungs-, Steuerungs- und Fernwirktechnik, wie Wago es anbietet. Die Lösung ist in einem Gehäuse untergebracht und für den direkten Einbau in intelligenten Ortsnetzstationen geeignet. Damit lassen sich Netzanalysen durchführen und elektronische Zähler, Kurzschlussanzeiger sowie Kommunikationsgeräte integrieren. Die geforderte Anlagenverfügbarkeit stellen Ableiter sicher, die das kompakte System vor Überspannung schützen. Dazu gehören Überspannungs-Ableiter für die Energietechnik sowie solche Ableiter, die speziell für Wireless-Applikationen zugeschnitten sind.
Für einen umfassenden Schutz der Elektronikkomponenten in intelligenten Netzen müssen alle Kopplungssysteme betrachtet, bewertet und mit passenden Ableitern beschaltet werden. Im Gegensatz zu Gebäudeinstallationen unterstützt die Erdung des Trafosternpunktes unmittelbar am Betrachtungsort den Schutz der Sekundärtechnik in einer intelligenten Ortsnetzstation. Mögliche Störimpulse auf der Niederspannungsseite des Systems fließen über den niederimpedant geerdeten Trafosternpunkt gut ab. Solche Technik und Lösungen lassen sich nicht nur theoretisch betrachten und auslegen, sondern können als Gesamtsystem einem Praxisest unterzogen werden, etwa im Prüflabor von Dehn.
So entstehen Bauteilschäden
Oft hinterlassen Zerstörungen an elektronischen Bauteilen kaum Spuren, verursachen aber lang andauernde Betriebsunterbrechungen, Folgeschäden, Kosten oder werfen gar Haftungsfragen auf. Ursachen für Schäden sind häufig direkte und indirekte Blitzeinschläge, Schalthandlungen, Erd- und Kurzschlüsse oder das Auslösen von Sicherungen. Der Gefährdungsradius um den Blitzeinschlagort und die schadhafte Auswirkung kann mehr als zwei Kilometer betragen.