Hocheffizient und preiswert in der Herstellung – Perowskit-Solarzellen sorgten in den letzten Jahren immer wieder für Überraschungen. Wissenschaftler des Forschungszentrums Jülich sind nun mithilfe einer neuen Photolumineszenz-Messtechnik auf eine weitere Besonderheit gestoßen. Denn auch der Verlust von Ladungsträgern folgt bei diesem Zelltyp anderen physikalischen Gesetzmäßigkeiten, als man es von den meisten Halbleitern her kennt. Womöglich ist dies ein wesentlicher Grund für den hohen Wirkungsgrad.
Hoffnungsträger der Photovoltaik
Mit Perowskit-Solarzellen sind große Hoffnungen für die Photovoltaik verbunden, auch wenn ihre Stabilität noch zu wünschen übriglässt. Zellen dieses Typs sind kostengünstig druckbar sowie erstaunlich effizient. Im letzten Jahrzehnt konnte ihr Wirkungsgrad auf über 25 Prozent verdoppelt werden und liegt damit aktuell bereits auf dem Niveau klassischer Solarzellen aus Silizium. Weitere Verbesserungen in der Zukunft scheinen möglich.
„Ein wichtiger Faktor ist hierbei die Frage, wie lange angeregte Ladungsträger im Material erhalten bleiben“, erklärt Thomas Kirchartz. „Das Verständnis der Prozesse ist entscheidend, um den Wirkungsgrad von Solarzellen auf Perowskitbasis weiter zu verbessern.“ Der Elektrotechniker leitet am Institut für Energie- und Klimaforschung (IEK-5) des Forschungszentrums Jülich eine Arbeitsgruppe zu organischen und hybriden Solarzellen.
Auf die Lebensdauer kommt es an
Licht kann Elektronen aus einer Bindung herauslösen. Energetisch werden diese vom Valenzband auf das sogenannte Leitungsband angehoben, erst dann können sie sich durch den Halbleiter bewegen. Nur wenn die Lebensdauer des angeregten Zustands so lange währt, dass die Elektronen bis zum elektrischen Kontakt gelangen, können diese ihre Energie an den externen Schaltkreis abgeben. Ein angeregtes Elektron hinterlässt zudem ein Loch im darunterliegenden Valenzband – eine bewegliche Leerstelle, die sich wie ein positiver Ladungsträger durch das Material verschieben lässt.
Es sind vor allem Defekte im Kristallgitter, die dafür sorgen, dass angeregte Elektronen schnell wieder zusammenfallen. Die betroffenen Elektronen können dann nicht mehr zum Stromfluss beitragen. „Dieser Mechanismus wird auch als Rekombination bezeichnet und ist der wesentliche Verlustprozess einer jeden Solarzelle“, so Kirchartz.
Rekombination ausschlaggebend für Wirkungsgrad
Keine Solarzelle ist auf atomarer Ebene perfekt, jede von ihnen weist herstellungsbedingt verschiedene Arten von Defekten auf. Diese Fehlstellen oder Fremdatome in der Gitterstruktur sind die Sammelpunkte, an denen Elektronen und Löcher bevorzugt zusammenkommen. Die Elektronen fallen dann ins Valenzband zurück und werden für die Stromgewinnung wertlos.
„Bis jetzt ging man davon aus, dass die Rekombination ganz überwiegend durch Defekte ausgelöst wird, die sich energetisch in der Mitte zwischen Valenz- und Leitungsband befinden. Denn diese sogenannten tiefen Defekte sind für angeregte Elektronen und ihr Gegenstück, die Löcher, ähnlich gut zugänglich“, so Kirchartz. Für die meisten Typen von Solarzellen sei das wohl auch korrekt.
Flache Defekte dominieren
Für Perowskit-Solarzellen hat er dies nun aber gemeinsam mit seinem Team widerlegt und gezeigt, dass die flachen Defekte für den finalen Wirkungsgrad ausschlaggebend sind. Diese liegen anders als die tiefen Defekte nicht mitten in der der Bandlücke, sondern ganz in der Nähe des Valenz- oder Leitungsbands.
„Die Ursache für dieses ungewöhnliche Verhalten ist noch nicht restlos geklärt“, berichtet Kirchartz. „Die Vermutung liegt nahe, dass tiefe Defekte in diesen Materialien einfach nicht existieren können. Diese Restriktion ist dann womöglich auch einer der Gründe für die besondere Effizienz der Zellen.“