Für die Energiewende in Deutschland werden nicht nur effiziente Anlagen zur Erzeugung erneuerbarer elektrischer Energie aus Wind und Sonnenlicht benötigt, sondern auch kostengünstige und effiziente Speicher- und Transporttechnologien. Nur so kann grüne Energie von ihren Erzeugungsorten in die deutschen Ballungsräume und Industriezentren gebracht und zudem die natürliche Schwankung bei ihrer Erzeugung ausgeglichen werden.
„In der öffentlichen Wahrnehmung standen hier bisher Batterie- und Wasserstofftechnologien in Konkurrenz miteinander“, sagt Prof. Dr. Peter Strasser, Leiter des Fachgebiets „Electrochemical Catalysis, Energy and Materials Sciences“ an der TU Berlin. „Der neue Ansatz unseres Konsortialprojekts zeigt, dass es sich lohnt, diese Denkweise zu hinterfragen und sich stattdessen das Beste aus beiden Welten herauszusuchen.“
Wasserelektrolyse in zwei Schritten – aufgeteilt auf Entlade- und Ladevorgang
„Herzstück unserer neuen Kombi-Batterie ist eine katalytisch aktive, bifunktionelle Gaselektrode“, erklärt Strasser. Sie befindet sich zusammen mit der negativen Zink-Elektrode in einem flüssigen Elektrolyten aus Kaliumhydroxid und Wasser, also Kalilauge. Beim Entladevorgang spaltet der Katalysator der Gaselektrode von den Wassermolekülen (H2O) Wasserstoffmoleküle (H2) ab.
Dieser Wasserstoff entweicht und kann gespeichert und weiterverwendet werden. Gleichzeitig wandern elektrisch negative OH-Ionen im Elektrolyten zur Zink-Elektrode. Dort reagieren sie mit dem Zink und bilden Zinkoxid (ZnO) und Wasser unter Abgabe von Elektronen. Dieser Entladevorgang liefert also gleichzeitig nutzbare elektrische Energie und Wasserstoffgas.
„Erst beim Wiederaufladen der Batterie vollzieht sich der zweite Teil der Elektrolyse, die Abgabe von Sauerstoff“, so Strasser. Mit Hilfe von elektrischer Energie und Elektronen von außen wird die Zinkoxid-Elektrode wieder zu metallischem Zink reduziert, es bilden sich OH-Ionen, die jetzt zur Gaselektrode wandern und dort vom Katalysator in Wasser umgesetzt werden, wobei Sauerstoff entweicht (4 OH → 2 H2O + O2). Damit diese Prozesse kontinuierlich ablaufen können, muss dem neuen Energiespeicher Wasser in der Menge zugeführt werden, in der Wasserstoff und Sauerstoff entweichen.
Guter Wirkungsgrad, preiswerte Rohstoffe, leichtes Recycling
„Das Besondere an dieser Zn-H2-Batterie ist also, dass beim Entladen die Energie sowohl in Form von Strom wie auch als Wasserstoffgas bereitgestellt wird“, sagt Strasser. „Der Wasserstoff kann dann entweder direkt als Rohstoff in Prozessen der chemischen Industrie verwendet werden, in herkömmlichen Brennstoffzellen oder Turbinen in Strom umgewandelt werden oder in Gaskraftwerken oder Fernwärmenetzen als Brennstoff für Wärme zum Einsatz kommen.“
Gegenüber herkömmlichen Lithium-Ionen-Akkus verwendet die neue Batterie ausschließlich wesentlich preiswertere Rohstoffe (Stahl, Zink, Kaliumhydroxid, Wasser), die nur etwa ein Zehntel so teuer sind. Zudem machen sie die Batterie leicht recycelbar.
Erste Tests am Fraunhofer-Institut für Zuverlässigkeit und Mikrointegration (IZM), das auch die Konsortialführung innehat, zeigten bereits sehr gute Wirkungsgrade des neuen Akkus.
Mit einem Gesamtwirkungsgrad der „Strom-zu-Strom"-Speicherung von 50 Prozent ist dieser doppelt so hoch wie bei den meisten Power-to-Gas-Technologien, bei denen zum Beispiel Strom aus Windkraft per herkömmlicher Elektrolyse in Wasserstoffgas und danach der Wasserstoff mit Turbinen oder Brennstoffzellen wieder in Strom zurückgewandelt wird. Bei der Wasserstofferzeugung liegt der Wirkungsgrad sogar bei 80 Prozent. Zudem legen die Labortests eine Lebensdauer der Systeme von etwa zehn Jahren nahe.
Aufbau eines Demonstrators bis Ende 2023
„Die TU Berlin hat in das Konsortium vor allem unsere Erfahrung in der alkalischen Wasserelektrolyse eingebracht sowie unsere langjährige Expertise in der Katalysatortechnik“, erklärt Strasser.
Die Forscher wollen nun bis Ende des Jahres einen Demonstrator aufbauen und Zuverlässigkeitstests durchführen. Die Lade- und Entladeparameter müssen dabei so optimiert werden, dass über mehrere Tausend Zyklen ein stabiler Betrieb möglich ist. Über die ebenfalls am Konsortium beteiligte Firma Zn2H2, die bereits mehrere Patente auf das Verfahren angemeldet hat, wäre bei positiven Resultaten aus den Demonstrator-Experimenten eine rasche Umsetzung in den Markt gewährleistet.
Die weiteren Konsortialpartner des Projekts sind die Steel PRO Maschinenbau, das Fraunhofer-Institut für Fertigungstechnik und Angewandte Materialforschung (IFAM) sowie das Fritz-Haber-Institut der Max-Planck-Gesellschaft. Das Projekt mit dem Kürzel „Zn-H2“ wird unter der Fördernummer 03SF0630A vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert und läuft noch bis September 2025.