Ob bei der Herstellung von Dünger, als Kühlmittel in Kraftwerken oder in Brennstoffzellen für Autos: Wasserstoff ist ein vielseitig einsetzbares Gas. Für die Industrie wird es heute überwiegend aus fossilen Rohstoffen hergestellt, vor allem aus Erdgas und Kohle. In einem umweltfreundlichen Energiesystem könnte Wasserstoff aber auch eine andere Rolle spielen, als wichtiger Speicher und Stromnetzstabilisator: Überschüssige Wind- und Solarenergie kann genutzt werden, um das Gas mit Elektrolyse aus Wasser zu gewinnen. Dieses Verfahren wird Power-to-Gas genannt. Die Energie kann der Wasserstoff später zurückgeben, indem er beispielsweise in Brennstoffzellen Strom und Wärme erzeugt, im Erdgasnetz beigemischt oder in synthetisches Erdgas umgewandelt wird.
Entscheidende Faktoren
Power-to-Gas galt bislang als nicht wettbewerbsfähig. Gunther Glenk vom Lehrstuhl für Controlling der TUM und Prof. Stefan Reichelstein, der an der Universität Mannheim und der Stanford University forscht, haben nun berechnet, wie Wasserstoff zu hundert Prozent CO2-frei und gleichzeitig rentabel produziert werden kann. Ihre Studie zeigt, dass für die derzeitige Marktsituation in Deutschland zwei Faktoren entscheidend sind:
Es müssen Anlagen zum Einsatz kommen, die Strom sowohl ins Netz einspeisen als auch zur Wasserstoffproduktion nutzen. Diese Kombi-Anlagen, die bislang nur vereinzelt betrieben werden, müssten optimal auf die großen Schwankungen der Windkraft und der Preise am Strommarkt reagieren. „Der Betreiber kann zu jedem Zeitpunkt entscheiden: Verkaufe ich die Energie oder wandle ich sie um“, erklärt Stefan Reichelstein.
Geändert werden muss das Erneuerbare-Energien-Gesetz, das die Einspeisevergütung regelt. Diese garantiert derzeit Energieerzeugern Mindestpreise, wenn sie Strom ins Netz geben. „Wasserstoffspeicher kann man in Deutschland mit einer einfachen Stellschraube rentabel machen“, sagt Gunther Glenk. „Die Vergütung wird nicht für die Einspeisung, sondern für die Erzeugung erneuerbarer Energie gezahlt. Dann habe ich die Wahl, direkt zu verkaufen oder zu speichern.“
Einsatz der Anlagen rechnet sich bereits
In Deutschland wäre unter diesen Voraussetzungen schon heute die Wasserstoffproduktion mit Windkraft bis zu gewissen Mengen konkurrenzfähig gegenüber der Produktion aus fossilen Quellen. „Für mittel- bis kleinvolumige Produktionen würde sich der Einsatz der Anlagen bereits rechnen“, sagt Reichelstein. Solche Mengen benötigen beispielsweise die Metall- und die Elektronikindustrie – oder eine Gabelstaplerflotte auf dem Fabrikgelände. Für den Zeitraum bis 2030 prognostizieren die Ökonomen die Wettbewerbsfähigkeit auch in großem Maßstab, zum Beispiel für Raffinerien und die Ammoniakproduktion, sofern die Kosten für Windkraft- und Elektrolyseanlagen ähnlich stark fallen wie in den vergangenen Jahren.
Das Modell der Ökonomen kann viele weitere Faktoren wie etwa Abgaben auf CO2-Emmissionen einbeziehen und die optimalen Kapazitäten der beiden Anlagen-Komponenten berechnen.