Quantentechnologie Quantenforschung an der Uni Stuttgart wird gefördert

Das neue Ultratieftemperatur-Rasterkraftmikroskop wird in einer der Präzisionsboxen am neuen Zentrum für Angewandte Quantentechnologien (ZAQuant) aufgebaut werden.

Bild: Universität Stuttgart
17.11.2021

Die Quantenforschung der Universität Stuttgart erhält zwei neue Großgeräte. Hierfür hat das Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg Fördermittel in Höhe von 2,5 Millionen Euro „REACT-EU“ bewilligt.

Das Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden Württemberg fördert am neuen Zentrum für Angewandte Quantentechnologien (ZAQuant) ein atomar auflösendes Mikroskop sowie ein so genannter Entmischungskryostat, mit dem die Mikrowelleneigenschaften supraleitender Materialien für den Einsatz in Quantencomputern untersucht werden können.

Ultratieftemperatur-Rasterkraftmikroskop

Das neuartige Ultratieftemperatur-Rasterkraftmikroskop mit Codenamen QC.AFM am ZAQuant wird den interdisziplinären Forscherteams des Kompetenznetzes "Quantentechnologie Baden Württemberg" (QT.BW) modernste Infrastruktur zur Erprobung neuartiger Quantentechnologien zur Verfügung stellen.

Das Mikroskop ist speziell auf die Erforschung von Qubit-Netzwerken ausgelegt, die mittels Selbstanordnung von Molekülen oder Nanomanipulation von Spinzentren in 2D-Materialien erzeugt werden können. Qubits sind die Basis aller Quantentechnologien. Magnetische Moleküle und Spinzentren in 2D-Materialien sind natürliche, identische Quantensysteme, die günstig und in großer Menge hergestellt werden können. Ihr Potenzial für die Quantentechnologie ist bisher nur wenig erforscht, da ihre geringe Größe (< 10 nm) sie für die meisten Messinstrumente unsichtbar macht.

Das QC.AFM wird mittels gepulster Mikrowellenanregung quantenkohärente Kontrolle einzelner Moleküle und Spinzentren mit atomarer räumlicher Präzision ermöglichen. Es wird erstmals die kurzreichweitige magnetische Austauschkraft zwischen Qubits und spinsensitiven Rasterkraftsonden nutzen, um einzelne Qubits in dichten Netzwerken und in isolierender Umgebung zu vermessen.

„Mit dem QC.AFM werden Messungen von Quantenphänomenen in Netzwerken von Molekülen mit bisher unerreichter Präzision möglich“, freut sich Antragsteller Prof. Sebastian Loth vom Institut für Funktionelle Materie und Quantentechnologien der Universität Stuttgart. „Damit eröffnen sich neue Horizonte für die Quantennanowissenschaften und insbesondere für die Nutzung von molekularen Materialien für Quantensimulationen in großen Qubit-Netzwerken.“

3He-4He-Entmischungskryostat

Das zweite Großgerät, ein 3He-4He-Entmischungskryostat, wird am Physikalischen Institut der Universität Stuttgart stehen. Hierbei handelt es sich um eine Kühlapparatur, die eine Mischung der beiden Heliumisotope 3He („Helium-3“) und 4He („Helium-4“) nutzt, um extrem tiefe Temperaturen zu erzeugen. Diese liegen typischerweise weniger als 0.1 Grad vom absoluten Temperaturnullpunkt entfernt, bei so genannten Millikelvin-Temperaturen. Für den Betrieb supraleitender Quantencomputer sind derartig niedrige Temperaturen eine der Grundvoraussetzungen für nahezu verlustfreie Mikrowelleneigenschaften der eingesetzten Supraleiter.

Mit dem neuen Entmischungskryostaten sollen festkörperphysikalische Untersuchungen, wie sie am Physikalischen Institut der Universität Stuttgart als Grundlagenforschung an unterschiedlichen supraleitenden Materialklassen durchgeführt werden, auf die konkrete technologische Anwendung in Quantencomputern erweitert werden.

Hierbei sind insbesondere granulare oder stark ungeordnete Supraleiter mit großer kinetischer Induktivität, also geringer Dichte supraleitender Ladungsträger, von Interesse, deren Eigenschaften gezielt für die jeweilige Anwendung optimiert werden können.

Antragsteller Dr. Marc Scheffler vom Physikalischen Institut betont: „Der beantragte 3He-4He-Entmischungskryostat soll anwendungsnahe Experimente ermöglichen, mit denen derartige supraleitende Materialien bezüglich ihrer Mikrowelleneigenschaften besser verstanden und für den Einsatz in Quantencomputern optimiert werden können.“

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