Verantwortlich für die Geschwindigkeit der Rechenoperation sind in heutigen Computer- und Smartphone-Prozessoren sogenannte Feldeffekttransistoren. Im Wettlauf um schnellere Geräte werden diese Transistoren immer weiter verkleinert, um möglichst viele nebeneinander zu bauen. So arbeiten Computer heute schon mit atemberaubenden Taktraten von mehreren Gigahertz, also mehreren Milliarden Rechenoperationen pro Sekunde. Die neusten Transistoren sind nur noch 0,000005 mm groß, das entspricht nur wenigen Atomen. Viel kleiner geht es nicht mehr.
Noch schneller geht es mit Licht
Deshalb forschen Physikerinnen und Physiker daran, Elektronik über Lichtwellen zu kontrollieren. Eine Schwingung einer Lichtwelle dauert nur etwa eine Femtosekunde, das entspricht dem millionsten Teil einer Milliardstel Sekunde. Elektrische Signale mit Licht zu steuern, könnte die Rechenoperationen zukünftiger Computer eine Million Mal schneller machen als bisher – das ist das Ziel der Petahertz- oder Lichtwellen-Elektronik.
Von der Lichtwelle zum Stromimpuls
Grundsätzlich geht es in der Elektronik darum, Signale und Daten in Form von logischen Informationen, also den Zahlen 0 und 1, zu übermitteln und zu verarbeiten. Diese Signale können zum Beispiel die Form eines Strompulses haben.
Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Lehrstuhls für Laserphysik der FAU beschäftigen sich bereits seit mehreren Jahren damit, wie aus Lichtwellen schnelle Stromimpulse werden. Sie richten ultrakurze Laserimpulse auf eine winzige Struktur aus Graphen und Gold-Elektroden. Die Laserimpulse stoßen die Elektronen im Graphen an, die sich dann wellenartig auf die Gold-Elektroden zubewegen, dort als Stromimpuls gemessen und als Information verarbeitet werden können.
Reale und virtuelle Stromimpulse
Je nachdem wo der Laserimpuls auf der Oberfläche auftrifft, breiten sich die Elektronen-Wellen unterschiedlich aus. Dadurch entstehen zwei Arten von Stromimpulsen aus sogenannten realen und virtuellen Ladungsträgern. „Graphen kann man sich wie einen Pool vorstellen mit den Gold-Elektroden als Überlaufbecken. Sobald man die Wasseroberfläche stört, läuft Wasser über. Bei realen Ladungsträgern wirft man einen Stein in die Mitte des Pools. Das Wasser läuft über, sobald die entstandene Wasserwelle den Rand erreicht – wie Elektronen, die ein Laserimpuls in der Mitte des Graphens anregt“, erklärt Tobias Boolakee, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Laserphysik.
„Bei virtuellen Ladungsträgern würde man das Wasser direkt am Rand des Pools abschöpfen, ohne auf eine Welle zu warten. Im Fall der Elektronen passiert das so schnell, dass man es gar nicht wahrnehmen kann, deshalb auch virtuelle Ladungsträger. Der Laserpuls wäre bei diesem Bild an den Rand des Graphens direkt neben die Gold-Elektrode gerichtet.“ Diese zwei Arten von messbaren Stromimpulsen können logischen Informationen in Form von 0 und 1 zugeordnet werden.
Logik durch Laser
Die Laserphysiker der FAU konnten nun im Experiment erstmals zeigen, dass man mit dieser Methode ein logisches Gatter – das Schlüsselelement für Rechenoperation im Computer – betreiben kann: Das logische Gatter regelt, wie die eingehenden Informationen in Form von 0 und 1 verarbeitet werden. Das Gatter benötigt dafür zwei Eingangssignale, also Elektronen-Wellen aus realen und virtuellen Ladungsträgern, angeregt durch zwei synchronisierte Laserimpulse.
Je nach Richtung und Stärke der zwei Wellen addiert sich der resultierende Stromimpuls oder wird ausgelöscht. Das elektrische Signal, das die Physiker messen, entspricht also erneut einer logischen Information 0 oder 1. „Dies ist ein großartiges Beispiel dafür, wie Grundlagenforschung zu neuen Technologien führen kann. Durch fundamentale Theorie und ihre Verbindung mit den Experimenten haben wir die Rolle realer und virtueller Stromimpulse aufgedeckt, und das hat die Umsetzung ultraschneller logischer Gatter eröffnet", sagt Ignacio Franco von der University of Rochester.
„Bis diese Technik in einen Computerchip eingesetzt werden kann, wird es vermutlich noch sehr lange dauern. Aber immerhin wissen wir jetzt, dass Lichtwellen-Elektronik nicht nur theoretisch funktioniert, sondern auch praktisch möglich ist“, ergänzt Tobias Boolakee.