Als regionales Energieversorgungsunternehmen für Strom, Gas, Wasser und Wärme versorgt Rheinenergie rund 2,5 Millionen Menschen, Industrie, Handel und Gewerbe mit Energie und Trinkwasser. Zur Versorgung der Stadt Köln und des Umlandes mit elektrischer Energie betreibt Rheinenergie ein 110kV-Netz sowie ein unterlagertes Mittelspannungsnetz. Über alle Spannungsebenen hinweg hat das Energieversorgungsnetz – mit allen Freileitungen und Kabeln – eine Gesamtlänge von etwa 19 000 km.
Das Umspannwerk Worringen
Die neue Schwerpunktstation zur Erhöhung der Versorgungssicherheit wurde im Stadtgebiet Chorweiler im Kölner Norden errichtet. Bislang wurden die Stadtteile Roggendorf und Themenhofen durch eine 1963 errichtete Schaltanlage versorgt. Der ehemalige 25kV-Netzanschluss und die dazugehörigen Transformatoren sind bereits vor einigen Jahren zurückgebaut worden, so dass die Schaltanlage noch für die Energieverteilung auf der 10kV-Spannungsebene genutzt werden konnte. „Die Instandhaltung der alten Anlage war nicht mehr wirtschaftlich“, erläutert Schutztechniker Karsten Martin von Rheinenergie.
„Für die neue Schwerpunktstation haben wir auch ein erheblich kleineres Gebäude errichtet.“ Die neue Mittelspannungsschaltanlage wird durch drei Einspeisungen aus dem Umspannwerk Fühlingen versorgt. Mit ihren insgesamt 22 Schaltfeldern versorgt die Anlage 28 umliegende Ortsnetzstationen über zwei Ringe. Neben dem Eigenbedarfstransformator, der die Schwerpunktstation selbst mit Energie versorgt, gibt es einen weiteren Transformator mit einer Leistung bis zu 630 kVA, der die umliegenden Kunden aus der Station heraus direkt versorgt. Zusätzlich sind in dem Gebäude zwei E-Spulen zur Kompensation der kapazitiven Erdströme vorhanden sowie ein Fernwirkschrank für die Anbindung an die Netzleitstelle.
Gefertigt wurden die neuen Schaltanlagen von Elatec Power Distribution. Die Schaltanlage Elatec M13, die mit einem Kurzschlusswechselstrom von 31,5 kA nach IEC 62271-200 Störlichtbogen-geprüft ist, besitzt eine kompakte Bauweise. In jedem Schaltfeld wurde ein digitales Schutz- und Feldleitgerät zum Schutz der Anlage und des Netzes verbaut.
Eine Besonderheit dieser Anlage besteht darin, dass die Verriegelungen einiger Schutzgeräte innerhalb der Schaltanlage mit dem Kommunikationsstandard IEC 61850 realisiert wurden. Das eingesetzte GOOSE-Protokoll (Generic Object Oriented Substation Events) ist ein echtzeitfähiges Netzwerkprotokoll zur Steuerung von Geräten über Ethernet.
Sichere Wartung
Die Fernwirktechnik stammt vom Kölner Unternehmen SAE IT-Systems – das Unternehmen fertigt Fernwirk- und Stationsleittechnik für die Bereiche Strom, Wasser, Gas, Fernwärme und Infrastruktur. Die Schutzgeräte kommunizieren per IEC 60870-5-103 mit den Fernwirksystemen FW-50 und FW-5 der SAE IT-Systems. Die Anbindung der Schwerpunktstation an die Netzleitstelle erfolgt mit dem Kommunikationsstandard IEC 60870-5-104.
„Den Niederspannungsschaltschrank, in dem die Steuerungskomponenten sowie die Schutztechnik verbaut sind, planen wir selbst, und wir führen auch die Inbetriebnahme durch“, erläutert Martin. „Dadurch wird die Wartung sowie die turnusmäßige Prüfung der Anlage viel einfacher.“ Dass es jetzt so viel einfacher geht, liegt auch am Einsatz des Prüfstecksystems Fame von Phoenix Contact. Damit hat die Rheinenergie einen unternehmensweiten Quasi-Standard entwickelt, der für alle Neuanlagen bindend ist.
„Auf die Prüfsteckleiste des Stecksystems führen wir die Messwerte der drei Außenleiterströme, den Strom über den Neutralleiter, die zugehörigen Spannungen sowie das Auslöse-Signal“, erläutert Martin. „Beim Stecken des Prüfsteckers werden automatisch zuerst die Signale getrennt, dann die Stromwandler kurzgeschlossen und dann erst die Spannungs- und Stromwandler aufgetrennt.“ Der voreilende Kurzschluss der Stromwandler spielt eine wichtige Rolle. Zudem verhindert die Einhaltung der Schaltreihenfolge ungewollte Auslösungen des Leistungsschalters und damit Netzausfälle. Mit den farbigen Prüfbuchsen, die auf dem Stecker angebracht sind, können außerdem Messungen und Prüfungen am Schutzrelais durchgeführt werden. Die Sicherheitsprüfbuchsen sind versetzt angeordnet, sodass berührgeschützte Messleitungen problemlos angeschlossen werden können. Farbliche Markierungen erleichtern die Zuordnung der Signale beim Verbinden des Prüfgeräts.
Sicherheit und Flexibilität
Der Fame-Stecker selbst ist wie die Prüfsteckleiste kodiert – somit ist sichergestellt, dass nur der korrekte Stecker gesteckt wird. Durch den modularen Aufbau des Prüfsteckers konnten Konfigurationen erstellt werden, die speziell auf die Anforderungen der Rheinenergie zugeschnitten sind. Zusätzlich zum Prüfstecker für das Schutzrelais wurde ein zweiter Stecker entwickelt, mit dem spezielle Messungen durchgeführt werden. Mittels Brücken mit Griff kann die Konfiguration noch vor dem Einsatz vor Ort verändert werden. Der Messstecker wird konfiguriert bevor er in die Prüfsteckleiste eingeführt wird – damit wird die Sicherheit des Prüfvorgangs deutlich erhöht.
„Weil die Schaltfolge im Messstecker konfiguriert ist, muss im Bedarfsfall nur die Brückung des Steckers modifiziert werden“, betont Martin. „Wenn wir zum Beispiel ein Amperemeter einschleifen wollen, um die Wandlerströme im laufenden Betrieb zu messen, können wir die Kurzschlussbrücken entfernen.“ Dabei sorgt die voreilende Kontaktierung durch die beiden Kontaktzonen der Feder im Grundblock dafür, dass das Einschleifen ohne jegliche Unterbrechung der Wandlerkreise erfolgt. Die Auslösekreise werden vor dem Auftrennen der Signal- und Wandlerkreise getrennt. Zu diesem Zweck besitzen die Prüfstecker aus dem Fame-Programm drei Stiftlängen, die – gemäß der jeweiligen Applikation – für jeden Pol konfiguriert werden können.
Durch die verlängerten Stifte an den Kontakten der Aus-Kreise wird das ungewollte Auslösen des Leistungsschalters beim Stecken und bei der Prüfung verhindert. „Die Schaltreihenfolge wurde ja bereits im Stecker festgelegt“, so Martin, „Ausfallzeiten durch Fehlauslösungen dürften dann nicht mehr vorkommen.“ Auf diese Weise erhöht das Prüfstecksystem Fame die Betriebs- und Versorgungssicherheit.
Vorteile der Lösung
Für die Rheinenergie bietet Fame durch seine Flexibilität und Modularität sowie durch seine Sicherheit in der Anwendung viele Vorteile. Martin: „Die nach unseren Wünschen konfigurierten Lösungen aus dem Fame-Programm können wir über separate Artikelnummern beziehen – wir müssen sie nicht bei jeder Bestellung neu konfigurieren.“ Darüber hinaus fügt sich das Fame-System nahtlos in die ebenfalls verwendeten Klemmen aus dem Reihenklemmen-Programm Clipline complete ein. So wird für beides das gleiche einheitliche Zubehör verwendet, wodurch sich Beschaffung und Lagerhaltung vereinfachen. Auch beim Anschluss des Schutzrelais ist die Verbindungstechnik von Phoenix Contact von Vorteil, denn hier ist – wie beim Prüfstecksystem selbst – der voreilende Kurzschluss bereits im Steckverbinder integriert. „Wir werden auch künftig bei unseren stetigen Modernisierungs- und Netzausbaumaßnahmen auf das Prüfstecksystem Fame von Phoenix Contact setzen“, meint Martin.