Das selbstfahrende Auto ist ein komplexes vernetztes System, das eigenständig beispielsweise überlebenswichtige Brems- oder Ausweichmanöver fährt. Um dies zu ermöglichen, muss rechenintensive Software verschiedener Hersteller mit spezialisierten eingebetteten Steuergeräten gekoppelt und in einer Zentralsteuerung gebündelt werden.
„Fahrzeugelektrik und Elektronik werden immer anspruchsvoller: Mehr Funktionen und eine höhere technische Komplexität auf der einen Seite. Eine Vielzahl an beteiligten Akteuren auf der anderen Seite. Erfolgsrezept ist die unternehmensübergreifende, normen-konforme und sichere Kooperation von Software-Entwicklern. Wir müssen klassische Zuliefererketten durchbrechen und Software in unternehmensübergreifenden Teams kollaborativ entwickeln“, erläutert David Schmelter, Wissenschaftler am Fraunhofer IEM.
Um diese Kooperation zu ermöglichen, definierte das Panorama-Konsortium offene de facto Standards, Tools und Best Practices für den Austausch formaler Systemmodelle und stellte sie als Open-Source-Ökosystem bereit. Gefördert wurde es dafür von April 2019 bis März 2022 im europäischen Fördercluster ITEA 3 vom Bundesministerium für Bildung und Forschung BMBF mit insgesamt 4,3 Millionen Euro.
Sicheren Datenaustausch ermöglichen
Die Entwicklungsplattform Eclipse APP4MC ermöglicht mit Hilfe des offenen Austauschformats Amalthea das unternehmensübergreifende Konzipieren und Managen komplexer Werkzeugketten für die Fahrzeugelektronik und -software. Das Fraunhofer IEM erforschte mögliche organisatorischen Herausforderungen und Gefahren für die Datensicherheit und den Schutz geistigen Eigentums. Besonderer Schwerpunkt lag dabei auf detaillierten Amalthea-Systemmodellen.
Die Wissenschaftler formulierten Handlungsempfehlungen, mit denen Unternehmen Sicherheitsrisiken minimieren und einen vertrauensvollen Informationsaustausch untereinander pflegen können. Entwickler sollten Systemmodelle zum Beispiel ausschließlich zweckgebunden (etwa für eine bestimmte Simulation) und nur mit den dafür erforderlichen Informationen (Datensparsamkeit) teilen. So können künftig auch direkte Wettbewerber sensible Informationen in ihrer Softwareentwicklung austauschen und bearbeiten.
Modelle automatisch vervollständigen
Das gemeinsame Nachverfolgen von Software-Anforderungen entlang des Entwicklungsprozesses ist ein wichtiger Baustein für die funktionale Sicherheit eingebetteter Systeme. Das aufwändige und bisher manuelle Aktualisieren der sogenannten Traceability-Modelle birgt die Gefahr von Unstimmigkeiten in den Anforderungen, welche aufwändig und kostspielig behoben werden müssen. Das Fraunhofer IEM entwickelt mit MEMO (Multi-objective Evolution of Models) ein Framework für das offene Traceability-Management-Werkzeug Eclipse Capra, das diese wichtige Arbeit automatisiert.
Open-Source ist Grundlage für kollaborative Software-Entwicklung
Mit Techniken des Search-based Software Engineerings berechnet MEMO qualitativ hochwertige Lösungsalternativen für unvollständige oder widersprüchliche Anforderungen und schlägt sie dem Entwicklungsteam zur Auswahl vor. Bei geringerem Aufwand erhöht sich so die Qualität der Traceability-Modelle erheblich. MEMO ist leicht für weitere Modellierungssprachen erweiterbar und kann auf individuelle Anwendungsfälle angepasst werden.
Neben MEMO stehen Eclipse APP4MC und Eclipse Capra exemplarisch für eine Reihe von Open-Source-Projekten, die in Panorama entwickelt und weiterentwickelt wurden.