„Wenn wir auf solarbetriebene Luftschiffe setzen, können wir die Luftfahrt ziemlich schnell und ökonomisch sinnvoll klimafreundlicher machen“, ist sich Prof. Dr. Christoph Pflaum sicher. Der Informatik-Professor an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU) ist spezialisiert auf numerische Simulation mit Hochleistungsrechnern. Gemeinsam mit Prof. Dr. Agnes Jocher von der TU München und dem FAU-Studenten Tim Riffelmacher hat er untersucht, wie die optimale Route für ein solarbetriebenes Luftschiff aussehen müsste.
„Unsere Berechnungen zeigen, dass durch den Einsatz eines Solarzeppelins sowohl die Transportkosten als auch die CO2-Emissionen der Luftfahrt deutlich gesenkt werden können“, sagt Pflaum. „Solarzeppeline sind absolut klimafreundlich, weil sie mit extrem leichten und hocheffizienten Dünnschichtsolarzellen bestückt sind, die sich während des Flugs immer wieder neu aufladen. Dadurch entstehen beim Fliegen keinerlei verbrennungsbedingte Emissionen.“
Nur für das Aufladen der Batterie vor dem Start des Luftschiffs brauche es noch Energie aus dem Stromnetz. Dabei würden allerdings nur äußerst geringe Mengen CO2 emittiert. „Das sind ein bis maximal fünf Prozent der Menge an Kohlendioxid, die im konventionellen Luftverkehr anfällt“, sagt Pflaum. Konkrete Werte liegen laut ihm beim Transport von Frachten auf der Langstrecke unter einem Prozent, bei einem Mittelstreckenflug bei knapp 1,4 Prozent und bei der Personenbeförderung bei knapp fünf Prozent.
Zeppeline neu gedacht
„Leider gibt es diesen Solarzeppelin im Moment noch nicht“, räumt Pflaum ein, „aber in Kalifornien nimmt eine Firma gerade richtig viel Geld in die Hand und entwickelt zum ersten Mal seit 90 Jahren wieder ein großes, vollstarres Luftschiff, das viel Platz bietet und gut geschützt ist bei Wind und Wetter.“ Die Technologie könne schnell realisiert werden, sei aber in den letzten Jahrzehnten ziemlich vernachlässigt worden. „Da spielt natürlich die Tragödie des Luftschiffs LZ 129, besser bekannt unter dem Namen ‚Hindenburg‘, eine große Rolle.“
Dieser Zeppelin war mit einer Länge von 245 m und einem Durchmesser von 41,2 m eines der größten jemals gebauten Luftfahrzeuge und eine echte Sensation bei seinem Jungfernflug im März 1936. „Doch schon ein Jahr später fing er bei der Landung in den USA Feuer und wurde vollständig zerstört“, weiß Pflaum. Das habe lange Zeit das Aus für Luftschiffe bedeutet. Doch nun würden sie mit Solarzellen an Bord ganz neu gedacht und könnten zu „echten Gamechangern“ werden, findet der Professor. Bei diesen neuen Modellen brauche zudem niemand Angst vor einem Brand zu haben, da sie weder mit brennbarem Wasserstoff noch mit einem anderen Brennstoff gefüllt seien.
Für Solarzeppeline spricht aus Sicht des Forschungsteams auch das Kostenargument. Denn die Energieverbrauchskosten eines solarbetriebenen Luftschiffs liegen laut ihren Berechnungen deutlich unter denen eines konventionellen Flugzeugs.
In zwei bis drei Tagen über den Atlantik
Sind Solarzeppeline also eine echte technische Alternative zu konventionellen Flugzeugen? „Sehr vieles spricht dafür“, sind sich Pflaum und Prof. Jocher von der TU München einig. „Nur bei der Flugzeit müssen wir Abstriche machen, denn natürlich fliegt ein Luftschiff deutlich langsamer als ein Flugzeug.“
Wie schnell ein Luftschiff mit Solarzellen an Bord wirklich wäre und welche Route es nehmen müsste, um Wind und Wetter sowie Sonnenstände ideal auszunutzen, haben mehrere Studenten der FAU in ihren Bachelor- und Masterarbeiten simuliert und berechnet. Zuletzt befasste sich Tim Riffelmacher in seiner Bachelorarbeit mit der „Ladeoptimierung der Batterie in einem Solarzeppelin mit Simulated Annealing“. Er schaute sich dabei die Batterienutzung bei Tag und Nacht genauer an. „Die Batterie wird vor dem Flug geladen und muss dann für weite Strecken reichen“, sagt er. „Das ist natürlich gar nicht so leicht, denn nachts scheint keine Sonne und die Solarzellen produzieren dann keinen Strom.“ Doch eine kluge Ladeoptimierung der Batterie mache vieles möglich.
Riffelmacher und die anderen Studenten konnten in ihren Arbeiten zeigen, dass sowohl nationale als auch kontinentale und sogar interkontinentale Flüge mit zufriedenstellender Flugdauer möglich sind. „Ein Flug über den Atlantik von New York nach London dauert laut unseren Berechnungen etwa zwei Tage und eine Nacht“, fasst Pflaum die Ergebnisse zusammen. „In der umgekehrten Richtung von London nach New York kommen wir auf eine Flugzeit von drei Tagen und zwei Nächten.“
Solche Reisezeiten seien für die meisten Frachttransporte akzeptabel, und auch für die Personenbeförderung sieht der Professor eine Chance: „Schließlich ist das Reisen in einem Luftschiff wesentlich komfortabler als in einem herkömmlichen Flugzeug. Da ist Platz für einen Speisesaal und einen Aufenthaltsraum und für schicke Zweibettzimmer für Passagiere.“