Im nordöstlichen Teil Nordrhein-Westfalens, keine Stunde Fahrzeit von Hannover, liegt das Städtchen Espelkamp. Der Taxifahrer aus Hannover kennt sich hier nicht besonders gut aus, aber als er hört, welches Unternehmen Ziel der Reise ist, weiß er sofort Bescheid. Schon 1950 hatte der Technologiekonzern Harting sich hier niedergelassen, wo kurz zuvor noch Vertriebene aus ehemaligen deutschen Ostgebieten Zuflucht gefunden hatten. Seitdem liefert das Unternehmen Industriesteckverbinder in alle Welt und ist seinem Standort trotz weltweiter Präsenz immer treu geblieben.
Steckverbinder im Wandel der Zeit
Auf die eigene Geschichte ist man hier stolz. Davon können Besucher sich gleich im hauseigenen Museum überzeugen, das im Eingangsbereich auf eine Zeitreise durch die letzten 60 Jahre einlädt. Vom Harting-Monopoly-Brett über exotische Geschenke für die Inhaberfamilie und Plattenspieler, die Gründer Wilhelm Harting in den 50er Jahren produzierte, medizinischen Geräten und elektrischen Zigarettenautomaten gibt es hier einiges zu sehen. Nicht zuletzt ist hier natürlich die Entwicklung der industriellen Steckverbinder chronologisch dargestellt.
Nachhaltigkeit und Windenergie im Fokus
Heute steht das Thema Energie mehr denn je im Fokus des Familienunternehmens. Dabei setzt Harting auf Nachhaltigkeit und so finden sich neben Ethernet-Switchen und Fiberoptik-Komponenten auch die Steckverbinder des Unternehmens in Windkraftanlagen.
Das Neueste, was man in diesem Feld derzeit zu bieten hat, stellt Gero Degner vor, Produktmanager für Stecker der Serie Han-Eco: „Han-Eco ist nicht ausschließlich für die Windenergie entwickelt worden, aber es ist ein Steckverbinder, der sich aufgrund seiner Eigenschaften dort anbietet.“ Die Produktserie selbst gibt es schon seit 2011 und mit der nun eingeführten Outdoor-Variante fühlt man sich „für nahezu alle Anforderungen gut gerüstet“, erklärt Heiko Meier, Produktmanager für die Han-Modular-Baureihe bei Harting und ergänzt, was sich seit der Einführung des Steckers 2011 verbessert hat: „Neu ist jetzt das Steckverbindergehäuse aus Hochleistungskunststoff, das ideal für die Anforderungen an und in Windenergieanlagen geeignet ist.“
Ein Gewand aus Kunststoff
Dabei handle es sich um ein besonders widerstandsfähiges, glasfaserverstärktes Polyamid, das sich durch seine hohe UV- und Ozonbeständigkeit auszeichne, über die auch die Dichtungen aus Fluorkautschuk (FPM) verfügen. „Damit ist das Gesamtprodukt in sich schlüssig und bestens für Anwendungen in der Windenergie geeignet“, sagt Gero Degner. Ein Gehäuse aus Kunststoff biete für die Anwendung in Windanlagen gleich mehrere Vorteile gegenüber den ansonsten bei Rechtecksteckverbindern üblichen Metallgehäusen.
„Für Applikationen an Windenergieanlagen hat Kunststoff entscheidende Vorteile, in erster Linie die Beständigkeit gegen korrosive Einflüsse“, erläutert Degner. Dies sei insbesondere mit Blick auf den Ausbau von Offshore-Windkraftanlagen wichtig, da die Stecker für maritime Umgebungen gerüstet sein müssen. Selbstverständlich sei es auch möglich, ein Metallgehäuse salznebelbeständig zu bauen, jedoch müsse es dazu mit einer speziellen Korrosionsschutzschicht versehen werden, was wiederum kostenintensiver sei.
Ein weiterer Punkt ist die Gewichtseinsparung, die der Einsatz von Kunststoff mit sich bringt. Es reiche jedoch nicht, den Stecker in ein Leichtgewicht zu verwandeln, erklärt Heiko Meier. Noch wichtiger sei den Kunden, Platz zu sparen. Deshalb ist der Han-Eco modular aufgebaut. „Früher hatte man mehrere Steckverbinder nebeneinander, heute bekommt man aufgrund der Modularität verschiedenste Kontakttypen in einen Steckverbinder“, so Meier. „Beim Han-Eco gibt es im Vergleich zu einer Metallvariante gleicher Baugröße noch zusätzlich einen Modulplatz mehr, was den Steckverbinder noch kompakter werden lässt.“ Damit lassen sich mehr Kontaktübergänge auf gleichem Raum unterbringen. Zudem könne der Kunde seinen Stecker so auf seinen speziellen Anwendungsfall zuschneiden und vermeide damit die Verwendung eines Steckers, der größer ist als nötig. Und das sei wichtig, betont Meier, denn „damit bleiben auch die Kosten im Rahmen.“
Schneller warten
Gerade bei Offshore-Anlagen ist aufgrund der schwierigeren Erreichbarkeit ein reibungsloser Betrieb mit geringen Ausfallzeiten wichtig. Wenn dennoch Reparaturen anfallen, dann sollten diese schnell erledigt sein. Harting setzt bei seinem Stecker auf einfache Handhabung: „Beim Han-Eco haben wir eine komplett werkzeuglose Konfektionierung; statt Schrauben gibt es lediglich einen Verrastmechanismus“, erklärt Gero Degner.
Das „click and mate“ genannte Funktionsprinzip erlaube dem Kunden einen einfachen und schnellen Anschluss des Steckverbinders. Das spare Zeit und Geld und sei in dieser Form nur bei der Harting-Lösung zu haben.
Mit der Modularität des Steckverbinders habe man eine gute Antwort auf die Anforderungen des Marktes gefunden und könne der Zukunft gelassen entgegensehen, sagt Heiko Meier: „Mit der Produktreihe Han-Modular müssen wir den kompletten Steckverbinder nicht immer neu entwickeln, wenn neue Anforderungen auftreten, sondern die Baureihe ist flexibel erweiterbar. Wir haben bereits 40 Module, zum Beispiel für Ethernet und optische Signale, die vermehrt in der Windenergie genutzt werden“, so Meier.
Mit Rückenwind in die Zukunft
Lösungen für wachsende Anlagen zu bieten, scheint in Anbetracht der Branchenentwicklung keine schlechte Idee zu sein: „Der Trend geht zu immer größeren Anlagen mit höheren Leistungen“, sagt Gero Degner. Zudem werde Condition Monitoring immer wichtiger. Dabei geht es darum, Signale von immer mehr Sensoren auszuwerten und immer mehr Daten in der Größenordnung von mehreren Gigabit pro Sekunde übertragen zu können - auch dafür sind Steckverbinder geeignet.
Es gibt also viel zu tun und so wird man auch in Espelkamp die �?rmel weiter hochkrempeln, um den Ausbau der Windenergie zu unterstützen. Mit dem Han-Eco sei eine Grundlage für die Zukunft geschaffen, denn „generell ist es unser Ziel, nicht nur Komponenten weiterzuentwickeln, sondern dem Kunden Systemlösungen anzubieten, die alle Kompetenzen aus unseren Kernbereichen Installation Technology, Device Connectivity und Smart Network Infrastructure in sich vereinen“, resümiert Heiko Meier.
Kompetenzen, die auch auf anderen Gebieten Niederschlag finden: „Selbstverständlich ist Harting auch beim Thema Elektromobilität aktiv und stellt Steckerverbindersysteme zum Laden von Elektrofahrzeugen her“, zählt Gero Degner auf. „Das geht Hand in Hand mit unserer generellen Orientierung auf alternative und umweltfreundliche Energien.“
Und wer weiß, vielleicht fährt das Taxi beim nächsten Besuch in Espelkamp dank der Steckverbinder von Harting ja schon elektrisch.