Vorläufige Berechnungen des Zentrums für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung Baden-Württemberg (ZSW) und des Bundesverbands der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) zeigen, dass im ersten Quartal 2021 40 Prozent des Stromverbrauchs durch Strom aus erneuerbaren Energien gedeckt wurde. Zum Vergleich: Im Gesamtjahr 2020 hatten die erneuerbaren Energien einen Anteil von 46 Prozent am Stromverbrauch. Zu Jahresbeginn 2020, der extrem windreich war, stammten sogar rund 52 Prozent des Stromverbrauchs aus erneuerbaren Energien. Im Jahr 2021 war es hingegen vor allem in den Monaten Januar und Februar in weiten Teilen Deutschlands ungewöhnlich windstill. Der hieraus resultierende Rückgang der Stromerzeugung konnte durch die neu hinzugekommenen Wind- und Photovoltaikanlagen nicht aufgefangen werden.
Wichtige Faktoren
„Die Stromerzeugung aus Wind und Sonnenenergie unterliegt wetterbedingten Schwankungen. Das ist normal“, erklärt Kerstin Andreae, Vorsitzende der BDEW-Hauptgeschäftsführung. „Die Zahlen führen uns aber vor Augen, wie wichtig die Entwicklung leistungsstarker Speichertechnologien ist, um Phasen mit ungünstigen Wetterverhältnissen ausgleichen zu können. Notwendig ist daher eine technologieoffene Förderung und eine nachhaltige Perspektive für Investitionen in Energiespeicher. Ein Hemmnis ist zudem die Doppelbelastung des gespeicherten Stroms, der aktuell zum einen bei der Einspeisung in den Speicher und ein zweites Mal bei der späteren Nutzung mit Gebühren belegt wird. Das ist weder nachvollziehbar noch zielführend.“ Auch beim Ausbau der Erneuerbaren brauche es mehr Tempo: „Insbesondere der Zubau der Windenergie an Land verläuft aktuell viel zu langsam. In den vergangenen drei Jahren ist er um fast drei Viertel eingebrochen. Um das Ruder herumzureißen, brauchen wir schnellere Genehmigungsverfahren, mehr Flächen für Windräder und eine Vereinfachung des Repowerings an bestehenden Standorten.“
Dies bekräftigt auch Prof. Dr. Frithjof Staiß, geschäftsführendes Vorstandsmitglied des ZSW, zumal er davon ausgeht, dass der Stromverbrauch aufgrund einer wachsenden Nachfrage im Bereich der Elektromobilität und der Elektrifizierung von Industrieprozessen sowie durch die Verbreitung von Wärmepumpen in Zukunft deutlich steigen wird. „Umso wichtiger ist es daher, dass die Bundesregierung den bis 2030 geplanten Ausbaupfad für die erneuerbaren Energien nach oben revidiert und die Voraussetzungen für eine neue Wachstumsdynamik der regenerativen Stromerzeugung schafft. Auch vor dem Hintergrund der zu erwartenden Anhebung des Klimaschutzziels für 2030 auf europäischer Ebene ist hier schnelles Handeln gefragt “, so der ZSW-Vorstand.
Erzeugungszahlen im Einzelnen
Im ersten Quartal 2021 lag die Bruttostromerzeugung bei 152 Milliarden kWh – ein Rückgang von 3,6 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum, hier lag sie im ersten Quartal bei 158 Milliarden kWh. Rund ein Prozentpunkt des Rückgangs ist auf den fehlenden Schalttag im Vergleich zu 2020 zurückzuführen. Dem stand ein Stromverbrauch von rund 145 Milliarden kWh gegenüber. Im ersten Quartal 2020 lag er bei 147 Milliarden kWh.
Insgesamt wurden rund 58 Milliarden kWh Strom aus Sonne, Wind und anderen regenerativen Quellen erzeugt, 2020 waren es im ersten Quartal noch 77 Milliarden kWh. Davon stammten gut 27 Milliarden kWh aus Wind an Land, gut 11 Milliarden kWh aus Biomasse, rund 7 Milliarden kWh aus Wind auf See, knapp 7 Milliarden kWh aus Photovoltaik und 4 Milliarden kWh aus Wasserkraft. Aus konventionellen Energieträgern wurden etwa 94 Milliarden kWh erzeugt. Im Vorjahreszeitraum waren es 81 Milliarden kWh.
Ökostromanteil: Zwei Berechnungsmöglichkeiten
Der Anteil erneuerbarer Energien bezogen auf den Bruttostromverbrauch im ersten Quartal 2021 beträgt 40 Prozent. Den Ökostromanteil am Bruttostromverbrauch zu bemessen, ist die gängige Berechnungsgrundlage. Sie geht zurück auf europäische Vorgaben und steht im Einklang mit den Zieldefinitionen der Bundesregierung zum Ausbau der erneuerbaren Energien. Der Bruttostromverbrauch bildet das gesamte Stromsystem eines Landes ab.
Eine andere Möglichkeit ist, den Anteil der erneuerbaren Energien an der Bruttostromerzeugung zu messen. Sie umfasst die gesamte in Deutschland erzeugte Strommenge, also auch die exportierten Strommengen. Der Anteil erneuerbarer Energien im ersten Quartal 2021 auf Basis der Bruttostromerzeugung beträgt 38 Prozent.