Für den diesjährigen „Aerogel Architecture Award“ wurden Projekte gesucht, die beispielhaft aufzeigen, wie das hochleistungsfähige Dämmmaterial Aerogel bei Renovationen historischer Gebäude sowie in der Architektur und im Bau im Allgemeinen zur Anwendung kommt.
Aus insgesamt 31 Eingaben für die beiden Kategorien „Realisierte Lösungen“ und „Studierendenprojekte“ nominierte die Fachjury je drei Podestplätze. Die Vertreter der umgesetzten Projekte wurden zur Preisverleihung im NEST, dem Forschungs- und Innovationsgebäude von Empa und Eawag, eingeladen.
Energetische Ertüchtigung geschichtsträchtiger Gebäude
In der Kategorie „Realisierte Projekte“ gingen fünf Projekte ein: eines aus China, eines aus Italien und drei aus Deutschland. Durchgesetzt hat sich schließlich das Projekt „Stringi-Stringi“ aus Livorno, Italien. Dabei handelt es sich um ein Renovationsprojekt des gleichnamigen Sozialwohnungsbaus, das vom Architekturbüro SB Ingegneria realisiert wurde. Um das schlecht isolierte Gebäude aus dem Jahr 1939 energetisch zu optimieren, wurden fünf entscheidende Interventionen an der Struktur vorgenommen: Das Dach wurde mit einer 140 mm dicken Schaumstoff-Isolation versehen, die Fassade mit EPS 100 Graphit beziehungsweise einer 50 mm Aerogel-Schicht saniert.
Die alte Gasheizung wurde durch eine Wärmepumpe ersetzt, wozu auf dem Dach eine Photovoltaik-Anlage installiert wurde. Schließlich wurden die Fenster ersetzt und mit einer 10 mm-Aerogel-Schicht abgedichtet. Besonders für die Sanierung der Fassade des V-förmigen Gebäudes, sei der Einsatz von Aerogel essenziell gewesen, so die Architektin, Serena Braccini. Dies, weil die Flexibilität des Materials die Isolation der gekrümmten Fassade erlaubt habe, ohne deren Erscheinungsbild zu verändern.
Auch die Jury hat dieser Einsatz des leistungsfähigen Aerogel-Materials überzeugt: „Das für die faschistische Epoche typische Gebäude des Architekten Ghino Venturi konnte dadurch energetisch auf den heutigen Standard gebracht werden, ohne den optischen Charakter zu beeinträchtigen“, fasst Jury-Mitglied Volker Herzog den Entscheid der Jury zusammen. Außerdem sei das Gebäude als ganzes System fit für das nächste Jahrhundert gemacht worden.
Auf den zweiten Platz schaffte es der Kindergarten Eversbuschstraße in München. Das Team des Architekturbüros Bodensteiner fest Architekten hatte den Auftrag, das 120-jährige Gebäude, das zuletzt 20 Jahre lang leer stand, mit möglichst einfachen Mitteln auf Vordermann zu bringen und ihm so zu einem neuen Leben zu verhelfen.
Künftig wird es als Integrationskindergarten genutzt werden, wobei die engen Platzverhältnisse eine große Herausforderung in der Planung gewesen seien, so die leitende Architektin, Annette Fest. Zentral für das Projekt waren der Erhalt beziehungsweise das Wiederverwenden vorhandener Materialien und Strukturen, wobei das hochgradig wärmedämmende Aerogel-Material größtmögliche Freiheiten geboten habe.
Den dritten Podestplatz belegt das Projekt rund um das Andreas-Schubert-Gebäude an der Technischen Universität Dresden, durchgeführt vom Büro IPROconsult. Das 1959 erbaute Fakultätsgebäude steht unter Denkmalschutz und musste deshalb unter Wahrung der materiellen Struktur saniert werden.
Es besteht aus einem tragenden Betongerüst, in welches dünnere Betonpanels und Fenster integriert sind. Im Zuge der Sanierungsmaßnahmen wurden sowohl die Betonpanels mit einer 50 mm dicken Aerogel-Dämmung versehen, wie auch neue Fenster installiert. Durch diese Maßnahmen konnte der Wärmeverlust um rund 75 Prozent gesenkt werden, während die charakteristische Fassade bewahrt werden konnte.
Visionäre Projekte, die emotional berühren
Groß war die Vielfalt bei den insgesamt 26 Studierendenprojekten, die aus diversen Ländern eingegangen sind. Mit dem ersten Platz prämiert wurde das Projekt „Tassi Museum“ des Duos Amanda Sayuri Hashimoto und Guilherme Pinheiro e Silva aus Brasilien.
Ihr Konzept sieht vor, das ehemalige „Hotel Tassi“ in Curitiba, das durch einen Brand großflächig verwüstet wurde, rundum zu renovieren und in ein Museum umzuwandeln. So wollen sie sowohl der ursprünglichen Architektur wie auch der Geschichte des Hauses Rechnung tragen.
Dazu haben sie vorgeschlagen, die alte, teils beschädigte Ziegelwand durch eine neue Holzkonstruktion zu stützen. Eine an der bestehenden Fassade angebrachte Aerogel-Isolation sorgt dafür, dass das Gebäude sprichwörtlich „atmen“ kann, wodurch die Wärmeisolation deutlich verbessert wird, ohne dass sich Feuchtigkeit zwischen Außen- und Innenwand bilden kann.
Nebst der Fassadenisolation, sieht das Projekt eine Überdachung des Innenhofs vor, die aus einer 30 mm dicken Aerogel-Schicht innerhalb zweier Glasscheiben besteht. Dadurch kann Tageslicht in den Innenhof gelangen, dieser jedoch wetterunabhängig genutzt werden.
Die Jury sieht in diesen zwei Anwendungen den optimalen Einsatz des innovativen Aerogel-Materials, wobei „ein Maximum des bestehenden Gebäudes und dessen Struktur bewahrt bleibt“, so Jury-Mitglied Beat Kämpfen. Besonderen Anklang fand die Kombination aus der alten, weiterhin sichtbaren, Ziegelsteinwand und der neuen Holzstruktur, die der Fassade zusätzliche Stabilität verleiht.
Den zweiten Rang belegt das Projekt von Patricia Malota aus Polen. Ausgehend von der Idee, dass Architektur sich unmittelbar auf die Psyche der Menschen auswirkt, hat sie ein städtisches Zentrum für psychische Gesundheit in Krakau entworfen, das zu großen Teilen lichtdurchlässige Aerogel-Fassaden aufweist. Insbesondere die Therapieräume profitierten dadurch von einer hellen, einladenden Atmosphäre, wobei der Schutz der Privatsphäre jederzeit gewährleistet sei, so die Jury.
Der dritte Platz geht an das Konzept von Michael Chang und Adrian Corbey von der Harvard University in Cambridge, USA. Mit ihrem „Aeroblock“ präsentieren sie eine Lösung für ein grundlegendes Problem des Carpenter Centers for Visual Arts, das 1963 fertiggestellt worden ist und aus der Feder der Schweizer Architektur-Ikone Le Corbusier stammt: Das zeitlose Gebäude wartet mit einer Fassade aus Glasblöcken auf, die jedoch über keinerlei Isolation verfügen.
Entsprechend unterliegt der Innenraum starken Temperaturschwankungen. Mittels neuer „Aeroblöcke“, welche die gläsernen Steine ersetzen sollen, verleihen die beiden Studenten der Fassade eine zeitgemäße Isolation, ohne deren faszinierende Optik zu beeinträchtigen. Neben den Awards erhielten die Top-3-Studierendenprojekte auch ein Preisgeld von 1.500, 1.000 und 500 Franken.