In den vergangenen Jahren gab es im Labormaßstab beachtliche Fortschritte bei der wasserbasierten Herstellung von Elektroden, die nickelreiche Aktivmaterialien enthalten. Einen Nachweis der Machbarkeit in einem produktionsnahen Maßstab gab es jedoch noch nicht. Dies ist dem ZSW nun gelungen.
„Unsere Arbeiten sollen die Herstellung von Elektroden in Lithium-Ionen-Batterien verbessern und umweltfreundlich machen, ohne die Leistung der Batterien zu beeinträchtigen“, sagt Prof. Dr. Markus Hölzle, Leiter des ZSW Geschäftsbereich in Ulm. „Dabei spielt die Substitution von giftigen Lösungsmitteln und biologisch nicht abbaubaren fluorhaltigen Chemikalien eine wichtige Rolle.“
Kostengünstigen und industrietauglichen Prozess entwickelt
Im Rahmen der Forschungsarbeiten hat das ZSW das Standard-Lösemittel NMP sowie das Binder-Gemisch PVDF mit einer wässrigen Formulierung ersetzt. Dadurch werden neben den positiven ökologischen Aspekten auch die Kosten bei der Zellfertigung gesenkt. Startpunkt waren eigene Arbeiten im Milliliter-Maßstab.
Nun konnten die Forschenden erstmals erfolgreich auch Elektroden von rund 100 m Länge herstellen. Hierzu wurden die vorentwickelten Materialien im Kilogramm-Maßstab eingesetzt. Dieser sogenannte Pilotmaßstab gilt als Schlüsselschritt bei der Übertragung von Labor (Milliliter) in die großtechnische Anwendung (Kubikmeter beziehungsweise Tonnen).
Das ZSW konnte mit den 100 Meter langen Elektrodenbändern auch erstmalig vollwertige zylindrische Batteriezellen des Formats 21700 produzieren. Dieses Zellformat setzt etwa der Autobauer Tesla in seinem Model 3 ein. Diese Batterien sind aber auch für den Einsatz im E-Bike geeignet. Die Übertragung des Prozesses auf weitere Zellformate wird folgen.
Neues Produktionsverfahren
Die mit dem neuen Verfahren hergestellten Batterien beinhalten ein hochaktives Kathodenmaterial mit 83 Gewichtsprozent Nickel und auf der Gegenseite, dem Minuspol beziehungsweise der Anode, Graphit. Die Zellen konnten erfolgreich bei 25 °C 1.000-mal geladen und entladen werden, bevor sie den Energieinhalt von 80 Prozent unterschritten. Ausgedrückt in Kilometern würde dies bei heute typischen Batteriegrößen in Elektrofahrzeugen mindestens 200.000 Kilometern entsprechen.
„Mit unserem neuen Produktionsverfahren verringern wir den ökologischen Fußabdruck von Lithium-Ionen-Batterien deutlich“, ergänzt Dr. Margret Wohlfarth-Mehrens, die als Fachgebietsleiterin für die Arbeiten verantwortlich war. „Nachdem bei den Anoden bereits seit vielen Jahren auch im industriellen Maßstab mit Wasser als Lösungsmittel gearbeitet wird, haben wir das nun auch bei den Kathodenmaterialien geschafft. Der Einsatz von Wasser ermöglichet neben dem Wegfall von giftigen Lösungsmitteln auch die Nutzung von nichtfluorierten Bindern, was das Recycling von Batterien deutlich vereinfacht.“
Lithium-Ionen-Batterien sind der zentrale Baustein für den Wandel hin zur Elektromobilität. Ihre Performance wird fast ausschließlich von den verbauten Materialien bestimmt. Um Innovationen in den Markt zu bringen, müssen Entwicklungen aus dem Labormaßstab in den Pilotmaßstab skaliert werden. Von Pilotmaßstab spricht die Wissenschaft dann, wenn alle Prozessschritte seriennahe Anforderungen erfüllen. Die Arbeiten erfolgten im Rahmen des vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderten Projektes DigiBatt Pro 4.0.