Stabilität aus dem Schwarm Versorgungssicherheit mit Batteriespeichern

Ähnlich wie Fische funktionieren zusammengeschaltete Batterien wie im Schwarm.

Bild: iStock, naturepics_li
26.11.2020

Im zehnten Jahr seines Bestehens erweitert ein Speicherhersteller und Community-Vernetzer mit neuen Kooperationen und Dienstleistungen seine Angebotspalette rund um die Themen Netzstabilisierung und Regelenergie.

Im Zentrum der Aktivitäten steht die „sonnen Community“, in der mittlerweile tausende Heimspeicher in Deutschland zu einem virtuellen Kraftwerk vernetzt sind. Mit dem im Sommer gelaunchten Angebot „sonnenFlat direkt“ adressiert das Unternehmen aus Wildpoldsried im Allgäu PV-Anlagen, die ab 2021 aus dem EEG fallen. Und das sind einige. Im kommenden Jahr steht für rund 18.000 Sonnenstrom-Anlagen das Ende der EEG-Vergütung an. Bis Ende des Jahres 2025 erweitert sich dieser Kreis auf 176.000 Anlagen mit einer Leistung von knapp zwei GW.

Wie die bisherige „sonnenFlat“ auch, besteht das neue Angebot aus drei Teilen. Neben der Eigenstromoptimierung über den Lithium-Eisenphosphat-Batteriespeicher mit einer Leistung von 4,6 kW und einer Speicherkapazität von 5,5 kWh in der neuesten Anlagengeneration, fließt der nicht selbst verbrauchte Strom in die Community und wird dort von Mitgliedern genutzt, die gerade Strom benötigen. Fällt auch danach noch Überschussstrom an, wird dieser an der Energiebörse vermarkt. Als Gegenleistung erhält der jeweilige Haushalt eine Freistrommenge, die sich wiederum positiv auf dessen Energiekostenrechnung auswirkt.

Schwankungen durch Prosumer ausgeglichen

Das Unternehmen, das seit März 2019 zum Shell-Konzern gehört, verweist auf die Netzdienlichkeit des Angebots. Schließlich sorgen Speicherung und Eigenverbrauch vor allem in den Mittagsstunden dafür, dass weniger Überschussstrom die Netze belastet. Zudem sorgen die tausende vernetzte klimafreundliche Prosumer dafür, dass Schwankungen im Stromnetz ausgeglichen werden. Die Gemeinschaft übernimmt damit Aufgaben, die bisher vor allem von konventionellen Kraftwerken erbracht wurden.

Eine kürzlich vereinbarte Kooperation mit Next Kraftwerke im Bereich der Primärregelleistung hat insbesondere die Internationalisierung im europäischen Kontext der Leistungen im Blick. Dabei sind die Aufgaben der beiden Pioniere im Bereich Virtuelle Kraftwerke klar verteilt. Während die Allgäuer die Aggregation, Steuerung und Verfügbarkeitsberechnung der flexiblen Batterieleistung übernehmen, ist für die sichere Anbindung des Batterieschwarms an die Leitstellen der Übertragungsnetzbetreiber und Regelenergiemärkte Next Kraftwerke zuständig. Das Kölner Unternehmen vernetzt in seinem Pool rund 9500 dezentrale Stromerzeuger und -verbraucher über eine Plattform und steuert diese über ein eigenentwickeltes Leitsystem. Die Erzeugungsleistung umfasst mittlerweile über 8000 MW.

Bündelung von Erzeugungseinheiten

Im Kooperationsprojekt kommen sogenannte Reservegruppen zum Einsatz, die Sonnen erstmals im Frühjahr eingesetzt hat. Nach Unternehmensangaben ermöglichen diese eine sichere und kosteneffiziente Bündelung von Erzeugungseinheiten bis 25 kW, damit auch diese Kleinstanlagen ihren Beitrag an den Regelleistungsmärkten für eine Stabilisierung des Stromnetzes leisten können.

Die Allgäuer rechnen fest mit einem Erfolg des Projekts. Schließlich hätte sich bereits der Pool aus vernetzten Stromspeichern in den vergangenen beiden Jahren erfolgreich am Markt für Primärregelleistung bewährt. Im zehnten Jahr des Bestehens von Sonnen gibt es zudem einen Wechsel an der Spitze des Unternehmens. Seit Anfang Oktober hat Oliver Koch die Geschäftsführung der Firmengruppe inne. Er tritt damit die Nachfolge von CEO und Gründer Christoph Ostermann an, der bis Ende des Jahres weiterhin die Geschäftsführung beraten wird. Ostermann ist dabei einer Fortsetzung der bislang geschriebenen Erfolgsgeschichte überzeugt: „Wir sehen uns als Energieversorger der Zukunft“, betont er. Dies beinhalte, dass man den Haushalten Angebote mache, mit denen sie Strom produzieren und speichern und sich mit anderen vernetzen können. Die dahinterstehenden Bedürfnisse bringt der Gründer so auf den Punkt: „Unsere Kunden wollen ihre saubere, selbst erzeugte Energie rund um die Uhr und möglichst in allen Lebensbereichen nutzten, also auch zum Heizen oder zum Fahren. Und sie wollen das natürlich mit wirtschaftlichen Vorteilen verbinden und geringe Einstiegshürden haben.“ Eine Basis des Geschäftsmodell ist eine klare Unternehmensstruktur. Dazu zählt ein Business Innovation Team, das laut Ostermann „sehr nah an den Kundenbedürfnissen ist und daraus neue Geschäftsmodelle entwickelt“. Hinzu kommt die Sonnen eServices, die Stromverträge oder das virtuelle Kraftwerk betreut. Ein weiterer wesentlicher Faktor ist die eigene Entwicklung und Produktion des Basisprodukts Stromspeicher.

Ostermann ist sich sicher, dass diese über kurz oder lang zu einem Massenprodukt werden: „Irgendwann werden sie zum Haus dazu gehören wie ein Kühlschrank.“ Damit verbunden ist der Effekt, dass diese sich technisch kaum noch voneinander unterscheiden, so dass der Kunde eine große Auswahl ähnlich guter Produkte hat. „Aus Unternehmersicht ist das ein Markt, in dem es geringe Margen gibt und man Alleinstellungsmerkmale braucht“, hat der CEO und Gründer ausgemacht.

Virtuelle Kraftwerke gehören zum Alltag

Dieser Entwicklung müssen man natürlich ein Stück weit voraus sein, um weiter wachsen zu können. „Deshalb differenzieren wir uns“, sagt Ostermann. Dies gelinge, indem Sonnen nicht nur einen Stromspeicher, sondern viele Leistungen darum herum anbietet, sowohl für Haushalts- als auch gewerbliche Kunden wie zum Beispiel Netzbetreiber. Ostermann bringt die Stoßrichtung so auf den Punkt: „Bei uns sind virtuelle Kraftwerke und Blockchain nicht nur Schlagworte, sondern gehören zum Arbeitsalltag.“

Zum Erfolg gehört nach seiner Ansicht auch eine gewisse Risikobereitschaft. „Jeder, der ein Unternehmen gründet weiß, dass immer irgendetwas schief gehen kann.“ Das könne insbesondere bei jungen Unternehmen jeder Fehler schwerwiegende Auswirkungen haben. „Aber Innovation gibt es eben nur mit Risiko“, gibt der scheidende Firmengründer zu bedenken.

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  • Der Pool aus vernetzten Stromspeichern hat sich in den vergangenen beiden Jahren erfolgreich am Markt für Primärregelleistung bewährt.

    Der Pool aus vernetzten Stromspeichern hat sich in den vergangenen beiden Jahren erfolgreich am Markt für Primärregelleistung bewährt.

    Bild: Sonnen

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