Als internationales Rohstoffunternehmen fördert und veredelt K+S seit mehr als 125 Jahren mineralische Rohstoffe. Die geförderten Mineralien kommen in der Agrarwirtschaft, Ernährung und Straßensicherheit sowie in zahlreichen industriellen Prozessen weltweit zum Einsatz.
Kraftwerk zur autarken Versorgung
Im niedersächsischen Wunstorf betreibt das Unternehmen mit 770 Beschäftigten das Kaliwerk Sigmundshall. Seit 1906 ist das Werk in Betrieb – die Produktpalette umfasst heute kalium- und magnesiumhaltige Düngemittel sowie Kaliumchlorid als technisches Salz für die Industrie. Von Sigmundshall aus gehen die Produkte als Schüttgut in alle Welt.
Weil der Bergwerksbetrieb und die Aufbereitung des Rohsalzes zu qualitativ hochwertigen Produkten energieintensiv ist, hat der Standort Sigmundshall ein GuD-Kraftwerk mit einer Feuerungswärmeleistung von 116 MW. Das Kraftwerk wurde über die Jahrzehnte sukzessive erweitert und an die Produktionskapazitäten angepasst. Heute wird eine Gasturbine betrieben, und zwei Dampfturbinen werden aus mehreren Kesseln gespeist. So versorgt das Kraftwerk den Standort flexibel und zuverlässig mit Strom und Prozessdampf und erhöht zudem die Verfügbarkeit. Bemerkenswert hoch ist mit rund 84 Prozent der Gesamtnutzungsgrad der Anlage. „Wir können unseren hohen Energiebedarf autark erzeugen“, erläutert Christian Berghausen, Leiter Kraftwerksbetrieb am Standort Sigmundshall. „Wir haben hier viel Kraftwerk auf sehr kleinem Raum“.
Historisch gewachsenes Mischsystem
Bis zur Einführung des KKS wurden Anlagenteile, Aggregate und Betriebsmittel auf ganz unterschiedliche Art und Weise beschriftet und dokumentiert. So gab es – je nach Anlagenteil – eine große Bandbreite an Beschriftungen und Dokumentationen, die meistens von den jeweiligen Herstellern kamen. „So entstand mit wechselnden Anlagen-Errichtern über die Jahrzehnte ein komplexes Mischsystem“, erinnert sich Berghausen, „Anlagen-Kennzeichnung und -Dokumentation waren nicht aus einem Guss und damit schwer nachvollziehbar.“
Vieles sprach für eine umfassende und normgerechte Kennzeichnung und Dokumentation aller Anlagenteile und Betriebsmittel – auf der Grundlage des normierten Kraftwerk-Kennzeichensystems. In erster Linie ging es darum, die Betriebssicherheit zu erhöhen und den Arbeitsschutz zu verbessern. „Ein Vertauschen eines Aggregates oder einer Leitung kann zu erheblichen Personen- und Anlagenschäden führen“, so Berghausen. Wartung und Instandhaltung sollten zudem einfacher werden und den Kraftwerkbetrieb sicherer machen.
Projektvergabe an Experten
Vor der KKS-Einführung wurden zunächst auf Basis der umfangreichen Bestandsdokumentation alle erforderlichen Leistungen zur Ausschreibung des Projekts definiert. Nach einer ausführlichen technischen und kaufmännischen Bewertung erfolgte die Vergabe des Auftrages an die Gabo IDM. Das Unternehmen aus Erlangen verantwortet die technische Dokumentation des Anlagenmanagements in der Energieerzeugung. „Unser Kerngeschäft ist das Daten- und Dokumentenmanagement als Basis für die Industrie 4.0“, erläutert Geschäftsführer Hans Karl Preuss von Gabo IDM. „Dazu erstellen wir – weitgehend automatisiert – die benötigten Informationen zur gesetzeskonformen Organisation der Betriebsabläufe.“
Als Vorarbeit zur Implementierung des KKS koordinierte Gabo IDM zunächst die Übernahme aller vorhandenen Anlagendokumentationen und Datenstrukturen in das selbstentwickelte Anlagenverwaltungssystem AVIS – dabei wurde auch eine neue Datenstruktur entwickelt. „Mittels einer Ist-Analyse der technischen Dokumentation der Bestandsanlage wurde dann überprüft, welche Normen und Vorschriften bereits befolgt werden“, erklärt Preuss. „Im Hinblick auf die angestrebte umfassende Konformität wurden die erforderlichen Richtlinien ausgearbeitet.“ Alle Prozessschritte wurden sukzessive mit Berghausen und seinem Team besprochen und umgesetzt. Dabei sollten die umfangreichen Anlagensysteme vor allem für die zukünftige Dokumentation gerüstet sein.
Einführung von KKS
Nach diesen intensiven Vorarbeiten wurden sämtliche Bestandspläne digitalisiert, und die alten Kennzeichnungen wurden in das neue Kennzeichnungssystem nach KKS überführt. Um die Konversion von Alt- zum Neusystem transparent zu gestalten, wurde eine weitere Datenbank geschaffen. Insgesamt wurden dann mehr als 4800 Anlagenkennzeichnungsschilder von Phoenix Contact erzeugt. Hierbei kam das Beschriftungssystem Topmark Laser zum Einsatz, das durch ein spezielles Laserverfahren für eine gute Lesbarkeit und hohe Beständigkeit sorgt.
Die bei Phoenix Contact erstellten Kennzeichnungsschilder wurden dann mit den passenden Mediumsfarben ergänzt und im Werk Sigmundshall mittels Befestigungs-Carriern montiert. Zusätzlich wurde bei den Rohrleitungen – ob Wasser oder Gas – das Medium und die Flussrichtung ausführlich gekennzeichnet. Auf diese Weise wurde trotz der vielen Kreuzungen eine hohe Übersichtlichkeit geschaffen.
Durch die Digitalisierung der Anlagendokumentation hat sich auch deren Verfügbarkeit verbessert. Während die Unterlagen vor der KKS-Einführung meist in diversen Aktenordnern gesucht werden mussten, ist die Gesamtdokumentation für alle Anlagenteile nun über den QR-Code sofort verfügbar.
Mit den Ergebnissen zufrieden
„Mit unserem KKS-Projekt konnten wir die Anlagenübersicht verbessern und die Prozesssicherheit erhöhen“, blickt Berghausen zurück. Als positiv kann zudem verbucht werden, dass die Einführung des durchgängigen Ordnungssystems inklusive der 2D-Fließbilder – der so genannten R&I-Schemata – die Einarbeitung neuer Mitarbeiter erheblich erleichtert. Auch die 25 Kraftwerksmitarbeiter haben sich an das neue Kennzeichnungssystem gewöhnt und finden sich nun gut zurecht. Zudem wurde mit dem Dokumentationssystem eine solide Grundlage geschaffen für weitere Modifikationen der Anlage sowie für künftige Überprüfungen – etwa durch den TÜV.