Neues Flugkonzept Virtual Reality in Flugzeugkabinen

Zwei Drittel der Teilnehmenden sehen einen Mehrwert von VR und würden diese gerne in der Flugzeugkabine nutzen.

Bild: DLR
03.03.2023

130 Fluggäste befinden sich an Bord des AVES des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR). Obwohl die Passagierinnen und Passagiere in einer Flugzeugkabine sitzen, nehmen sie an einem touristisch geführten Stadtrundgang teil. Das DLR hat untersucht, wie sich VR in der Kabine auf Langstreckenflügen auf Reisende auswirkt.

Das DLR hat in seinem Projekt InDiCaD (Innovative Digital Cabin Design) untersucht, ob Virtual Reality (VR) während eines Flugs in der Kabine eingesetzt werden kann. Außerdem haben die Forschenden geprüft, inwieweit die VR sich negativ auf das Wohlbefinden der Fluggäste auswirkt. Ziel ist es, Langstreckenflüge für die Reisenden angenehmer zu machen und die Passagierkabinen langfristig moderner zu gestalten. Der Einsatz von VR-Brillen anstatt der bisher üblichen Bildschirme ließe auch eine stärkere Individualisierung der einzelnen Sitzplätze zu.

„In den Versuchen haben wir verschiedene Flugphasen simuliert“, erklärt Alexander Schiller vom DLR-Institut für Flugsystemtechnik. „Nach einer kurzen Eingewöhnungsphase haben wir die Passagierinnen und Passagiere gebeten, sich eine VR-Brille aufzusetzen und den Rundgang durch die Hamburger Speicherstadt zu erleben.“ Während den Reisenden über ihre VR-Brillen eine 360-Grad-Rundumsicht zur Verfügung stand, simulierte das Bewegungssystem des AVES typische Flugbewegungen, wie beispielsweise Kurvenflüge oder Flüge durch Turbulenzen. Die spürbaren Beschleunigungen erlebten alle Studienteilnehmenden dabei mit gleicher Intensität.

Verbessertes Wohlbefinden

Im Anschluss an den Flug befragten Forschende vom DLR-Institut für Luft- und Raumfahrtmedizin die Probandinnen und Probanden. Das Ergebnis: Der Einsatz von VR in einer Flugzeugkabine kann helfen, das Wohlbefinden und Erleben der reisenden Personen zu verbessern. Im Vergleich zu herkömmlichen Bildschirmen erzeugt VR eine deutlich stärkere Immersion, also den Effekt, dass die Nutzenden eine virtuelle Umgebung als real empfinden.

„So können Passagierinnen und Passagiere von VR-Anwendungen auf Langstreckenflügen profitieren“, erklärt Justin Mittelstädt vom DLR-Institut für Luft- und Raumfahrtmedizin. „Sie können sich auf dem Flug erholen, besser entspannen und sogar Flugangst kann durch die Ablenkung gemindert werden.“ Außerdem reduziert das Eintauchen in eine VR-Anwendung die negativen Effekte eines geringen Platzangebots und blendet Störgeräusche in der Kabine besser aus.

VR ersetzt Fenster in neuen Flugzeugkonzepten

Eine besonders wichtige Rolle würden VR-Brillen aber in zukünftigen Flugzeugkonzepten ohne Kabinenfenstern spielen. Dies wäre beispielsweise bei einem Nurflügler der Fall. Dieses Konzept, das Flugzeug hat dann die Form eines Rochens, kommt weitestgehend ohne Fenster aus. Die VR-Brille bietet den Reisenden dann trotzdem eine Außensicht.

Doch es gibt auch Herausforderungen beim Einsatz von VR im Flugzeug: Es kann häufig zu der sogenannten Bewegungskrankheit kommen. Das ist dann der Fall, wenn die körperlich wahrgenommenen Bewegungskräfte nicht zur gesehenen Szenerie in der VR passen. Da den körperlich wahrgenommenen Bewegungskräften im Flugzeug durch Flugbewegungen oder Turbulenzen eine große Bedeutung zukommt, ist der Einsatz von VR in diesem Fall besonderen Bedingungen ausgesetzt.

„Mit der Forschung im AVES konnte an einer großen Stichprobe gezeigt werden, dass VR in der Flugzeugkabine gut nutzbar ist und es zu keiner starken Bewegungskrankheit kommt“, freut sich Schiller über die Ergebnisse der Studie. „Außerdem sahen zwei Drittel aller Teilnehmenden einen Mehrwert von VR und würden sie gerne in der Flugzeugkabine nutzen.“

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