Florian Haspinger ist mit diesem Beitrag im P&A-Kompendium 2020 als einer von 100 Machern der Prozessindustrie vertreten. Alle Beiträge des P&A-Kompendiums finden Sie in unserer Rubrik Menschen.
Investitionskosten, Betriebskosten bis hin zur Produktqualität: Die Planung einer Prozessanlage hat hierauf einen maßgeblichen Einfluss. Nach wie vor aber stimmen Planung und Realität zu oft nicht überein. Konstruktionsfehler erschweren komplexe Bauvorhaben. Fehlplanungen lassen Kosten in die Höhe schießen. Das mag unter anderem am jetzigen Workflow liegen.
Ingenieure arbeiten mit 3D-Modellen in CAD-Systemen wie Catia oder AutoCAD. Allerdings ausschließlich auf 2D-Bildschirmen und im verkleinerten Maßstab. Der Abgleich mit der Realität erfolgt dabei meist analog. Das heißt, Ingenieure drucken Papierpläne aus, zeichnen weitere Daten aus dem CAD-Modell ein und prüfen anschließend – mit dem Klemmbrett ausgerüstet – die Entwürfe im Feld. Ein zeitintensiver und auch fehleranfälliger Prozess.
Hier kann Augmented Reality in vielen Bereichen von entscheidendem Mehrwert sein. Unter anderem, wenn mittels AR digitale Planungsdaten effizient mit der realen Umgebung abgeglichen werden können.
CAD-Daten als Hologramme in realer Umgebung
Wie bei vielen Veränderungsprozessen sind es in großem Maße die Mitarbeiter, die über Erfolg oder Scheitern entscheiden. Es muss für sie erkennbar sein, wie die Technologie ihre konkreten Anforderungen und Bedürfnisse im Einsatz adressiert. Gute Engineering-Tools helfen dem Anlagenplaner, trotz Personal- und Kapazitätenknappheit, den Wettlauf gegen die Zeit und Budgetvorgaben zu gewinnen.
Die passende Augmented-Reality-Software ist dabei nicht nur ein Tool, das Vorteile auf Unternehmensebene generiert, sondern Ingenieure und Industriedesigner unterstützt. Sie vereinfacht und verbessert Arbeitsabläufe in der Planung, Entwicklung und Produktion.
Der Augmented Reality Engineering Space (ARES) ermöglicht es Ingenieuren, CAD-Daten als Hologramme in realer Umgebung zu visualisieren, zu bearbeiten und gemeinsam zu nutzen. Über eine AR-Brille lassen sich Varianten oder finale Konzepte in 3D sowie Originalgröße darstellen. Unstimmige Details beziehungsweise leicht übersehbare Konstruktionsfehler des Modells werden deutlich sicht- und modifizierbar.
Mithilfe der AR-Software können zudem geplante Rohrleitungen und Baugruppen direkt an ihrem vorgesehenen Zielort visualisiert und manipuliert werden. So lässt sich anhand des digitalen Zwillings schnell feststellen, ob Planung und Realität vereinbar sind.
Virtuelle Kollaborationsumgebung für Stakeholder
Heute überlegen Chemiker und Ingenieure gemeinsam, ob etwas, was in kleinem Maßstab funktioniert, auch in einer Prozessanlage klappen kann. Der Maschinenbauer stellt die einzelnen Komponenten zusammen und der Anlagenbauer sorgt dafür, dass alles auch zusammenpasst.
Der AR-Workspace bietet nun eine Kollaborationsumgebung, um Stakeholder zusammenzuführen. Sie können sich zu einer virtuellen Arbeitssitzung an einem identischen 3D-Objekt einfinden und dieses gemeinsam bearbeiten. Alle in der Arbeitssitzung besprochenen beziehungsweise am digitalen 3D-Modell markierten Anpassungen können dann lückenlos in die entsprechenden Tools der weiteren Workflows integriert werden.
Die Digitalisierung ist somit auch in der Anlagenplanung und im Engineering eine der wichtigsten und zugleich zukunftssichernden Aufgaben. Nur wer schon heute die richtigen Schritte unternimmt, wird sich in einem hoch kompetitiven Marktumfeld beweisen können. „Von Papier zu Augmented Reality“ ist einer dieser Schritte.