„Bei der Energiewende sprechen wir bisher viel zu wenig über Wärme“, sagt Othmar Verheyen vom Lehrstuhl für Energietechnik an der Universität Duisburg-Essen. „So ist es in der Vergangenheit nicht gelungen, einen Schulterschluss zwischen den Akteuren der Kraft-Wärme-Kopplung und denen der erneuerbaren Energien zu erreichen.“ Verheyen sieht strukturelle Vernetzungs-Defizite auf dem Energiemarkt, die teilweise aufgrund gegenläufiger Entwicklungen entstanden sind. Während die Einspeisung von Strom aus Sonne, Wind und Biogas in den vergangenen Jahren im Zuge des Erneuerbaren-Energien-Gesetzes (EEG) ungeahnte Höhen erreichte, ist gleichzeitig der Regelenergiemarkt geschrumpft, womit auch die Betreiber von mit fossilen Brennstoffen gefeuerten Kraft-Wärme-Erzeugungseinheiten zu kämpfen haben.
Um diese trotzdem wirtschaftlich weiter betreiben zu können, begrüßt der Verband kommunaler Unternehmen (VKU) das neue Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz, das am 1. Januar 2016 in Kraft getreten ist. „Die KWK-Technologie ist eine Domäne der Stadtwerke. Sie sparen mit der energieeffizienten und klimafreundlichen Wärmeversorgung pro Jahr rund elf Millionen Tonnen CO2 ein, was nun fortgeführt werden kann“, unterstreicht VKU-Präsident Ivo Gönner die Tragweite dieser Technologie. „Gerade mit Blick auf die Wärmewende brauchen wir leistungsfähige Wärmenetze und Speicher. Nur so kann es gelingen, sukzessive mehr erneuerbare Energien in die Wärmeversorgung in Ballungsräumen zu integrieren“, heißt es beim VKU.
Gegenwärtig werden in Deutschland laut VKU etwa 56 Millionen Tonnen CO2 jährlich durch den Einsatz der Kraft-Wärme-Kopplung eingespart. Bei einem weiteren Anstieg des KWK-Anteils auf 25 Prozent an der gesamten Stromerzeugung steige dieser Wert auf rund 82 Millionen Tonnen an. Perspektivisch liege das deutsche KWK-Potenzial bei bis zu 170 Terawattstunden (TWh) – überwiegend in der öffentlichen Versorgung.
Der positive Klimabeitrag durch KWK ist unbestritten. Beispielsweise wird bei der KWK-Verfeuerung von Steinkohle die Emission um rund 30 Prozent reduziert. Und neueste Gas- und Dampfturbinen optimieren die Stromkennzahlen immer weiter. Es gebe keine schlechte oder gute KWK, so Verheyen. Auch hinken Effizienzvergleiche von kleinen, mittelgroßen und großen KWK-Anlagen oftmals, weil komplexe Parameter im Umfeld unberücksichtigt bleiben. „Aber unabhängig der Komplexität muss das Ziel sein, den KWK-Bereich mittelfristig auf erneuerbare Energie umzustellen“, sagt Verheyen mit Blick auf einen zukünftigen Systemwechsel. Dabei rücken neue Technologien wie Power-to-Heat oder auch künftig Power-to-Gas (Methan, Wasserstoff) immer mehr in den Fokus. Im Zuge dessen wird auch der Einsatz einer neuen Generation von Brennstoffzellentechniken im Mikro-KWK-Segment immer interessanter.
Schon heute leistet auch die Mehrzahl der rund 8.000 Biogasanlagen in Deutschland eine effiziente, nonfossile Kraft-Wärme-Kopplung. Dabei wird die Abwärme der gasgeführten Blockheizkraftwerke direkt in die Nahwärmenetze eingespeist oder das erzeugte Biogas über Gasleitungen weitergeleitet zu Satelliten-BHKWs, wo es effizient und bedarfsgerecht in Wärme oder Strom zerlegt wird. Dafür erhalten die Biogasanlagen-Betreiber innerhalb der EEG-Vergütung einen sogenannten KWK-Bonus.
Bislang hat die KWK-Branche mit der Biogaserzeugung nur wenig Berührungspunkte. Das liegt hauptsächlich daran, dass die konventionellen Kraftwerksbetreiber aus einem diametral anderen energiewirtschaftlichen Kontext kommen als die Biogas-Unternehmer. Diese drängten unter der schützenden Haube des EEG im vergangenen Jahrzehnt nach und nach in den Wärme- und Gasmarkt. Der Zubau von Biogaserzeugung ist allerdings aufgrund des letzten Erneuerbare-Energien-Gesetzes auf ein sehr niedriges Niveau eingebrochen. Viele Energieexperten sehen dies kritisch, weil sich dies hinsichtlich eines Ausbaus der Kraft-Wärme-Koppelung auf Basis von erneuerbaren Energien kontraproduktiv verhält.
Über die Biogas-Thematik hinaus fordern indes viele Verbände eine stärkere Förderung der kleinen KWK im privaten und gewerblichen Bereich. Sie wünschen sich vor allem eine Besserstellung des Wärme-Eigenverbrauchs. „Klimapolitisch birgt gerade der dezentrale Wärmemarkt enorme Potenziale, die bis heute nicht annähernd erschlossen sind“, sagt Birgit Arnold, geschäftsführende Vizepräsidentin des Verbandes für Wärmelieferung. In die gleiche Kerbe schlägt Stefan Kukuk. Der Geschäftsführer der Arbeitsgemeinschaft für sparsamen und umweltfreundlichen Energieverbrauch sagt, dass „kleine KWK-Anlagen immer noch nicht ausreichend gefördert werden, obwohl dies im Rahmen der beschleunigten Sanierung im Wärmemarkt dringend geboten wäre“.