In der Photovoltaikbranche stehen alle Zeichen auf Wachstum. Während Unternehmen oder Energieversorger an vielen Stellen in Deutschland neue Solarparks planen, entscheiden sich auch zahlreiche Privateigentümer besonders im Zuge der Gaskrise dazu, ihre Gebäudedächer mit Photovoltaikanlagen auszustatten.
Zudem setzen immer mehr Gewerbebetriebe auf eine nachhaltigere beziehungsweise regionale Stromerzeugung und ziehen daher häufig in Betracht, ihre Fabriken oder Betriebsstätten mit PV-Modulen bestücken zu lassen. So wollen sie ihre Versorgung in Krisenzeiten sichern und zukünftige Schwankungen des Energiepreises abfedern.
„Vor allem die Ukraine-Krise und die Sorge rund um einen möglichen Energienotstand haben das Interesse vieler Deutscher beflügelt, hier schnell zu handeln. Diese hohe Nachfrage hierzulande trifft jedoch aufgrund der Anfälligkeit globaler Lieferketten auf ein derzeit geringes Angebot“, weiß Markus Walther vom Unternehmen Ihr Solarparkverwalter und Experte für den Betrieb von Photovoltaikanlagen. Welche Gründe existieren für die derzeitige Situation und wie kann die Politik diese Probleme schnellstmöglich beheben?
Waage im Ungleichgewicht
Einerseits erlebt Deutschland eine steigende Energienachfrage, anderseits kann diese aufgrund globaler Begebenheiten in einigen Bereichen nicht gedeckt werden. Deutlich wird dies anhand derzeitiger Lieferschwierigkeiten, welche durch kurzzeitige oder komplette Unterbrechungen der Lieferketten, den sogenannten Supply Chains, entstehen.
Ursache dafür sind auftretende Faktoren, wie eine geringere Produktionsmenge, Material- oder Containerknappheit sowie Warteschlangen an Häfen und anderen Umschlagplätzen. Die durch Corona ohnehin schon stark strapazierten Lieferketten werden nun zusätzlich durch die Situation in der Ukraine belastet.
Viele Firmen haben bereits während der letzten Zeit ihre Lagerhaltung von PV-Komponenten stark reduziert, um Kosten zu sparen. Die Neuorganisation der Supply Chain zur Steigerung der produzierten Stückzahlen benötigt Zeit. Bis dahin sind kompetente PV-Betriebe stets bemüht, trotz der Ausfälle ihren hohen Verarbeitungsstandard beizubehalten und versuchen daher qualitativ gleichwertige Produkte zu verwenden. „Kaum ein Monteurbetrieb erfreut sich nicht schlagartig gestiegener Nachfrage in Deutschland“, erklärt Walther. Für die Auftraggeber bedeutet dies jedoch selbstverständlich lange Wartezeiten und einiges an Geduld.
Große Sorgen bei Betreibern
Nicht nur beim Neubau von Anlagen kommt es jedoch zu Lieferproblemen – auch Betriebsausfälle bestehender Solarparks erfordern den Austausch defekter Teile, damit sie weiterhin Strom produzieren können. Ansonsten droht schnell ein hoher Ertragsausfall für die Betreiber und Investoren.
Momentan überschreiten Zustellungszeiten für einen benötigten Wechselrichter jedoch schon mehrere Monate und es werden vereinzelt bestimmte Produkte von Herstellern aus dem Sortiment genommen. Dies sorgt folglich für Extrakosten im Zusammenhang mit der nötigen Umplanung und etwaigem Umbau.
„Besonders häufig fehlen im Moment benötigte Wechselrichter oder Router für die tägliche Erhaltung von großen Solarparks. Durch das Ausbleiben von Lieferungen verzögern sich Reparaturen und es kommt im schlimmsten Fall mindestens teilweise zum Stillstand der Anlage“, verdeutlicht der Experte. Somit betrifft die aktuelle Situation selbst bestehende Solarparks oder Dachsysteme, die aufgrund fehlender Ersatzteile nicht ihren geplanten Beitrag leisten könnten.
Aussicht für die Zukunft
„Die Antwort auf die aktuelle Situation sollte der Aufbau einer deutschen und europäischen Photovoltaik-Komponentenproduktion sein. Damit lässt sich die derzeitige Abhängigkeit von Großlieferanten wie unter anderem China nachhaltig in den Griff bekommen“, konkretisiert Walther.
Des Weiteren sollten Hersteller parallele Lieferketten aufbauen, um Unterbrechungen leichter zu kompensieren. Eine in Deutschland angesiedelte Produktion erlaubt unter anderem eine schnellere und unkompliziertere Verfügbarkeit von Bau- und Ersatzteilen. Zudem ermöglicht die hiesige Herstellung auch beispielsweise die Einführung von identischen Komponenten, um diese wie bei Autoherstellern in einem geordneten Baukastensystem zu nutzen. Damit wäre eine flexiblere Projektplanung möglich und Unternehmen könnten sich auch unkomplizierter größere Lagerbestände anlegen.
Der Experte hält fest: „Um dies jedoch in der näheren Zukunft überhaupt umzusetzen, benötigt die Photovoltaikbranche Unterstützung seitens der Bundesregierung und der Europäischen Union. Nur so kann die PV-Branche den momentanen Wandel von den Fossilen zu den Erneuerbaren weiter ungehindert vorantreiben und den Klimawandel zunehmend in die Schranken weisen.“