Heutige Solarmodule werden hauptsächlich aus Silizium hergestellt, Möglichkeiten für weitere Steigerungen des Wirkungsgrads sind bereits weitgehend ausgereizt. Doch seit 2008 ist die Materialklasse der „Metallhalogenid-Perowskite“ in den Fokus der Forschung gerückt: diese Halbleiterverbindungen wandeln das Sonnenlicht überaus effizient in elektrische Energie um und bieten noch viel Raum für Verbesserungen. Insbesondere lassen sie sich hervorragend mit Silizium-Solarzellen zu Tandemsolarzellen kombinieren, die das Sonnenlicht viel effizienter nutzen können.
Rennen um die Prozente
Am HZB arbeiten mehrere Gruppen seit 2015 intensiv sowohl an den Perowskit-Halbleitern, als auch an Siliziumtechnologien und der Kombination von beiden zu innovativen Tandemsolarzellen. Im Januar 2020 hatte das HZB den Rekordwert von 29,15 Prozent für eine Perowskit-Silizium-Tandemsolarzelle erreicht. Dann konnte die Firma Oxford PV vor Weihnachten 2020 einen zertifizierten Wirkungsgrad von 29,52 Prozent bekannt geben. Seitdem läuft das spannende Rennen.
„Ein Wirkungsgrad von 30 Prozent ist wie eine psychologische Grenze für diese faszinierende neue Technologie. Das könnte die Photovoltaikindustrie in naher Zukunft revolutionieren“, erklärt Steve Albrecht, der die Perowskit-Dünnschichten im HySPRINT-Innvovationslab am HZB untersucht. Bernd Stannowski, Gruppenleiter für Siliziumtechnologie am PVcomB des HZB, fügt an: „Besonders hervorheben möchte ich die gute Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Gruppen und Instituten am HZB. So haben wir es geschafft, wieder eine Tandemsolarzelle komplett am HZB zu entwickeln und nochmals den Weltrekord zu holen.“
Für diese Tandemsolarzelle wurde der Fokus auf die optische Verbesserung der Silizium-Heterojunction Bottomzelle gelegt. Dazu wurde eine nanotexturierte Vorderseite und ein dielektrischer Rückreflektor eingefügt. Nun kam die offizielle Bestätigung: „Unsere neuen Perowskit-Silizium-Tandemsolarzellen wurden mit einem Weltrekord-Wirkungsgrad von 29,80 Prozent vom Fraunhofer ISE CalLab zertifiziert“, freut sich Christiane Becker, die mit ihrem Team untersucht, wie sich durch Nanostrukturierungen die Reflexionsverluste verringern lassen.
Herstellung der neuen Solarzelle
Für die neue Arbeit untersuchten Dr. Philipp Tockhorn (Gruppe Albrecht) und Doktorand Johannes Sutter (Gruppe Becker), wie sich Nanostrukturen an verschiedenen Grenzflächen auf die Leistung einer Tandemsolarzelle aus einer Perowskit-Solarzelle auf einer Silizium-Solarzelle auswirken. Zunächst berechneten sie mit einer Computersimulation die Photostromdichte in den Perowskit- und Silizium-Subzellen für verschiedene Geometrien mit und ohne Nanotexturen.
Anschließend stellten sie Perowskit-Silizium-Tandemsolarzellen mit verschiedenen Strukturierungen her: „Schon die einseitige Nanotexturierung verbessert die Lichtabsorption und ermöglicht einen höheren Kurzschlussstrom im Vergleich zu einer planen Referenz“, sagt Sutter. Und sein Kollege Tockhorn ergänzt: „Bemerkenswert ist, dass die Nanotexturen auch zu einer leichten Verbesserung der elektronischen Qualität der Tandemsolarzelle und zu einer besseren Filmbildung der Perowskit-Schichten führen."
Auch an der Rückseite der Zelle, die das infrarote Licht zurück in den Silizium-Absorber reflektieren soll, wurden Verbesserungen erreicht. „Durch den Einsatz eines dielektrischen Reflektors konnten wir diesen Teil des Sonnenlichts effizienter nutzen, was zu einem höheren Photostrom führt“, sagt Dr. Alexandros Cruz Bournazou, Postdoc in Bernd Stannowskis Gruppe.
Die Ergebnisse zeigen den Weg für weitere Verbesserungen auf. Denn die Simulationen legen nahe, dass sich die Leistung durch eine beidseitige Nanostrukturierung der Absorberschichten noch weiter steigern ließe. Ein Wirkungsgrad von deutlich über 30 Prozent könne erreichbar sein, davon sind die Forschenden überzeugt. Das Rennen ist offen.