Strahlt Licht auf einen Halbleiter, gibt es Energie an diesen ab. In der Folge bilden sich im Halbleiter negativ geladene Elektronen und positiv geladene Löcher, die sich anschließend paarweise aneinanderbinden. Die Elektron-Loch-Paare, Exzitonen genannt, weisen bei modernen zweidimensionalen Halbleitern eine außerordentlich große Bindungsenergie auf.
In ihrer Studie stellten sich die Forschenden der Herausforderung, das Loch eines Exzitons zu untersuchen, wie der Physiker und Erstautor Jan Philipp Bange von der Universität Göttingen erklärt: „In unserem Labor erforschen wir mittels Photoemissionsspektroskopie, wie optische Anregungen in atomar dünnen Halbleitern zu Ladungstransferprozessen führen. Bislang haben wir uns dabei auf Elektronen konzentriert, die wir mit einem Elektronenanalysator messen können. Auf Löcher hatten wir bisher keinen direkten Zugriff. Uns beschäftigte daher die Frage, wie wir nicht nur das Elektron, sondern auch das Loch eines Exzitons charakterisieren können.“
Um diese Frage zu beantworten, nutzten die Göttinger Forschenden unter der Leitung von Dr. Marcel Reutzel und Prof. Dr. Stefan Mathias aus der Fakultät für Physik ein spezielles Mikroskop für Photoelektronen in Kombination mit einem hoch intensiven Laser. Bei dem Verfahren führt das Aufbrechen eines Exzitons zu einem Energieverlust des im Experiment gemessenen Elektrons. Reutzel erklärt: „Dieser Energieverlust ist charakteristisch für verschiedene Exzitonen, je nachdem, in welcher Umgebung das Elektron und das Loch miteinander wechselwirken.“
Ähnliches Verhalten wie in einer Solarzelle
In der aktuellen Studie zeigen die Forschenden auf einer Heterostruktur bestehend aus zwei unterschiedlichen atomar dünnen Halbleitern, dass das Loch des Exzitons von einer Halbleiterschicht in die andere transferiert, ähnlich wie in einer Solarzelle. Diesen Ladungstransferprozess konnte die Arbeitsgruppe von Prof. Dr. Ermin Malic von der Universität Marburg mit einem mikroskopischen Model beschreiben.
Mathias resümiert: „In Zukunft wollen wir die spektroskopische Signatur der Wechselwirkung zwischen Elektronen und Löchern nutzen, um neuartige Phasen in Quantenmaterialien zu studieren, und zwar auf ultrakurzen Zeit- und Längenskalen. Derartige Studien können die Grundlage für die Entwicklung neuer Technologien sein und wir hoffen in Zukunft dazu beitragen zu können.“
Die beteiligten Forschungsgruppen profitierten von den Sonderforschungsbereichen „Kontrolle von Energiewandlung auf atomaren Skalen“ und „Mathematik des Experiments“ in Göttingen sowie „Struktur und Dynamik innerer Grenzflächen“ in Marburg, die von der Deutschen Forschungsgemeinschaft gefördert werden.