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Digitaler Weitblick Wie GenAI den Wandel im Energiebereich vorantreibt

Auch im Energiesektor kann GenAI für Anlagenbetreiber ein nützliches Tool zur Optimierung von Abläufen sein.

Bild: Adesso SE; iStock, bestdesigns
20.09.2024

Generative Künstliche Intelligenz (GenAI) ist im Energiesektor angekommen. Wo vor einiger Zeit vor allem Technologie-Enthusiasten das Potenzial erkannten, hat sich GenAI heute zu einem relevanten Werkzeug für den operativen Betrieb entwickelt.

Durch die Fähigkeit, neue Daten oder Inhalte generieren zu können, hebt sich GenAI von vorherigen Ausprägungen Künstlicher Intelligenz entscheidend ab. Dieses Innovationspotenzial kann zahlreiche Prozesse nachhaltig beeinflussen, von der Energieerzeugung, über die Verteilung bis zum Verbrauch. Das betrifft auch die energieintensive Industrie und deren Herausforderungen, eine sichere und kosteneffiziente, aber nachhaltige Produktion zu realisieren.

GenAI kann vielfältige Prozesse in Unternehmen vereinfachen und beschleunigen. Der Einsatzzweck der Technologie reicht von der Automatisierung interner Abläufe bis hin zur Kundeninteraktion. Zu vielversprechenden Anwendungen zählen etwa fortschrittliche Chatbots, die in viel natürlicherer Sprache eine große Anzahl an Kundenanfragen und Kundeninteraktionen effizient bearbeiten können oder digitale Assistenten / Copiloten, die tausende Seiten Dokumente durchsuchen, Informationen bereitstellen oder E-Mails und Videokonferenzen zusammenfassen.

Wie genau sich GenAI dabei von bisherigen KI-Lösungen abhebt, zeigt ein Blick in das Herzstück aller produzierenden Unternehmen: Dem Anlagenbestand. Für einen reibungslosen Betrieb in der Produktion ist es notwendig, große Mengen an Betriebsdaten von Anlagen zu analysieren, um den Zustand und die Leistung zu überwachen sowie etwaige Abweichungen des Normalzustands frühzeitig zu erkennen, um optimale Instandhaltungsmaßnahmen daraus abzuleiten.

Die Auswertung und Diagnose mittels Daten finden oft manuell statt. Die Visualisierung von Zeitreihen und Erstellung spezieller Charts wird in der Regel von Fachpersonal durchgeführt, je nach Komplexität müssen neue Anforderungen an die Analyse sogar entwickelt werden, etwa in Business-Intelligence-Tools oder Zeitreihenmanagementsystemen. Die Verantwortlichen im Betrieb bekommen die Ergebnisse dann oft erst nach einer gewissen Zeit bereitgestellt, dieser Prozess verschenkt wertvolle Zeit und das Ausfallrisiko der Anlagen steigt.

Der Einsatz von GenAI hebt diese Beschränkungen auf. GenAI kann nicht nur große Mengen an Daten in kürzester Zeit analysieren, sondern die Erkenntnisse selbst in Texte ummünzen, komplexe Zusammenhänge in natürlicher Sprache erklären, Daten aggregiert in Tabellenstrukturen ausgeben und Zeitreihen in Charts visualisieren. Das erweitert den Spielraum im Bereich der datengetriebenen Anlagendiagnostik, wie ein Beispiel aus dem Bereich Windstromerzeugung bei einem großen Energiekonzern zeigt.

Chatten mit Anlagedaten

Mit einem Kunden entwickelte der IT-Dienstleister Adesso die Möglichkeit, mit Windenergieanlagen zu chatten. Basierend auf Azure OpenAI mit dem Model GPT-4o entstand ein Chatbot, der es erlaubt, in Echtzeit mit den Anlagendaten zu kommunizieren. Um Antworten auf analytische Fragen jeglicher Art zu bekommen, müssen die Anwender den Chat lediglich mit einem Prompt füttern (also einen Befehl oder die natürliche Sprache als „Programmiersprache“ zu nutzen, um mit dem KI-Tool zu kommunizieren). Dabei reicht es, einfache Fragen zu stellen, wie zum Beispiel: „Berechne für jede Anlage unseres Windparks die Durchschnittstemperatur und gebe diese in einer Tabelle aus“. Das gewünschte Ergebnis erscheint in wenigen Sekunden auf dem Bildschirm. Der Chatbot kommt aber auch mit komplexeren Anforderungen und Grafik-Wünschen zurecht und kann die Ergebnisse selbst in interaktiven Diagrammen ausspielen.

Was in diesem Fall für Windenergieanlagen umgesetzt wurde, lässt sich leicht auf unterschiedliche Anlagenklassen übertragen. Sofern Schnittstellen (API) für das Bereitstellen von Daten vorhanden sind, gibt es kaum Hürden für die Entwicklung eines vergleichbaren Chatbots, der die Anforderungen anderer Personas und Unternehmen erfüllt. Letztlich kommen alle Anlagen in Betracht, die mit Sensordaten ausgestattet sind und per Schnittstelle Daten liefern. Entscheidend ist die Fähigkeit des GenAI-Chatbots, auf Anfrage eigenständig unterschiedlichste Analysen und individuelle Visualisierungen generieren zu können. Dies hebt die Auswertung von Betriebsdaten auf ein neues Level. Sie ermöglicht schnellere Diagnosen, erkennt frühzeitig drohende Ausfälle, rät rechtzeitig zu Instandhaltungsmaßnahmen und sorgt für höhere Effizienz.

GenAI als vielfältiges Werkzeug

Der Einsatz von GenAI beschränkt sich aber nicht nur auf industrielle Kernbereiche wie den produzierenden Anlagenbestand. Die Technologie ist ebenso geeignet, technische wie kaufmännische Prozesse zu optimieren und Innovationen voranzutreiben.

Ein Anwendungsfall ist etwa GenAI als digitaler Assistent, der Montagediensten und Service-Technikern die Arbeit signifikant erleichtert. Anstelle Handbücher, technische Beschreibungen oder Bauteilkataloge aufwendig durchsuchen zu müssen, können dedizierte Datenbanken und GenAI als „Suche und Antwort Tool“ den Infobedarf schnell stillen. Relevante Informationen können in natürlicher Sprache angefragt werden und sind bedarfsgerecht sofort verfügbar. Auch die Verarbeitung von Bildern mittels GenAI ist bereits umgesetzt, so können Servicetechniker Fotos von defekten Teilen an eine Datenbank schicken und bekommen die Infos der relevanten Bauteile sowie gegebenenfalls eine Schadensanalyse zurück.

Ein anderer Anwendungsfall liegt im Kundenservice. GenAI-basierte Assistenten heben den etwas in die Jahre gekommenen „Chatbot“ auf ein bisher nie dagewesenes Level und unterstützen Mitarbeitende bei Kundenanfragen. Sie erhalten unmittelbar Informationen, die helfen, das Kundenbedürfnis zu stillen. Die Bearbeitungszeiten reduzieren sich dadurch signifikant und der Service gewinnt an Qualität. Auf der anderen Seite schaffen Unternehmen mit hochwertiger Sprachnatürlichkeit und individueller Ansprache ein personalisiertes Erlebnis für ihre Kunden.

Relevante Herausforderungen

Bei allen Chancen, die GenAI bietet, dürfen zugleich bestimmte Herausforderungen nicht übersehen werden. Beispielsweise geht es darum, die Integration von GenAI in bestehende Organisationsabläufe, IT-Infrastrukturen und Prozesse darzustellen. In Branchen wie der Industrie oder dem Energiesektor mit kritischer Infrastruktur spielt zudem der Datenschutz eine gewichtige Rolle.

Daten aus Unternehmen, die von einer GenAI-Anwendung genutzt werden, müssen allein aus betrieblicher Perspektive geschützt sein. Hinzu kommen gesetzliche Vorgaben gemäß dem EU AI-Act. Die Antwort darauf sind digital souveräne Lösungen, die etwa Sprachmodelle und GenAI-Services wahlweise in Europa oder Deutschland hosten. Anbieter wie das deutsche Unternehmen Aleph Alpha bieten zudem Modelle, die ihre Ergebnisse und Vorgehensweise transparent erklären (explainable artificial intelligence (XAI)). Hohe Anforderungen an Security und Compliance zu erfüllen, ist damit möglich.

Ein besonderes Augenmerk muss darüber hinaus auf dem Bereich Unternehmenskultur und Mitarbeitende liegen. Denn GenAI verändert Geschäftsprozesse und beeinflusst die Arbeit fast aller Beschäftigten. Diesen muss vermittelt werden, dass sie nicht durch eine Technologie-Alternative ersetzt, sondern unterstützt und entlastet werden. Berührungsängste abzubauen und Wissen im Umgang mit neuen Anwendungen gezielt aufzubauen, ist daher ein entscheidender Faktor bei der Einführung von GenAI.

GenAI und die Zukunft

GenAI hat das Potenzial, die Arbeit im Energie- und Industriesektor zu revolutionieren. Die Technologie eröffnet Unternehmen neue Möglichkeiten in der Art und Weise, wie sie arbeiten und innovative Lösungen entwickeln. Dabei ist der Einsatz von GenAI keine Zukunftsmusik mehr, sondern Realität, wie das Beispiel der interaktiven Analyse von Anlagedaten zeigt. Um weiteres Potenzial auszuschöpfen, braucht es Unternehmen, die Mut und Bereitschaft mitbringen, in GenAI zu investieren und voranzugehen. Der beste Weg ist dabei, geschäftsorientierte Anwendungsfälle für GenAI zu identifizieren, zu verproben und im letzten Schritt zu operationalisieren. Ideen für Anwendungsfälle gibt es genügend, die Kunst liegt in der Priorisierung und Bewertung des Einflusses auf das eigene Geschäft.

Bildergalerie

  • Jonas Vöhringer ist Senior Account Manager in der Business Line Utilities bei Adesso.

    Jonas Vöhringer ist Senior Account Manager in der Business Line Utilities bei Adesso.

    Bild: Adesso SE

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