Die Bandbreite der Aufgaben eines Betriebsführers ist vielfältig: von Direktstromvermarktung, Instandhaltungsmanagement und IT-Sicherheit über die Einhaltung immer umfassenderer Genehmigungsauflagen wie Fledermausabschaltungen oder dem Mahdmanagement bis hin zur Klärung komplexer haftungsrechtlicher Fragestellungen wie die Übernahme der Anlagenbetreiberverantwortung oder der Durchführung unterschiedlicher Prüfungen beispielsweise nach DGUV Vorschrift 3. Agieren Unternehmen international, potenzieren sich diese Anforderungen entsprechend nach den Gegebenheiten des jeweiligen Marktes.
In den letzten Jahren hat sich die Windenergiebranche enorm entwickelt – das gilt auch für die Wartung und Instandhaltung. In der täglichen Praxis sind allerdings nicht nur die letzten Jahre ausschlaggebend. Bei einer geplanten Betriebslaufzeit von 20 Jahren gilt es, neue Anforderungen auch für die Instandhaltung älterer Windparks umzusetzen. „Unser Portfolio umfasst mittlerweile rund 2000 Windenergieanlagen“, verdeutlicht Oliver Klausch, Leitung Technik bei der WPD Windmanager. „Neuerungen müssen wir also entsprechend für all unsere Windparks und Anlagen realisieren.“
Elektrotechnik gewinnt an Bedeutung
Vor allem im elektrotechnischen Bereich hatte die Windenergie lange Zeit Nachholbedarf. Bestimmungen, die in anderen Branchen längst Standard waren, hielten (und halten) hier oft erst verzögert Einzug – auch dadurch bedingt, dass die Windenergie eine vergleichsweise junge Branche ist. Dementsprechend höher ist der Aufwand gewisse Richtlinien rückwirkend und vor allem parkübergreifend zu implementieren.
Bei WPD Windmanager hat sich in den letzten Jahren die Windpark-Verkabelung zu einem elektrotechnischen Schwerpunktthema entwickelt. Ein Grund dafür liegt nahe: die Kosten. „Wenn wir von hohen Schäden im Windpark sprechen, denken wir bei der Instandhaltung zunächst an Komponenten wie das Fundament, den Turm, das Getriebe oder auch die Rotorblätter“, erläutert Klausch. „Welche Kosten aber ein einziger Kabelschaden bereits verursachen kann, ist vielen Betreibern gar nicht bewusst.“
Kosten im sechsstelligen Bereich
Ein großes Problem: Ein Kurzschluss, der durch einen Kabelschaden verursacht wird, entsteht in der Regel zur kälteren Jahreszeit, häufig bei voller Auslastung. Dann steht allerdings der komplette Windpark trotz bestmöglicher Windbedingungen still. Bei einem durchschnittlichen Kabelschaden müssen Betreiber mit etwa fünf Ausfalltagen rechnen, bis die jeweiligen Dienstleister verfügbar sind und den Schaden wieder beheben können. Täglich entsteht bei einer 2MW-Anlage so ein Ertragsausfall von etwa 4000 Euro. „Im Schnitt haben wir in unseren Parks jedoch fünf Anlagen“, erläutert Klausch. „So kann ein einziger Kabelschaden schon einen Ertragsverlust von 100.000 Euro hervorrufen. In Relation zum Ertragsverlust sind die Kosten für eine Lokalisierung des Fehlers und die folgende Instandsetzung äußerst gering.“
Im letzten Jahr hat WPD Windmanager sein Dienstleistungsportfolio um einen eigenen Kabelmesswagen erweitert – als bisher einziger Betriebsführer. So kann das Unternehmen eigenständig Kabelprüfungen und Fehlerortungen durchführen und Kabelschäden proaktiv entgegenwirken. Durch den Kabelmesswagen agiert WPD Windmanager flexibler und ist vor der eigentlichen Instandsetzung von Kabelfehlern, die das Unternehmen bereits zuvor ausführte, nicht mehr auf andere Dienstleister angewiesen. „Dadurch bieten wir nun alle Dienstleistungen rund um das Kabel aus einer Hand“, erläutert Klausch. Dabei setzt das Unternehmen unterschiedliche Messverfahren ein, um Beschädigungen wie Kabelmantelfehler oder Teilentladungen aufzudecken – von Kabelmantelprüfungen bis 5 kV über VLF-Messungen bis hin zu Teilentladungsdiagnosen mit gedämpfter Wechselspannung.
Datenbank der Windpark- Verkabelung
Der Einsatzbereich ist allerdings nicht auf die reine Fehlersuche beschränkt. „Wir wollen hier natürlich ganz bewusst früher ansetzen“, sagt Christian Peinemann, Ansprechpartner für Kabelprüfungen bei WPD Windmanager. „Ziel ist es, uns sukzessiv eine umfassende Datenbank der Windpark-Verkabelung aufzubauen – mit regelmäßiger Dokumentation. So können wir den Zustand und auch die Entwicklung besser nachvollziehen, Schwachstellen ganz gezielt ausmachen und die Instandhaltung von Muffen oder Kabeltrassen vorausschauender planen.“ Angedacht wird eine Art Ampelsystem mit klar definierten Handlungsempfehlungen für die potenziellen Schwachstellen. Eine zustandsorientierte Instandhaltung dieser Schwachstellen würde dann besonders in windarmen Zeiten erfolgen.
Eine genaue Dokumentation ist dafür essentiell – auch weil kein Windpark dem anderen gleicht. „Das Gros der Betreiber weiß gar nicht, wie anfällig die eigene Windpark-Verkabelung ist“, verdeutlicht Peinemann. Ein wesentlicher Faktor ist beispielsweise die Anzahl der eingesetzten Muffen, da jede einzelne Muffe als Verbindungsstück zweier Kabel eine potenzielle Schwachstelle darstellt. „Wir haben schon Parks gemessen, da waren 40 bis 50 Muffen bei einer verhältnismäßig geringen Kabelstrecke von rund 10 Kilometern verbaut. Das spricht dafür, dass der Kabelbauer in diesem Windpark vor allem mit Reststücken gearbeitet hat. Bei so einer hohen Anzahl an Muffen ist es nur eine Frage der Zeit, bis es hier zu Schäden kommt.“ Erfolgt bei solchen Konstruktionen keine Prüfung der Kabel, bleiben potenzielle Schwachstellen unentdeckt. Irgendwann kommt es so zwangsläufig zu einem Kabelfehler und einem unerwarteten Stillstand des Windparks.
Klar geregelte Regulierungen sinnvoll
Um derartige Schwachstellen zu vermeiden, könnten weitere Regulierungen helfen. Zum Beispiel: eine vorgeschriebene Teilentladungsmessung bei der Erstinbetriebnahme-Prüfung eines Windparks, die konkreter Aufschluss über die Schwachstellen der Windparkverkabelung gibt. Bisher sind hier nur die VLF-Messung und die Kabelmantelprüfung als Norm festgelegt. Diese Prüfungen geben zwar Aufschluss, ob die Kabeltrasse zuschaltbereit ist, Teilendladungen bleiben aber unentdeckt. So werden Teilentladungen bei der Erstinbetriebnahme überhaupt nicht erfasst.
„Auch bei der Durchführung der DGUV-V3-Prüfung wäre es aus unserer Sicht zwingend erforderlich, die Mittelspannungsverkabelung ebenfalls zu prüfen, da sie Teil der elektrischen Anlage ist“, erklärt Klausch. „Aktuell wird eine solche Prüfung lediglich vom VDE empfohlen.“ Eine striktere Regelung würde sich positiv auf den generellen Zustand der Windpark-Verkabelung auswirken.
Neben der Fehlersuche und der Erstinbetriebnahme kommt der Kabelmesswagen auch bei der Prüfung vor Ende der Gewährleistung zum Einsatz. „Gerade vor Gewährleistungsende ist es für Betreiber ratsam, die Kabel ihres Windparks genauer anzuschauen“, schlägt Peinemann vor. „Kabelprüfungen bilden hier eine solide Grundlage, um Mängelbeseitigungen geltend zu machen und Kabelschäden rechtzeitig gegenüber dem Kabelbauer anzuzeigen.“ Werden solche Mängel nicht während der Gewährleistung entdeckt, muss der Betreiber im Anschluss dafür aufkommen. Bei den mehreren Kilometern Kabel in einem Windpark können so erhebliche Kosten entstehen. Dabei ist ein Kabelschaden wahrlich keine Seltenheit: „Unsere Auswertungen haben ergeben, dass im Schnitt jeder zweite Windpark während seiner Betriebslaufzeit von einem Kabelschaden betroffen ist“, so Klausch. Nichtsdestotrotz stellt das Thema bei vielen Betreibern bisher nur eine Randnotiz dar – zumindest so lange bis es zu einem Kabelschaden kommt.