Mit der Energiewende hat Deutschland eine grundlegende Umgestaltung des Stromversorgungssystems eingeleitet. Dies zeigt sich unter anderem im starken Anstieg fluktuierender Einspeisung aus erneuerbaren Energien und den sinkenden Einsatzzeiten der konventionellen Kraftwerke. Durch die Veränderungen der Erzeugungsstruktur steigt der Bedarf, die Flexibilität des gesamten Stromversorgungssystems zu erhöhen und Alternativen zu erschließen, die Systemdienstleistungen für einen stabilen Netzbetrieb erbringen.
Zwei aktuelle Studien der Deutschen Energie-Agentur (Dena) zeigen, welchen Beitrag dezentrale Stromerzeuger zur Flexibilisierung des Stromsystems leisten können: Die Dena-Smart-Meter-Studie [1] bewertet in einem Teilgutachten den Einfluss von intelligenten Mess- und Steuerungssystemen auf den Bedarf, die Stromnetze aus- und umzubauen.
Die Dena-Studie „Systemdienstleistungen 2030 und die SDL-Roadmap“ [2] untersucht unter anderem den Beitrag, den Anlagen erneuerbarer Energien für Systemdienstleistungen (SDL) erbringen können.
Ausbaubedarf der Verteilnetze reduzieren
Im Juli 2014 wurde die Studie „Einführung von Smart Meter in Deutschland: Analyse von Rollout-Szenarien und ihrer regulatorischen Implikationen“ [1] veröffentlicht. In dieser Studie untersuchte die Dena in Zusammenarbeit mit Forschungspartnern und Unternehmen aus der Energiewirtschaft relevante Einflussfaktoren für die geplante Einführung von intelligenten Zählern und Messsystemen in Deutschland. Die Studie baut auf den Empfehlungen der Kosten-Nutzen-Analyse (KNA) für intelligente Zähler und Messsysteme auf, die 2013 von Ernst & Young im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie (BMWi) erstellt wurde.
Die Smart-Meter-Studie kommt zu folgendem Ergebnis: Die Einführung von intelligenten Messsystemen und Zählern auf der Verbraucher- und Erzeugerseite bis 2030 kann die für Netzerweiterungen in den Stromverteilnetzen notwendigen Investitionen um insgesamt bis zu 36 Prozent reduzieren. Das größte Potenzial weist in diesem Zusammenhang die Abregelung dezentraler, mit intelligenten Mess- und Regelungssystemen ausgestatteter Stromerzeuger auf – insbesondere Windkraft- und Photovoltaikanlagen. Durch aktives Einspeisemanagement dezentraler Erzeuger können die Investitionen für Netzverstärkung und Netzausbau bis zum Jahr 2030 um bis zu 30 Prozent gesenkt werden.
Die Smart-Meter-Studie greift dafür die Ergebnisse der Dena-Verteilnetzstudie [3] auf und vertieft diese. Die Ergebnisse der weitergehenden Betrachtung zeigen, dass der Netzausbau und Netzumbau im Verteilnetz vor allem durch die Abregelung von dezentralen Erzeugern im ländlichen und halbstädtischen Raum bei Netzengpässen gesenkt werden kann. Dabei ist der Umfang, in dem der Netzausbau vermieden werden kann, stark vom Abregelungsgrad abhängig, der zugelassen wird.
Bereitstellen von Systemdienstleistungen
Im Februar 2014 wurde die Studie „Systemdienstleistungen 2030. Sicherheit und Zuverlässigkeit einer Stromversorgung mit hohem Anteil erneuerbarer Energien“ veröffentlicht. Darin untersuchte die Dena in Zusammenarbeit mit Betreibern und Herstellern von Netzinfrastruktur und dezentralen Energieanlagen, welche Anforderungen der Ausbau der Erneuerbaren an den Umfang und die Möglichkeiten zum Erbringen von Systemdienstleistungen bis 2030 hat (siehe Tabelle unten).
Die Dena-SDL-Studie zeigt, dass die Verfügbarkeit von intelligenten Mess- und Steuersystemen für die Bereitstellung von Systemdienstleistungen aus dezentralen Erzeugern von entscheidender Bedeutung ist. Mit der Zunahme der Anzahl dezentraler Anlagen steigt der Bedarf der Netzbetreiber, im Rahmen der Betriebsführung den Betriebszustand des Stromnetzes mit seinen angeschlossenen Lasten und Erzeugern zu überwachen und, mit Hinblick auf einen sicheren Betrieb, gegebenenfalls steuernd einzugreifen. Das Anbinden großer Anlagen wie Windparks oder Solarkraftwerke kann über konventionelle Leittechnik erfolgen. Wenn darüber hinaus das Potenzial kleinerer Erzeugeranlagen in der Fläche zum Bereitstellen von Systemdienstleistungen erschlossen werden soll, ist es notwendig, flächendeckend Mess- und Regeltechnik einzuführen sowie entsprechende Marktmechanismen zu etablieren.
Eine aktive Blindleistungsbereitstellung ist ein Beispiel für ein SDL-Produkt, das im Verteilnetz zukünftig vermehrt durch intelligent gesteuerte dezentrale Erzeuger bereitgestellt werden wird. Aufgrund zunehmender Transportentfernungen sowie steigender Einspeisung von Strom aus erneuerbaren Energien wird der Blindleistungsbedarf im Übertragungsnetz und den Verteilnetzen bis 2030 deutlich steigen. Durch eine aktive Steuerung der Blindleistungsbereitstellung aus Umrichtern von Windkraft- und Photovoltaikanlagen ist ein blindleistungsneutraler Betrieb auf allen Verteilnetzebenen technisch möglich. Allerdings werden nach den Ergebnissen der Dena-SDL-Studie in Zukunft nicht in allen Netzregionen Deutschlands ausreichend Anlagen für erneuerbare Energie an das Hochspannungsnetz angeschlossen sein, um den Blindleistungsbedarf auf dieser Ebene zu decken. Deshalb ist gegebenenfalls regional zu prüfen, auch kleinere dezentrale Anlagen der Mittel- und Niederspannungsebene an der aktiven Bereitstellung von Blindleistung zu beteiligen.
Auch für den Versorgungswiederaufbau nach einem Stromausfall benötigen die Netzbetreiber Möglichkeiten zur aktiven Steuerung auf der Erzeugerseite. Die Dena-SDL-Studie empfiehlt in diesem Zusammenhang, auch die Einspeisung aus dezentralen Stromerzeugern für 2030 in das Netzwiederaufbaukonzept einzubeziehen, um nach einem Ausfall den Versorgungswiederaufbau durch schwarzstartfähige Kraftwerke und Pumpspeicherwerke zu unterstützen.
Bedeutung der Mess- und Steuertechnik
Die Studien der Dena zum Smart-Meter-Rollout und zu Systemdienstleistungen 2030 zeigen, dass die Mess- und Steuertechnik bei der Systemintegration von dezentralen Energieerzeugern in Zukunft eine wichtige Rolle einnimmt. Die flächendeckende Einführung von intelligenten Messsystemen zu Steuerungszwecken auf der Erzeugerseite sollte jedoch erst erfolgen, wenn entsprechend sichere und leistungsfähige Geräte erhältlich sind. Das BMWi und das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) haben bereits eine Überarbeitung der für die Steuerung einschlägigen technischen Richtlinie angekündigt. Ein Verordnungspaket „Intelligente Netze“ soll zudem 2015 den Zeitplan und die Vorgaben zum Einführen intelligenter Zähler und Messsysteme in Deutschland konkretisieren.
Die Dena-Smart-Meter-Studie bietet darüber hinaus einen geeigneten Ausgangspunkt, um weitere Einsatz- und Nutzenfelder von Smart Meter genauer zu analysieren – zum Beispiel das Bereitstellen von Systemdienstleistungsprodukten für den stabilen Netzbetrieb.
Die Dena-SDL-Studie zeigt, dass eine geeignete Mess- und Steuerinfrastruktur zusammen mit geeigneten Markt- und Netzzugangskriterien zu den Schlüsselfaktoren gehört, Systemdienstleistungen durch dezentrale Energieerzeuger in Zukunft bereitzustellen. Deshalb hat die Dena in der Roadmap „Systemdienstleistungen 2030“ beschrieben, welche Anpassungen bis wann umgesetzt werden müssen, um auch 2030 die geeigneten Systemdienstleistungen für ein sicheres und stabiles Stromsystem erbringen zu können.
Weitere Informationen
[1] Dena-Smart-Meter-Studie: http://goo.gl/1G4tz2
[2] Dena-Studie Systemdienstleistungen 2030 und die SDL-Roadmap: http://goo.gl/MVVKha#
[3] Dena-Verteilnetzstudie: Ausbau- und Innovationsbedarf der Stromverteilnetze in Deutschland bis 2030; Veröffentlicht im Dezember 2012. Abrufbar unter http://goo.gl/lM2IHN
[4] Weitere Informationen zu intelligenten Messsystemen sowie zu Systemdienstleistungen sind auf den Fachmodulseiten des Dena Projekts Effiziente Energiesysteme www.effiziente-energiesysteme.de erhältlich. Das Projekt „Effiziente Energiesysteme – Information und Dialog für eine zukunftsfähige Energieversorgung“ ist eine Initiative der Dena, gefördert durch das BMWi.