Die Europäische Union möchte bis 2050 klimaneutral sein und auf dem Weg dahin bis 2030 die Emissionen auf mindestens 55 Prozent der Werte von 1990 reduzieren. In vielen anderen Ländern der Erde setzt man sich ähnlich anspruchsvolle Ziele. Doch wie erreichen wir eine klimaneutrale elektrische Zukunft?
Dazu müssen drei Bausteine zusammenkommen: der Ausbau von Wind-, Solar- und Wasserkraftwerken; eine stärkere Elektrifizierung des weltweiten Verkehrs-, Gebäude- und Industriesektors; und dort wo nicht möglich, die Einführung ergänzender und nachhaltiger Energieträger wie grünem Wasserstoff. Zusammengenommen bilden diese Blöcke die Grundlage, auf der Elektrizität zum Rückgrat des gesamten Energiesystems wird.
Durch Fokussierung auf die direkte Nutzung von Elektrizität wird sich der Bedarf an elektrischer Energie bis zum Jahr 2050 etwa verdoppeln. Die Herausforderung für die elektrischen Netze liegt bei fortschreitendem Ausbau jedoch nicht in der Bewältigung dieser Energiemenge, sondern in der Abkehr vom bisherigen Planungsgrundsatz: Strom wird nicht dort erzeugt, wo er verbraucht wird, sondern dort wo er klimaneutral produziert werden kann. Dies führt zu Netzbelastungen, die so nicht geplant waren.
Um mit der variablen Stromerzeugung, die häufig an entlegenen Standorten stattfindet, eine stabile Stromversorgung zu ermöglichen, ist es notwendig Energie über große Entfernungen zu übertragen. Ein Beispiel dafür ist die von unseren Kunden TenneT und Statnett in diesem Jahr in Betrieb genommene Hochspannungs-Gleichstrom-Verbindung NordLink zwischen Deutschland und Norwegen, zu der wir mit unserer HGÜ-Technologie einen maßgeblichen Beitrag liefern konnten. Um den Austausch nachhaltig erzeugter elektrischer Energie zu ermöglichen, werden jedoch viel mehr solcher Verbindungen benötigt.
Allerdings müssen auch zigtausende kleinere Erzeugungsanlagen vorrangig in die vorhandenen Verteilnetze eingebunden werden. Dafür sind innovative, leistungselektronische Netzkomponenten erforderlich, die die nötige betriebliche Flexibilität bieten, um die Netze effizient auszulasten. Sensoren liefern die notwendigen Informationen und diese riesige Menge an Informationen wird dann in intelligenten Netzleitstellen verarbeitet. Dies wird eine schnellere Entscheidungsfindung in einem dynamischeren Umfeld ermöglichen, als wir es in der Vergangenheit je erlebt haben. Den Einsatz innovativer Betriebsmittel und die Digitalisierung des Netzbetriebs untersuchen wir – gemeinsam mit Partnern aus Industrie und Forschung – im vom Forschungsministerium geförderten Kopernikus-Projekt „Ensure“.
Es bleibt festzuhalten: Nicht die Technologie ist der begrenzende Faktor, um unsere Ziele zu erreichen. Wenn wir als Gesellschaft möglichst vielen Menschen den Zugang zu zuverlässiger, bezahlbarer und nachhaltiger Energie ermöglichen wollen, dann werden einerseits Investitionen in die Energieinfrastruktur und Anreize für Innovationen, aber andererseits auch der politische Willen, die Planungs- und Ausführungszyklen zu beschleunigen, benötigt. Den Aufbau eines globalen, vernetzten und wirklich nachhaltigen Energiesystems für künftige Generationen können wir nur gemeinsam erreichen.