Ökostrom gibt es zu manchen Zeiten im Überfluss, zu anderen ist er Mangelware. Um überschüssige Energie zu bunkern, springen Speicher ein. Ein Projekt mit Vorbildcharakter haben Varta Storage und die TU München im oberbayerischen Moosham gestartet: Dort arbeitet seit Oktober 2015 ein modularer Batteriespeicher mit einer Kapazität von 200 Kilowattstunden: der Energy Neighbor. Er ist mit Batterien von Varta Storage und Kabeln von Lapp zum Schutz vor Kurzschlüssen bestückt. Im Projekt EEBatt wollen die Partner – darunter 13 Fachbereiche der TU und der regionale Stromnetzbetreiber Kraftwerke Haag – schwankenden Sonnen- und Windstrom zu einer verlässlichen Energiequelle machen.
In Moosham wird das ganze Dorf von Energy Neighbor versorgt. Der modulare Speicher steckt in einem begehbaren Container und enthält acht Schränke, jeweils mit 13 Batteriemodulen. Sie werden wie Schubladen eingeschoben und automatisch über einen eigens entwickelten Stecker mit dem Schrank verbunden. Jeder Schrank speichert eine Energie von 25 Kilowattstunden, das sind insgesamt 200 Kilowattstunden, bei einer maximalen Ausgangsleistung von 250 Kilowatt. „Auch Container mit einer Ausgangsleistung von einem Megawatt oder mehr sind vorstellbar“, sagt Simon Burow, Entwicklungsingenieur bei Varta Storage. „In dem Forschungsprojekt wollen wir verschiedene Betriebsstrategien ausprobieren, wie etwa Ladestrategien oder das Zusammenspiel mit der Klimaanlage.“
Die Module sind etwa so groß wie ein Umzugskarton und rundum abgeschlossen, nur auf der Rückseite schaut der Stecker heraus. Sonst sind die Kabel in engen Biegeradien von den Zellen zu den Steckern verlegt. Da durch die Kabel hohe Ströme fließen, werden sie warm. Man habe sich daher auf der Gleichspannungsseite für Kabel von hoher Qualität entschieden, so Burow. Lapp hat die H07RN-F erweiterte Version empfohlen. Der robuste Kabeltyp mit Gummimantel bietet Sicherheit bei engen Biegeradien und hohen Temperaturen, zudem ist er halogenfrei und flammwidrig. Qualität ist wichtig: Eine Batteriezelle kann man nicht ausschalten, sie liefert Strom, bis sie leer ist. Kommt es zum Kurzschluss, entsteht ein Lichtbogen, der umliegende Teile in Brand stecken und den Speicher zerstören könnte. Eingesetzt werden auch Lithium-Eisenphosphat-Batterien von Varta. Tests zeigten, dass sie nach 15 000 Zyklen noch 70 Prozent Restkapazität besitzen. Laptopakkus verlieren schon nach einigen hundert Ladezyklen an Kapazität.
Im Energy Neighbor wacht ein ausgefeiltes Batterie- und Energiemanagement über den Zustand der Zellen. Es verbessert Laden und Entladen und hält die Temperatur im Container in vorgeschriebenen Grenzen. „Die Batteriezelle ist wie eine Diva, die man gut behandeln muss“, sagt Burow. Nach heutigem Wissensstand soll der Batteriecontainer 20 oder mehr Jahre durchhalten. Hält die Batterie, was sich die Partner versprechen, dürfte es mit der Kommerzialisierung schnell gehen. „Wir streben bis Ende 2016 ein serienreifes Produkt an.“
Alternative zum teuren Netzausbau
Dann könnte der Energy Neighbor ein wichtiger Pfeiler für die Energiewende werden: Netzbetreiber könnten sich einen teuren Netzausbau sparen. In Moosham sind viele Dächer mit Photovoltaikanlagen bedeckt, die bei Sonnenschein das Netz mit Solarstrom überschwemmen. Das bringt die Leitungen und den Ortsnetztrafo normalerweise an ihre Belastungsgrenze. In dem bayerischen Dorf wird aber möglichst viel Solarstrom vom Erzeuger verbraucht, ein Teil lädt die Batterie für nachts. Das kappt Erzeugungsspitzen und entlastet das Netz.
Von so einem System können auch Industriebetriebe profitieren: Fallen hohe kurzfristige Energiebedarfe an, müssen die Lastspitzen teuer bezahlt werden. Diese aber aus einem Batteriespeicher zu decken, könnte sich lohnen. Ein interessantes Geschäftsmodell für Betreiber von Batteriespeichern sind Netzdienstleistungen: Batteriespeicher können Instabilitäten durch Spannungs- oder Frequenzschwankungen sowie durch einen Überschuss an Blindleistung ausgleichen. Oder sie speisen an der Strombörse für gutes Geld Regelleistung ein.